Die Kieler wollen „auf dem Zahnfleisch“Geschichte schreiben
Der Fußball-Zweitligist geht mutig ins DFB-Pokal-Halbfinale bei Borussia Dortmund. Das Team war von den letzten sechs Wochen 28 Tage in Quarantäne.
(dpa) Mit dem Motto „Wer die großen Bayern eliminiert, der kann auch den BVB bezwingen“geht Favoritenschreck Holstein Kiel in die nächste Pokal-Herausforderung. „Es ist herausragend, ein Pflichtspiel gegen Borussia Dortmund zu haben. Und das nicht, weil sich die Losfee verirrt hat“, sagte Trainer Ole Werner mit Blick auf die Halbfinalpartie des ambitionierten Zweitliga-Vierten an diesem Samstag (20.30 Uhr/ ARD und Sky) beim haushohen Favoriten aus der Fuß ball-Bundesliga.
Nach 28 Tagen Quarantäne in den vorherigen sechs Wochen sind die Störche seit gut einer Woche wieder voll im Training und mit vier Punkten aus den Spielen beim VfL Osnabrück (3:1) und beim 1. FC Nürnberg (1:1) gut aus den Startlöchern gekommen. Deshalb trauen sich die in der Liga besonders auswärtsstarken Norddeutschen (drittbester Zweitligist, nur drei Niederlagen in 16 Spielen) auch den Einzug ins Endspiel in Berlin zu. Den Fitnesszustand seines Teams bezeichnete Werner zwei Tage vor dem Pokal-Highlight als „nicht optimal, aber bestmöglich“.
Im laufenden Wettbewerb haben die Kieler ihre Gastspiele beim 1. FC Rielasingen-Arlen (7:1) und zuletzt beim anderen Favoritenschreck RW Essen (3:0) souverän gewonnen. Höhepunkt des Durchmarschs ins Halbfinale war aber der Zweitrunden-Erfolg gegen Pokalverteidiger Bayern München am 13. Januar: Zwei Mal lagen die Kieler hinten, zwei Mal kamen sie zurück und siegten letztlich im Elfmeterschießen mit 6:5.
So lief es auch danach im Viertelfinale gegen den SV Darmstadt 98 (1:1/7:6). Und so ähnlich könnte es auch am Samstag beim mitunter in Heimspielen anfälligen BVB (15 Spiele, vier Pleiten) laufen – hoffen die Kieler zumindest. „Wenn wir das Elfmeterschießen erreichen, haben wir viel richtig gemacht. Unser Plan ist das aber nicht“, sagte Werner.
Nicht mithelfen können Stefan Thesker, Mikkel Kirkeskov und Alexander Ignjovski, die wegen Verletzungen oder aufgrund von Corona-Nachwirkungen fehlen. Die Stammkräfte Alexander Mühling und Ioannis Gelios sind mittlerweile auch aus der Quarantäne zurück.
Mittelfeldmann Mühling hat aber Trainingsrückstand, und Torhüter Gelios plagten zuletzt Rückenprobleme. Der Lebacher Joshua Mees ist fit und hofft auf einen Einsatz.
Trotz der sechs noch ausstehenden Punkt- und der zwei möglichen Pokalspiele bis zum Saisonende am 23. Mai werde man in Dortmund „alle Kräfte mobilisieren, um die bestmögliche Leistung auf den Platz zu bringen“, versprach Werner. Das wird auch nötig sein, denn Torschütze Janni Serra beschrieb nach dem jüngsten 1:1 in Nürnberg drastisch, er sei „im Arsch“gewesen. Und die „Kieler Nachrichten“kommentierten die Lage so: „Die Tankanzeige blinkt, Zeit zum Auffüllen der Reserven bleibt praktisch nicht. Aber Pokal-Geschichte
kann auch auf dem Zahnfleisch geschrieben werden.“
An das letzte Pokalduell mit dem BVB kann sich Werner nicht erinnern. Als der damalige Regionalligist aus Kiel am 7. Februar 2012 mit 0:4 gegen den späteren Pokalsieger verlor, war er gerade auf Weltreise.
Die Dortmunder gehen das Halbfinale fokussiert und mit viel Vorfreude an. „Wir waren in den letzten Jahren sehr häufig in Berlin und haben das immer sehr genossen. Es wäre ein riesiger Schritt und ist ein großes Ziel, uns in Berlin zurückzumelden“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Zwischen 2012 und 2017 hatte der BVB in sechs Jahren fünf Mal im Endspiel gestanden und zwei Mal den Pokal gewonnen.