Lernpaten bieten Schülern kostenlose Hilfe an
Lernpaten sind mehr als Nachhilfelehrer oder Nachmittagsbetreuer: Über sie ist eine kostenlose Eins-zu-einsBetreuung für Kinder und Jugendliche möglich, die die Schülerinnen und Schüler erwiesenermaßen weiterbringt.
Was macht die Pandemie mit Kindern und Jugendlichen? Darüber wurde und wird immer noch viel diskutiert. Fest steht: Viele Schüler haben im vergangenen und in diesem Schuljahr Lerndefizite entwickelt. Hinzu kommen soziale und emotionale Belastungen. Doch wie hilft man dem Nachwuchs? Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) will „über den Tellerrand hinausschauen“, wie sie Mitte April sagte. Schule sei nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung. „Es reicht nicht mehr aus, auf fachlicher Ebene zu denken. Wir müssen Kinder und Jugendliche auch sozial und emotional abholen.“Eine individuelle Förderung müsse her, „unter dem Dach der Schulen und die Zusammenarbeit auch mit außerschulischen Partnern“, betonte die Ministerin.
Ein Projekt, das bereits seit mehr als fünf Jahren Kindern und Jugendlichen vor allem aus schwierigen Verhältnissen hilft, ist die Aktion „Lernpaten Saar“. 2015 hatte die Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt zusammen mit der Stiftung Bürgerengagement die Initiative gestartet. Die Lernpaten verstehen sich nicht rein als Nachhilfelehrer oder Nachmittagsbetreuer. Das Projekt ist vielmehr eine „Lebenshilfe“, die gerade in Pandemie-Zeiten dringend benötigt wird. Ein ganzheitlicher Ansatz, für den auch Ministerin Streichert-Clivot plädiert. Das kostenlose Angebot richtet sich an Schüler aus allen Schulformen. Im vergangenen Jahr hat die Lernpatenbewegung eine interne Evaluation mit Hilfe wissenschaftlicher Begleitung der HTW durchgeführt. „Dabei wurden signifikante Verbesserungen der betreuten Lernpatenkinder in allen Zielbereichen festgestellt“, sagen Christine Christmann und Rainer Zahn, beide Mitglieder der „Denkfabrik Lernpaten“.
Die „landesweit agierende ‚Armada‘ von rund 200 Lernpaten und Lernpatinnen stehen natürlich gerade jetzt bereit, um sich in der schulischen Notsituation“einzubringen, sagt Christmann, die auch die Lernpatengruppe in St. Ingbert betreut. „Sie wollen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Schulen hilfsbedürftige Schüler und Schülerinnen
auf ihrem Weg in ein eigenständiges Leben begleiten“, erklärt der langjährige Lernpate Rainer Zahn.
Die Paten haben alle einen unterschiedlichen beruflichen Hintergrund. Einige sind ehemalige Lehrer, erklärt Christmann. Zum Team gehören auch Polizisten, Verwaltungsangestellte und junge Menschen, die eine pädagogische Ausbildung machen und die Lernpatenschaft als eine Art Praktikum sehen. Alle werden in speziellen mehrwöchigen Kursen auf ihre Aufgaben als Lernpaten vorbereitet. Die Kurse leiten Fachleiter, Psychologen, Pädagogen. Die Paten werden zum Beispiel in Lernmethodik, Gesprächsführung, Entwicklungspsychologie und Rechtsfragen rund ums Kindeswohl geschult. Seit 2015 gab es 15 Qualifizierungskurse, der 16. startet jetzt im Mai.
Was erwartet die Kinder und Jugendlichen? Eine Eins-zu-eins-Betreuung. Mindestens eine Doppelstunde pro Woche. Darüber hinaus würden viele Lernpaten ihren Schützlingen auch außerschulische Erfahrungen anbieten. Für jede Lernpatenschaft wird ein Kooperationsvertrag zwischen der
Schule, Pro Ehrenamt, den Eltern und den Lernpaten geschlossen, auch das Kind unterschreibt. Die Nachfrage geht oft von der Schule beziehungsweise von den Klassenlehrern aus, „die ihre Schüler gut kennen“, erklärt Christmann. Die Betreuung findet in der Regeln in der Schule statt. Meist am Nachmittag, manchmal auch vormittags, etwa wenn Schüler Freistunden haben, erklärt Christmann.
Auch jetzt in der Pandemie seien viele Schulen dafür offen, wurden doch die Lernpaten vom Saar-Bildungsministerium als systemrelevante und von daher zu nicht schulfremden Personen erklärt. Weshalb Christmann an Schulleiter, Klassenlehrer, Fachlehrer, Schulsozialpädagogen, Schulpsychologen und auch an die Eltern appelliert: „Kommt auf uns zu und fragt eine Lernpatenschaft an.“Die Corona-Krise bringe die Bildungseinrichtungen „immer wieder in sehr prekäre Lagen und oft genug an die Grenzen der Belastbarkeit“, betont Zahn. „Wir wollen uns einbringen, ohne die Schulen in diesen schwierigen Zeiten zusätzlich zu belasten.“
Falls eine persönliche Betreuung nicht möglich ist – hier arbeiten die Lernpaten aktuell an einem neuen Projekt. Sie stellen sich jetzt auch digital auf, um die Schüler und Schülerinnen im Lockdown wie auch im Wechselunterricht virtuell zu erreichen.
„Kommt auf uns zu
und fragt eine Lernpatenschaft an.“
Christine Christmann
„Denkfabrik Lernpaten“