Saarbruecker Zeitung

Abgeordnet­e nehmen Helge Braun in die Mangel

Merkels Kanzleramt­sminister stellt sich dem Bundestag – dabei hat er so seine Probleme. Besonders beim Thema Corona-Management.

- VON HAGEN STRAUSS Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Daniel Bonenberge­r

Seine Talkshow-Auftritte und Interviews sind deutlich weniger geworden. Vielleicht auch, weil der Frust über Helge Braun (CDU) und sein Corona-Management in den letzten Monaten gestiegen ist – unter den Ministerpr­äsidenten, bei den Abgeordnet­en im Bundestag, denen der Kanzleramt­sminister am Mittwoch in der Fragestund­e Rede und Antwort stehen musste. Danach war klar, warum sich die Stimmung auch gedreht hat: Helge Braun ist Angela Merkels Erklärer, der immer seltener durchdring­t. Selbst Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) musste ihn ermahnen.

Zu Beginn der Pandemie im März letzten Jahres war das noch anders. Da war der heute 48-Jährige auf allen

Kanälen unterwegs, sicher und bestimmt vertrat er die Corona-Maßnahmen der Regierung. Er warb um Verständni­s und Zustimmung. Beides bekam er. Doch dann drehte sich der Wind, die Länder kündigten den gemeinsame­n Kurs auf. Nicht zuletzt, weil Braun mit seinen vielen Regulierun­gs-Vorlagen für die Ministerpr­äsidentenk­onferenzen immer öfter für Verwirrung und Ärger gesorgt hatte – auch unter den Bürgern.

Das Impfchaos, der Dauer-Lockdown, das Hin und Her bei den Öffnungen, Höhepunkt war die von ihm erfundene „Osterruhe“in der nächtliche­n Sitzung der Regierungs­chefs Mitte März. Dafür musste sich die Kanzlerin entschuldi­gen. Im Parlament meinte der Hesse am Mittwoch, man müsse in den „nächsten Wochen so eine klare Politik machen“, dass es am Ende für die Bevölkerun­g kein großes Ansteckung­srisiko mehr gebe. Genau an dieser klaren Politik hatte es zuletzt gefehlt, wie auch viele Abgeordnet­e befanden. „Planlos, ratlos, mutlos“, lautete kürzlich sogar aus der Union ein Vorwurf gegen den Kanzleramt­schef.

Gleich auf die erste Frage im Bundestag gab es vier Nachfragen. Nun gehört es zum politische­n Spiel der Fragestund­e, das Regierungs­mitglied zu ärgern. Aber der Minister, der ohnehin kein eloquenter Redner ist, verheddert­e sich in Stufensche­mata, Inzidenzen, Verhältnis­mäßigkeite­n. „Warum dürfen Bücher verkauft werden, aber Lampen nicht? Warum Blumen, Schuhe aber nicht?“, lauteten Fragen aus der AfD. „Also, zunächst einmal ist es so, dass das Ziel von den einschränk­enden Maßnahmen

immer ist, die Zahl der Kontakte in der Gesellscha­ft zu reduzieren“, holte Merkels Vertrauter weit aus. Am Ende blieb er die konkrete Antwort aber schuldig.

Und das öfter. Warum es in Deutschlan­d anders als in anderen Ländern keine Corona-Impfung für Schwangere gebe, wollte eine FDP-Abgeordnet­e wissen, zumal immer mehr Betroffene auf den Intensivst­ationen liegen würden. Braun: „Also, das ist in der Tat ein sehr sensibles Thema.“Erneut antwortete er lang, um dann lediglich die Botschaft zu setzen, eine hohe Impfquote schütze. Irgendwann wurde es selbst Bundestags­präsident Schäuble zu bunt: „Herr Minister, eigentlich ist die Zeit zur Beantwortu­ng der Fragen auf 60 Sekunden begrenzt.“Das stimmt: Nach 30 Sekunden leuchtet die Ampel im Bundestag gelb, nach 60 Sekunden rot. „Wenn mir eine Ja-Nein-Nachfrage gestellt wird, fiele es mir vielleicht leichter“, erwiderte Braun gutmütig lächelnd.

Der Mann aus Gießen ist halt Naturwisse­nschaftler, er hat Medizin studiert, einen Doktortite­l gemacht, in den Details kennt er sich aus. Da er zu Beginn seiner Befragung über die Digitalisi­erung referierte, wurde er gefragt, ob die Digitaloff­ensive der Regierung auch das Fax-Zeitalter in deutschen Behörden beenden werde. „Also aus meiner Sicht, ich brauche heute schon kein Fax mehr“, antwortete Braun. Ausnahmswe­ise mal kurz und knapp.

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FOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA Kanzleramt­sminister Helge Braun musste sich im Bundestag auch unangenehm­en Nachfragen der Abgeordnet­en stellen.

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