Pfälzer Forscher lässt Mars-Hubschrauber fliegen
Der Start des MarsHelikopters war ein historischer Moment, der ohne einen Professor vom Campus Zweibrücken nicht möglich gewesen wäre: Achim Trautmann hat ein entscheidendes Bauteil mitentwickelt.
Als zu Beginn der vergangenen Woche der Mars-Helikopter „Ingenuity“(„Einfallsreichtum“) erstmals erfolgreich abhob, freute sich Professor Achim Trautmann vom Zweibrücker Campus der Hochschule Kaiserslautern ganz besonders über diesen historischen Moment. Denn er hat ein entscheidendes Bauteil – nämlich einen der Sensoren zur Flugstabilisierung der Forschungsdrohne – maßgeblich mitentwickelt.
Trautmann, der vor seiner Berufung zum Professor an der Hochschule bei Bosch Sensortec als Entwicklungsprojektleiter in der Inertialsensorik arbeitete, erfuhr durch Kollegen, dass der von ihm mitentwickelte Sensor mit dem Namen BMI 160 auf dem Weg zum Mars war. „Ich habe natürlich nichts am Marsrover mitentwickelt“, erklärt er, „die Nasa hat sich den Sensor von Bosch für ihren Rover herausgesucht.“
BMI 160 wurde für den Bereich Consumer electronics erschaffen. Er sorgt zum Beispiel in Smartphones für die Bildstabilisierung der Kamera. Er kann zudem als Schrittzähler eingesetzt werden, denn er registriert Erschütterungen und kann anhand der Regelmäßigkeit der Bewegungen erkennen, ob das Smartphone einfach nur im Rucksack hin und her geschüttelt wird, oder ob ein Mensch läuft. Schließlich kann das Bauteil auch bemerken, wo es sich im Raum befindet und so anhand der Lage eines Handys erkennen, ob der Bildschirm senkrecht oder waagrecht gehalten wird.
„Der Sensor kam als Controller bei der Playstation 4 zum Einsatz und wird heute noch zur Stabilisierung für Drohnen verwendet“, bemerkt Achim Trautmann. Der Professor ist überrascht, dass BMI 160 die Expedition zum Mars unbeschadet überstanden hat. Schließlich wirken extrem große Beschleunigungskräfte beim Abheben von der Erde auf das Bauteil ein. Auch herrschen auf dem Mars extreme Wetterbedingungen mit Temperaturen bis minus 90 Grad Celsius. „Ich dachte, das überlebt der Sensor nie“, erinnert sich Trautmann, „das war ein mutiger Test der Nasa – es einfach mal zu probieren.“
Ganz so unvorbereitet trat das Bauteil seine Reise in den Weltraum aber nicht an. Denn bevor BMI 160 auf den Markt kam, musste er eine Menge Tests bestehen. „Sensoren im Bereich Consumer electronics müssen überall funktionieren, auch in der Wüste oder im Himalaya. Wir haben unseren Sensor auf minus 85 Grad Celsius gekühlt oder aus vier Metern Höhe fallen gelassen“, sagt Trautmann.
Nach 13 Jahren bei der Bosch-Gruppe zog es den Ingenieur zurück an die Hochschule, wo er am Campus Zweibrücken seit Januar 2018 beim Fachbereich Informatik und Mikrosystemtechnik im Lehrgebiet Mikrosystem- und Nanotechnologie lehrt. Im Wintersemester beginnt der neue Bachelor-Studiengang Micro- and Nanoengineering am Hochschulcampus Zweibrücken. Der vermittelt den Studierenden ein breites, interdisziplinäres Wissen im Bereich Ingenieurwesen für Mikro- und Nanotechnologie. Wer sich über den Studiengang informieren möchte, kann das bei der Aktion „Einfach online reinhören“tun. Sie findet am 17. Mai, 14. Juni und 12. Juli online statt. Anmelden kann man sich unter: www.hs-kl.de/reinhoeren. Professor Achim Trautmann ist nicht der Erste, der im weitesten Sinne an Bauteilen für Weltraumeinsätze mitgearbeitet hat. „Professor André Schiele hat wie ich an der Hochschule Kaiserslautern studiert. Danach ging er zur Esa, der europäischen Weltraumagentur, und gründete dort das Teleroboics and Haptics Laboratory.“
Für den BMI 160, der im Marsrover verbaut wurde, ist übrigens noch lange nicht Schluss. Zunächst sollte seine Mission nach 30 Tagen zu Ende sein. Doch der Minihubschrauber „Ingenuity“soll deutlich länger den Mars erkunden als zunächst geplant. Wenn Technik und Energieversorgung mitspielen, ist kommende Woche ein weiterer Flug terminiert.