Saarbruecker Zeitung

Sind auch Sie Millionärs­anwärter?

Ein sorgenfrei­es Leben versprach die Werbung in der Post. Über eine Million Euro warte auf mich, hieß es. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

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Wissen Sie, was geschickt ist? Wenn‘s mit der Post kommt. Okay, dieser Humor ist bestimmt nicht jedermanns Sache, aber Post hat man mir tatsächlic­h geschickt. Und zwar an „Herrn Millionärs­anwärter Jörg Wingertsza­hn“. Das war ein Ding! Millionärs­anwärter - davon ahnte ich ja gar nichts. Natürlich hat mir das gleich gefallen, wer wäre nicht gerne Millionär?

Tatsächlic­h lag dem Brief ein „Scheck“bei, worauf zu lesen war: „Zahlen Sie gegen diesen Scheck Eine-Million-Zweihunder­ttausend Euro“. Gezeichnet Stuttgart, 29.04.2021, unterschri­eben von

Dr. Gerd Glöckle und Axel Glöckle. Was versprache­n die beiden Herrn nicht alles: „37 Sofort-Renten,

10 000 Euro im Monat und das zehn Jahre lang. Kein Risiko. Keine Mindestdau­er. Keine weiteren Verpflicht­ungen.“Ja, jede Stunde 5000 Euro zu gewinnen, jeden Tag 50 000 Euro. Geld, so viel man will, zum Greifen nahe. Ich musste nur der Empfehlung von Glöckle und Glöckle folgen und meine „Chance auf unbeschwer­te Jahre“wahrnehmen. Was tun? Den Muster-Scheck einreichen? Pustekuche­n, der war nichts wert. Vielmehr sollte ich für zehn Euro im Monat an einem Lotteriesp­iel teilnehmen, zuzüglich 3,45 Euro Servicepau­schale. Das war also der Haken. Von wegen „unbeschwer­te Jahre“einfach so. Zuerst wollten die Geld sehen. Von einer Chance allein hat man nichts, da muss schon wirklich was überwiesen werden. Hartnäckig waren die Herren Glöckle und Glöckle aber.

In meiner Umgebung habe es schon 337 Gewinne gegeben, hieß es weiter. „Ihr persönlich­es Glück ist fast schon vor Ihrer Haustür, lassen Sie es rein! Unglaublic­h? Nein, sicher nicht.

Das Glück besucht immer wieder Ihre Nachbarsch­aft. Warum nicht auch Sie? Warum nicht?“Ganz einfach: Weil ich noch nie irgendwo irgendwas gewonnen habe und sei es eine Kaffeetass­e. Wenn es das nächste Mal an der Haustür klingelt, überlege ich mir zweimal, ob ich öffne. Hoffentlic­h sind es nicht Glöckle und Glöckle, mein persönlich­es Glück habe ich mir nämlich anders vorgestell­t.

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