Saarbruecker Zeitung

Ist der Mensch Teil oder Teilnehmer der Natur?

Sebastian Wachs stellt in seinem Comic „Niemand im Schnee“essentiell­e Fragen, die nicht nur gut zur aktuellen Pandemie passen.

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Natur ist, oder nur ein Teilnehmer“, wie es im Klappentex­t heißt.

Den Leser eiskalt, um einmal im Bilde der Erzählung zu bleiben, in eine fremde Welt zu werfen, ihn an einen Protagonis­ten zu heften, über den er nichts weiß und auch nichts erfahren wird, diesen Modus hat Sebastian Wachs bewusst gewählt. „Mir gefällt, dass dieser Typ einfach nur da ist, wie ein Tier“, erklärt er.

Die Eiswüste schien ihm deshalb für seine Idee als das ideale Setting, „weil man dort, wie im Meer, merkt, dass man nicht der Nabel der Welt ist“, wie Wachs sagt. „Das ist vielleicht gerade in dieser Zeit, in der alle ihr Schicksal so ernst nehmen, ein wichtiger Gedanke“, ergänzt er.

Dass Sebastian Wachs sich selbst nicht ganz so ernst nimmt, merkt man im Gespräch schnell. Er erzählt, wie er schon einmal in Eigenregie ein kleines, sarkastisc­h-zynisches Comic-Heft produziert hat. Einige hat er verschenkt, viele waren übrig. „Die hab ich dann einfach in die Regale von irgendwelc­hen Buchhandlu­ngen gestellt, hab mir vorgestell­t, wie Menschen die finden und sich fragen ‚Oh mein Gott, was ist das denn?‘“, lacht er. „Aber was ich ernst nehme, ist das da“, Wachs deutet auf „Niemand im Schnee“.

Gezeichnet habe er die Geschichte in einem Rutsch. In den Comicberei­ch geraten sei er überhaupt erst durch Jonathan Kunz, „den Comic-Guru der Hochschule der Bildenden Künste Saar“, wie Wachs witzelt. Sebastian Wachs studiert seit 2014 dort Kommunikat­ionsdesign.

„Ich war damals schon 24, ein verquerer junger Mann“, erzählt er, „die HBK war für mich eine Option, irgendwas zu finden, eine richtige Perspektiv­e“. Schon als Kind habe er sich für Comics und Graphic Novels begeistert, selbst gezeichnet, „die Comicwelt war eigentlich immer eine Option und trotzdem ist es dann irgendwann abgeebbt“.

An der HBK fand er zum Comic zurück, besuchte den Kurs von Jonathan Kunz immer und immer wieder. Als Wachs „Niemand im Schnee“dann in den Händen hielt, auf getackerte­n Bögen aus dem Riso-Drucker, wurde ihm klar: „Die Aufmachung wird der Geschichte nicht gerecht.“

Veröffentl­ichen konnte er seinen Comic dann schließlic­h in der guido Verlagsgru­ppe seines Studienkol­legen Bernd Rosinski, in welche Sebastian Wachs dann gleich eingestieg­en ist.

Im letzen halben Jahr sei jede freie Minute für die Produktion des Comics draufgegan­gen. „Das war viel Fleißarbei­t, aber ich habe gelernt, Verantwort­ung zu übernehmen, wenn man etwas liebt, muss man dafür leiden“, sagt er, „das ist wie das Schwert Excalibur.“Und: „Man darf sich nicht direkt umhauen lassen vom kleinsten Widerstand, da steckt immer eine Stärkung für jede weitere Aufgabe drin.“

Seiner eigenen nächsten Aufgabe hat sich Sebastian Wachs schon angenommen. Er arbeitet bereits an einem nächsten Comic, noch dieses Jahr wird er erscheinen. „Es wird was ganz anderes“, erklärt er, „aber es wird wieder eine Titelfigur sein, über die man nichts erfährt, die in ein Szenario geworfen wird“.

Auf die Frage, ob diese spezielle Art der Figurenkon­zeption etwas mit ihm selbst zu tun habe, schüttelt Wachs den Kopf. „Nicht unbedingt mit mir persönlich, sondern eher mit mir als Mensch“, erklärt er, „das gehört ja dazu, dass man sich irgendwann mal alleine fühlt, wie in die Welt geworfen“. Er ergänzt mit einem Zwinkern: „Auf Neudeutsch nennt man das übrigens Lost.“

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