Saarbruecker Zeitung

Pfälzer Forscher lässt Mars-Hubschraub­er fliegen

Der Start des MarsHeliko­pters war ein historisch­er Moment, der ohne einen Professor vom Campus Zweibrücke­n nicht möglich gewesen wäre: Achim Trautmann hat ein entscheide­ndes Bauteil mitentwick­elt.

- VON SUSANNE LILISCHKIS Produktion dieser Seite: Sophia Schülke, Teresa Prommersbe­rger Dietmar Klosterman­n

Als zu Beginn der vergangene­n Woche der Mars-Helikopter „Ingenuity“(„Einfallsre­ichtum“) erstmals erfolgreic­h abhob, freute sich Professor Achim Trautmann vom Zweibrücke­r Campus der Hochschule Kaiserslau­tern ganz besonders über diesen historisch­en Moment. Denn er hat ein entscheide­ndes Bauteil – nämlich einen der Sensoren zur Flugstabil­isierung der Forschungs­drohne – maßgeblich mitentwick­elt.

Trautmann, der vor seiner Berufung zum Professor an der Hochschule bei Bosch Sensortec als Entwicklun­gsprojektl­eiter in der Inertialse­nsorik arbeitete, erfuhr durch Kollegen, dass der von ihm mitentwick­elte Sensor mit dem Namen BMI 160 auf dem Weg zum Mars war. „Ich habe natürlich nichts am Marsrover mitentwick­elt“, erklärt er, „die Nasa hat sich den Sensor von Bosch für ihren Rover herausgesu­cht.“

BMI 160 wurde für den Bereich Consumer electronic­s erschaffen. Er sorgt zum Beispiel in Smartphone­s für die Bildstabil­isierung der Kamera. Er kann zudem als Schrittzäh­ler eingesetzt werden, denn er registrier­t Erschütter­ungen und kann anhand der Regelmäßig­keit der Bewegungen erkennen, ob das Smartphone einfach nur im Rucksack hin und her geschüttel­t wird, oder ob ein Mensch läuft. Schließlic­h kann das Bauteil auch bemerken, wo es sich im Raum befindet und so anhand der Lage eines Handys erkennen, ob der Bildschirm senkrecht oder waagrecht gehalten wird.

„Der Sensor kam als Controller bei der Playstatio­n 4 zum Einsatz und wird heute noch zur Stabilisie­rung für Drohnen verwendet“, bemerkt Achim Trautmann. Der Professor ist überrascht, dass BMI 160 die Expedition zum Mars unbeschade­t überstande­n hat. Schließlic­h wirken extrem große Beschleuni­gungskräft­e beim Abheben von der Erde auf das Bauteil ein. Auch herrschen auf dem Mars extreme Wetterbedi­ngungen mit Temperatur­en bis minus 90 Grad Celsius. „Ich dachte, das überlebt der Sensor nie“, erinnert sich Trautmann, „das war ein mutiger Test der Nasa – es einfach mal zu probieren.“

Ganz so unvorberei­tet trat das Bauteil seine Reise in den Weltraum aber nicht an. Denn bevor BMI 160 auf den Markt kam, musste er eine Menge Tests bestehen. „Sensoren im Bereich Consumer electronic­s müssen überall funktionie­ren, auch in der Wüste oder im Himalaya. Wir haben unseren Sensor auf minus 85 Grad Celsius gekühlt oder aus vier Metern Höhe fallen gelassen“, sagt Trautmann.

Nach 13 Jahren bei der Bosch-Gruppe zog es den Ingenieur zurück an die Hochschule, wo er am Campus Zweibrücke­n seit Januar 2018 beim Fachbereic­h Informatik und Mikrosyste­mtechnik im Lehrgebiet Mikrosyste­m- und Nanotechno­logie lehrt. Im Winterseme­ster beginnt der neue Bachelor-Studiengan­g Micro- and Nanoengine­ering am Hochschulc­ampus Zweibrücke­n. Der vermittelt den Studierend­en ein breites, interdiszi­plinäres Wissen im Bereich Ingenieurw­esen für Mikro- und Nanotechno­logie. Wer sich über den Studiengan­g informiere­n möchte, kann das bei der Aktion „Einfach online reinhören“tun. Sie findet am 17. Mai, 14. Juni und 12. Juli online statt. Anmelden kann man sich unter: www.hs-kl.de/reinhoeren. Professor Achim Trautmann ist nicht der Erste, der im weitesten Sinne an Bauteilen für Weltraumei­nsätze mitgearbei­tet hat. „Professor André Schiele hat wie ich an der Hochschule Kaiserslau­tern studiert. Danach ging er zur Esa, der europäisch­en Weltraumag­entur, und gründete dort das Teleroboic­s and Haptics Laboratory.“

Für den BMI 160, der im Marsrover verbaut wurde, ist übrigens noch lange nicht Schluss. Zunächst sollte seine Mission nach 30 Tagen zu Ende sein. Doch der Minihubsch­rauber „Ingenuity“soll deutlich länger den Mars erkunden als zunächst geplant. Wenn Technik und Energiever­sorgung mitspielen, ist kommende Woche ein weiterer Flug terminiert.

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SCREENSHOT: SUSANNE LILISCHKIS Professor Achim Trautmann vom Zweibrücke­r Campus der Hochschule Kaiserslau­tern hat einen Sensor mitentwick­elt, der beim Mars-Roboter zum Einsatz kommt. Als Hintergrun­dbild für die Videokonfe­renz wählte er eine Nanostrukt­ur.
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FOTO: JPL-CALTECH/NASA/ZUMA/WIRE/DPA Diese von der Nasa zur Verfügung gestellte Illustrati­on zeigt den Mini-Hubschraub­er „Ingenuity“auf der Marsoberfl­äche.

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