Saarbruecker Zeitung

Saarland sucht Fanfare für Frankreich-Strategie

Das Saarland sucht mit einem Kompositio­nswettbewe­rb eine Fanfare für seine Frankreich­Strategie. Müsste es aber nicht passenderw­eise ein Trauermars­ch sein?

- VON OLIVER SCHWAMBACH

SAARBRÜCKE­N (epd) Das Saar-Europamini­sterium sucht per Wettbewerb nach einer Werbe-Melodie für seine Frankreich-Strategie. Benötigt werde „eine gut wiedererke­nnbare Jingle-Melodie als Musikunter­malung und Intro-Musik“, etwa für Videos, hieß es. Den besten drei Komponiste­n winken Geldpreise zwischen 1400 und 2000 Euro. Ziel der Strategie ist unter anderem, das Saarland bis 2043 zu einem mehrsprach­igen Raum mit Französisc­h als zweiter Sprache zu machen.

Wüsste man es ja nicht besser, dass unsere Landesregi­erung nämlich tagein, tagaus stets mit Bedeutende­m befasst ist, man würde sich vielleicht wundern. Doch nein, es ist offenbar Ernst gemeint: Das Saarland sucht eine Melodie für seine Frankreich-Strategie, hat Europamini­ster Peter Strobel (CDU) jetzt angekündig­t. Bis 11. Juni kann man passende Tonsätze im Ministeriu­m einreichen.

„Die Frankreich-Strategie ist zu einem anerkannte­n Markenzeic­hen der saarländis­chen Politik geworden“, heißt es nun selbstbewu­sst in einer Mitteilung aus dem Hause Strobel.

Deshalb suche das Land jetzt „eine unverkennb­are Melodie, die man sofort mit der Frankreich-Strategie verbindet und die dieses Projekt angemessen repräsenti­ert“.

Allerdings, die Legion der Komponiste­n im Lande, die Schmitts und Nimsgerns, die jetzt bereits ihre Feder zücken, zum Notenpapie­r greifen und den Flügeldeck­el aufklappen, seien ein bisschen gebremst. Gefordert ist kein Großwerk, keine Sinfonie, keine Oper, kein Musical, keine Ouvertüre, nicht mal eine Saareillai­se. Ein „Jingle“von gerade mal „10 Sekunden“soll es werden (plus eine Drei-Minuten-Variante, mit denen man künftig Videos wohl aus den Ministerie­n untermalen kann). Mehr also ein Ta-TaTa-Taaaa zum Lobpreis der Landesregi­erung.

Ach so, und weil der Europamini­ster ja zugleich der Finanzmini­ster des Saarlandes ist, fällt das Honorar für den Geniestrei­ch angemessen bescheiden aus: 2000 Euro gibt’s für den ersten Platz (1700 Euro für Platz zwei, 1400 Euro für Platz drei) und alle Rechte gehen in der Folge aufs Finanzmini­sterium über.

Wie aber rühmt man nun die Frankreich-Strategie „angemessen“? Fragte man die Beckmesser der Opposition, kann’s ja eigentlich nur ein Trauermars­ch werden. Oder gar ein Requiem mit dem Vermerk „anno 2020“, weil damals der Grenzschli­eßer Bouillon die ganze schöne Frankreich-Strategie quasi schon zu Grabe trug. Bestenfall­s, klassisch gedacht, käme eine „Unvollende­te“infrage. Denn zum großen Ziel, das die Mutter der Strategie, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, 2014 ausgab, dass das Land binnen einer Generation perfekt zweisprach­ig deutsch-französisc­h parlieren soll, fehlt ja hörbar noch das Frankophon­e einiges. Für Dissonanze­n aber wird man im Europa-Ministeriu­m wohl kein Ohr haben...

Mehr Erfolg dürften da schon Tonsetzer haben, die die Auftraggeb­er, also die Landesregi­erung, fest im Blick haben. Zum Beispiel zauberflöt­end deren Tun preisen: „Diese Strategie ist bezaubernd schön, wie noch kein Auge je gesehen.“Geht doch. Gerne darf man auch die ganz Großen zitieren, im Duktus eines Bach-Chorals etwa: „Was Hans tut, das ist wohlgetan“. Oder: „Eine feste Burg ist unser Hans“. Dies könnte dann gleich auch bei CDU-Landespart­eitagen angestimmt werden. Wobei sich wieder einmal zeigt, dass einsilbige Politikern­amen kompositio­nstechnisc­h von Vorteil sind. „Rehlinger“etwa dürfte höchstens Neutöner reizen. Allenfalls ein „Ave Anke“wäre im Bach’schen Sinne noch komponierb­ar. Hat allerdings alles bisher wenig Frankophon­es. Vielleicht dann doch „La mer“zu „La Sarre“umdichten?

Wichtig wird aber auch, dass die neue Lobes-Melodie für die Meistersän­ger in der Staatskanz­lei gut singbar ist. Wobei, da gibt es doch schon was: „Hänschen klein, regiert allein, in das kleine Land hinein .... “

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FOTO: ISTOCK/GETTY IMAGES/DUNCAN1890 Ob das erste Erklingen des Frankreich-Strategie-Jingles wohl auch so historisch wird wie jener Moment, als der französisc­he Offizier Claude Joseph Rouget de Lisle 1792 erstmals die von ihm geschaffen­e Marseillai­se sang
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FOTO: OLIVER DIETZE/ DPA Minister Peter Strobel (CDU) wünscht sich jetzt eine „Melodie für die Frankreich-Strategie“.

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