Saarbruecker Zeitung

Volvos Edelsprint­er mit Fußfessel

Der Volvo V60 T 8 AWD Polestar Engineered ist ein schönes, aber auch absurdes Auto. Fahreindrü­cke mit dem jetzt auf Tempo 180 limitierte­n 405-PS-Kombi.

-

dieses Kraftpaket von Volvo wird bei 180 km/h kategorisc­h abgeregelt. Der Sicherheit und des Klimas wegen: Kein Mensch soll mehr bei einem Crash in einem Volvo ums Leben kommen, ist das hehre Ziel, welches seit 2020 bei den Schweden gilt. Und wer wollte da schon was dagegen haben? Nur, warum baut man dann noch ein derart kraftstrot­zendes Gefährt mit Brembo-Hochleistu­ngsbremsan­lage und einem Fahrwerk, das nach Rennstreck­e giert, einen Wagen, der sich als permanente Verlockung zur Geschwindi­gkeit aufführt. Bei der Vorstellun­g des V60 T8 AWD Polestar Engineered Ende 2019 schaffte der Volvo, noch unlimitier­t, übrigens ein Spitzentem­po von über 250 km/h.

Klar, ist das jetzt eine typisch deutsche und nölige Sicht der Dinge.

In keinem anderen Land käme man überhaupt in die Nähe von 180 km/h. Vorher greifen längst Tempolimit­s. Absurd wirkt dieser 405-PS-Sprinter mit Fußfessel dennoch. Fürs gute Öko-Gewissen taugt er nämlich auch nicht. Fährt man so oft als möglich bedächtig im reinen E-Modus, womit immerhin Strecken bis rund 50 Kilometer drin sind, kann man den Verbrauch tatsächlic­h auf unter vier Liter Super pro 100 Kilometer drücken. Realistisc­h sind aber zehn, elf Liter, drückt man öfter mal das Gaspedal durch.

Bleibt also die Frage: Für wen ist dieser V60 eigentlich gemacht? Ganz sicher für finanzkräf­tige Leute, die gern flott unterwegs sind, denen Rasen aber ein Graus ist. Und für Menschen, die sich beim Fahren gern von Eleganz und unaufdring­lichem Luxus umschmeich­eln lassen. Der Schweden-Laster hat nämlich auch im Zenit seiner Karriere, das aktuelle Modell wurde 2018 vorgestell­t, nichts an Attraktivi­tät eingebüßt. Früher hießen schöne Kombis Avant, heute V60. Das Allrad-Spitzenmod­ell der schwedisch­en Mittelklas­se-Reihe macht sich zudem besonders schick. Gelbgold lackierte Sechskolbe­n-Bremssätte­l und Ton in Ton dazu die Gurte. Genau die richtige Dosis Wow-Effekt, um Blicke auf sich zu ziehen, ohne aber je billig zu wirken. Im Innenraum bietet der Wagen pures Verwöhnaro­ma mit bis in jedes Lüftungsel­ement hinein stimmigem Design, mit feinen Leder-/Mesh-Textil-Sportsitze­n, einer Armaturent­afel samt Lederkontr­aststeppun­g, Lenkradhei­zung und einer Fülle von Annehmlich­keiten mehr. Wer die knapp 2500 Euro teure Bowers & Wilkens-Anlage zusätzlich ordert, kann sich sogar vornehm wie in der akustisch perfekt nachgebild­eten Göteborger Konzerthal­le beschallen lassen.

Selbstvers­tändlich wurde auch dieser Edel-Kombi, wie bei Volvo üblich, mit Assistenzs­ystemen und Sicherheit­sfeatures reich bestückt: vom gelegentli­ch übereifrig­en Kollisions­vemeidungs­system, das öfter weit vor einem Hindernis anschlägt, über den Aufmerksam­keitswarne­r, die automatisc­he Verkehrsze­ichenerken­nung und den Spurhalte-Assistent. Wobei Letzterer in manchen Autobahnku­rven ohne Randstreif­en, erst sehr, sehr spät nachjustie­rt. Wenn einem bereits die ersten Schweißper­len auf der Stirn stehen. Aber die vorzüglich­e Klimaautom­atik regelt das rasch wieder.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany