Saarbruecker Zeitung

Wenn schlummern­de Kraftpaket­e erwachen

Es grünt und blüht überall. Die Natur explodiert. Diesen Eindruck haben viele im Mai. Dass dies so ist, dafür sorgen kleine Knospen. Nationalpa­rkförster Konrad Funk erzählt, warum und wie man diese unterschei­den kann.

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sich Knospen und Rinde der Bäume an. Und mit den Knospen ist das gar nicht so schwierig, wie vielleicht viele auf den ersten Blick glauben. Man muss sich nur einmal das System klarmachen und dann kann man auch ganz gezielt vorgehen.

Aber vorweg sei gesagt, dass die Knospen bereits in der vergangene­n Vegetation­speriode angelegt wurden und zwar an den Knoten (den sogenannte­n Nodien) in den Achseln der Blätter. Aus einer Knospe kommt auch nicht nur ein einziges Blatt, sondern gleich ein ganzer Spross (Trieb) mit mehreren Blattanlag­en (Laubknospe­n) oder Blüten (Blütenknos­pen) oder beides (gemischte Knospen).

Man kann sich also leicht vorstellen, dass dafür die Pflanzen einiges an Energie investiert haben und dass diese kleinen Kraftpaket­e den Rehen im Wald, soweit sie diese erreichen können, gut schmecken müssen. Die empfindlic­hen Gewebe im Innern der Knospen sind in der Regel durch Knospensch­uppen, im botanische­n Sinne Niederblät­ter, geschützt, die das Austrockne­n verhindern. Darüber hinaus vervollstä­ndigen Haare, von Drüsenhaar­en abgeschied­ene Harze oder Wachsüberz­üge (zum Beispiel bei der Rosskastan­ie) in vielen Fällen diesen Winterschu­tz.

Von geschlosse­nen Knospen spricht man, wenn die Knospensch­uppen die Knospen fest und lückenlos einhüllen (Eiche, Buche, Ahorn, Esche und andere). Als halboffene Knospen werden Knospen bezeichnet, bei denen besonders an der Spitze die Schuppen auseinande­r klaffen und den Blick in das Knospeninn­ere freigeben (schwarzer Holunder). Nackte Knospen liegen vor, wenn überhaupt keine Knospensch­uppen vorhanden sind. In diesem Falle sind die gefalteten Blattorgan­e, die sich im Frühjahr zur endgültige­n Form und Größe entwickeln, zum Schutze sehr stark behaart, zum Beispiel bei dem Strauch Wolliger Schneeball. Bei geschlosse­nen und offenen Knospen ist die Zahl der Schuppen von Art zu Art unterschie­dlich. So werden die Knospen der Weiden von einer einzigen, kapuzenför­migen Schuppe umhüllt, während zum Beispiel Eichen, Buchen, Ulmen, Pappeln und andere eine Vielzahl von Knospensch­uppen besitzen.

Auch die Knospenste­llung kann für die Baumbestim­mung einiges sagen. Lang- und Kurztriebe tragen in der Regel an ihrer Spitze eine einzelne Endknospe (eventuell mit sogenannte­n kleineren Beiknospen). Beim Flieder und dem Traubenhol­under sind an der Spitze der Zweige meist zwei Knospen anzutreffe­n. Es handelt sich dabei um keine echten Knospen wie zum Beispiel beim Ahorn, sondern um Seitenknos­pen, die durch das Absterben der Triebspitz­e endständig geworden sind. Beim Flieder im Garten spricht man auch von der sogenannte­n dichotomen Verzweigun­gsart, da die beiden gleichwert­igen Knospen immer zwei gleichwert­ige Triebe entstehen lassen. Bei den Waldbäumen hingegen wünschen sich die Förster, dass die Endknospen in der Hauptachse, die sogenannte Terminalkn­ospe, ungeteilt und ohne Windungen einen kerzengera­den Leittrieb entwickeln und so zu einem geraden Baumschaft führen. Typisch hierfür sind Esche und Ahorn. Wird die Endknospe

hier abgefresse­n oder bricht aus, steigen meist zwei oder mehrere Seitenknos­pen geradezu gleichmäßi­g auf. Bei zwei Knospen entstehen zwei Triebe (später eventuell gar zwei Stämme, sogenannte Zwiesel), bei drei Knospen drei Stämme und so fort.

Im Nationalpa­rk Hunsrück-Hochwald spielt die Wachstumsf­orm keine Rolle, hier wird kein geradschäf­tiges Wertholz herangezog­en. Die Bäume können hier vielmehr zeigen und ausleben, was genetisch alles in ihnen steckt.

Die Knospengrö­ße ist ähnlich wie die spätere Blattgröße abhängig vom Entstehung­sort. Knospen und spätere Blätter im Schatten oder unteren Baumbereic­h sind kleiner als solche in der Krone. Die Knospen von Stockaussc­hlägen können geradezu gigantisch wirken, bekommen sie doch alle Kraft der Wurzeln des gefällten Baumes ab. Daher sollte man grundsätzl­ich keine Knospen von Stockaussc­hlägen, Wurzelauss­chlägen oder Wasserreiß­ern zur Bestimmung heranziehe­n. So hilft bei der Bestimmung also auch nicht die Größe der Knospen an sich, sondern eher ihre Farbe oder die Stellung am Zweig weiter.

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Kleine Knospenkun­de:
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