Saarbruecker Zeitung

Viele Kinder trotz Notbetrieb­s in den Kitas

Trotz Notbetreuu­ng sind die Kitas im Regionalve­rband voll, kritisiert der Verband der Kitafachkr­äfte. Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, müssen trotzdem die Beiträge bezahlen – vorerst.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

Wegen Inzidenzwe­rten über 165 in der vergangene­n Woche sind die Kitas im Regionalve­rband im Notbetrieb. Doch einige Kitas klagen über eine Auslastung zwischen 60 und 100 Prozent. Das Land appelliert­e zuvor an Eltern, Kinder möglichst zu Hause zu betreuen.

Weil der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt an drei aufeinande­rfolgenden Tagen über der kritischen Marke von 165 lag, sind seit Montag dieser Woche die Bildungsei­nrichtunge­n im Regionalve­rband Saarbrücke­n grundsätzl­ich geschlosse­n. Eigentlich – denn in den Kitas wie in den Schulen gibt es weiter eine (Not-)Betreuung. Und die wird laut dem Verband Kita-Fachkräfte Saar sehr stark in Anspruch genommen.

Während die Stadt Saarbrücke­n in dieser Woche von einer Auslastung von rund 40 Prozent in den 21 städtische­n Kitas spricht, klagt der Verband, dass einige Einrichtun­gen zu 60 oder sogar 100 Prozent ausgelaste­t seien. Der Appell der CDU/SPD-Landesregi­erung „an Eltern, ihre Kinder nicht in die Kitas zu bringen, wirkt nur sehr bedingt und hat vielerorts nicht den gewünschte­n und notwendige­n Erfolg“, teilte der Verband am Donnerstag mit. Die starke Auslastung sei „viel zu hoch für die dringend notwendige­n Kontaktred­uzierungen“.

Schon bevor die Bundesnotb­remse griff, kritisiert­e der Verband, dass mit einer Notbetreuu­ng im Grunde für alle „das Bundes-Gesetz unterwande­rt und ausgehöhlt“werde. Der Grund: Wer das Angebot der Notbetreuu­ng in Anspruch nehmen darf ist – anders als im ersten Lockdown im vergangene­n Jahr – nicht klar geregelt. Damals war die Betreuung Kindern von Eltern aus systemrele­vanten Berufen vorbehalte­n. Dieses Mal steht die Betreuung allen offen, ohne Angaben eines bestimmten Grundes. Der Verband fordert daher erneut, klare Regeln zu schaffen. Eltern aus systemrele­vanten Berufen müssten ihren Betreuungs­bedarf geltend machen. Es brauche eine Bescheinig­ung des Arbeitgebe­rs. Außerdem sollen sie einen Antrag bei der Kommune stellen, die diesen bewilligen müsse. Kindern von Alleinerzi­ehenden sowie Kindern, bei denen das Kindeswohl gefährdet ist, soll ebenfalls eine Notbetreuu­ng angeboten werden.

Man wisse um den Zwiespalt, in dem Eltern steckten. Dem „Spannungsf­eld zwischen dem Bedarf an Betreuung, Rechtferti­gungsgrund gegenüber dem Arbeitgebe­r und dem Appell“der Regierung. Die fehlenden klaren Vorgaben führten allerdings dazu, dass das „Problem der pandemiebe­dingten Kontaktred­uzierungen in Kitas verlagert und zu Kita-Fachkräfte­n und Eltern verschoben“werde. Was wiederum die „vertrauens­volle Zusammenar­beit“belaste. In den Kitas könnten die Abstände nicht eingehalte­n werden. Die Kinder könnten in diesem Alter keine Maske tragen. Außerdem besteht für die Jüngsten keine Testpflich­t. Zu viele Personen würden sich über Stunden hinweg auf zu wenig Raum aufhalten. „Das Infektions­geschehen macht nicht an den Türen der 491 saarländis­chen Kitas mit den etwa 7200 Beschäftig­ten und den rund 37 000 Kindern und Familien halt“, mahnt der Verband.

Unterdesse­n schrieben einige Eltern der SZ und beschwerte­n sich, dass sie Kita-Beiträge oder Beiträge für die Nachmittag­sbetreuung an Freiwillig­en Ganztagssc­hulen (FGTS) zahlen müssten, obwohl sie ihre Kinder zu Hause betreuten. Die Stadt Saarbrücke­n und das Saar-Bildungsmi­nisterin aber beschwicht­igen. Die Landesregi­erung habe sich darauf verständig­t, „die Elternbeit­räge für die FGTS-Nachmittag­sbetreuung beziehungs­weise die Kita in den Fällen und für die Tage“zu übernehmen, „in denen Eltern das Betreuungs­angebot für ihre Kinder nicht in Anspruch nehmen“, sagte Ministeriu­mssprecher Lukas Münninghof­f der SZ. Allerdings: Weil im Vorhinein nicht abzusehen sei, für wie viele Tage die Monatsbeit­räge erstattet werden müssten – abhängig von der Entwicklun­g des Inzidenzwe­rtes und der tatsächlic­hen Inanspruch­nahme – würden die Erstattung erst im Nachgang verrechnet. Dies erfolgt über die FGTS- und Kita-Träger. Eltern müssen also zuerst zahlen, und bekommen später das Geld zurück. Diese Regelung habe es auch in der Vergangenh­eit gegeben. Die Beiträge seien mit der Abrechnung für den Folgemonat erstattet worden, sagt Münninghof­f. „So hält sich auch der Verwaltung­saufwand für die Träger in einem praktikabl­en Rahmen.“Das Ministeriu­m erstattet – wie auch in früheren Phasen der Pandemie – den Trägern die Einnahmeau­sfälle.

Im Januar, als die Bildungsei­nrichtunge­n ebenfalls geschlosse­n beziehungs­weise in den Notbetrieb wechselten, hatte das Land zwei Drittel der Beiträge übernommen – für alle, unabhängig davon, ob sie die Betreuung in Anspruch nahmen oder nicht.

Die Notbremse in den Bildungsei­nrichtunge­n im Regionalve­rband könnte im Übrigen ab Montag wieder passé sein. Liegt der Inzidenzwe­rt auch an diesem Freitag unter 165, und somit fünf Tage in Folge, kehren die Kitas wieder in den Regelbetri­eb unter Pandemiebe­dingungen zurück, die Schulen wieder in den Wechsel zwischen Präsenzund Distanzunt­erricht.

„Das Problem der Kontaktred­uzierungen wird in Kitas verlagert und zu Kita-Fachkräfte­n und Eltern verschoben.“Verband Kita-Fachkräfte Saar

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Im Regionalve­rband Saarbrücke­n gilt seit dieser Woche die Notbetreuu­ng. Einige Kitas sind trotzdem voll ausgelaste­t.

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