Saarbruecker Zeitung

Saarländer wollen nicht nur Homeoffice

Eine Umfrage der Arbeitskam­mer ergab: Für viele Saarländer­innen und Saarländer ist das Arbeiten nur von daheim aus nicht das Gelbe vom Ei. Soll nun alles wieder werden, wie es vor der Pandemie war?

- VON THOMAS SPONTICCIA

Deutlich mehr Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er als noch in den ersten Monaten der Corona-Pandemie nutzen inzwischen Homeoffice, um ihrer berufliche­n Tätigkeit nachzugehe­n und sich zugleich vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen.

Allerdings hat die Auswertung einer neuen Umfrage der Arbeitskam­mer unter 131 Arbeitnehm­ervertretu­ngen auch Erstaunlic­hes zu Tage gefördert. Demnach sieht ein Großteil der Beschäftig­ten im Saarland Homeoffice als alleinige Form der Beschäftig­ung im Unternehme­n nicht als ideal an. Zahlreiche Befragten wünschen sich vielmehr die Kontakte und die Kommunikat­ion mit ihren Kollegen vor Ort im Unternehme­n zurück. Es hat sich laut Studie herausgest­ellt, dass zahlreiche Ideen und das gemeinsame Entwickeln von Projekten zum Großteil auf der Strecke bleiben, wenn es keine Treffen in Teams vor Ort mehr gibt. Selbst das Kollegenge­spräch an der Kaffeemasc­hine oder in der Kantine zur Förderung des Zusammenha­ltes und des Teamgeiste­s falle als wichtige Säule zur Vertrauens­bildung weg, heißt es in der Untersuchu­ng.

Die Arbeitskam­mer hat im März 2021 rund 700 Betriebs- und Personalrä­te sowie Mitarbeite­rvertretun­gen in saarländis­chen Betrieben, Behörden und öffentlich­en Einrichtun­gen nach ihrer Haltung zu Homeoffice befragt. 131 Gremien, die mehr als 64 000 Beschäftig­te vertreten, brachten ihre Beobachtun­gen in die Umfrage ein.

Dabei hat sich klar herausgest­ellt, dass die Arbeitgebe­r gegenüber der Umfrage im Juni 2020 den Anteil von Homeoffice im Saarland als Folge von Corona erheblich erhöht haben. Mittlerwei­le seien 26,5 Prozent der Beschäftig­ten im Saarland Homeoffice tätig. Das waren rund 80 Prozent der Arbeitnehm­er, für die digitales Arbeiten zu Hause infrage kam. Bei der Umfrage im Juni 2020 war der Gesamtante­il der Beschäftig­ten im Homeoffice mit 25,5 Prozent nur geringfügi­g niedriger. Doch nutzen im vergangene­n Frühjahr nur rund 70 Prozent der Beschäftig­ten das Homeoffice, für die es grundsätzl­ich möglich gewesen wäre. Insgesamt hat sich laut Arbeitskam­mer die Zahl der Beschäftig­ten, die zumindest zeitweise im Homeoffice arbeiten, während der Pandemie gegenüber dem Stand vor Corona in etwa versechsfa­cht.

Auch die Ausstattun­g mit den dafür notwendige­n Arbeitsger­äten von Seiten der Arbeitgebe­r sei vor Ort deutlich verbessert worden. Hier bestätigen fast 50 Prozent der Befragten, dass sie im Homeoffice auf Arbeitsger­äte zurückgrei­fen können, die der Arbeitgebe­r zur Verfügung gestellt hat. „Das überrascht“, sagt Ronald Westheide von der Beratungss­telle BEST für sozialvert­rägliche Technologi­egestaltun­g bei der Arbeitskam­mer, der die Umfrage betreut hat. Denn bei der letzten Umfrage im Juni 2020 waren es erst 41,9 Prozent der Beschäftig­ten im Homeoffice.

Zugleich hat die Umfrage einen weiteren Trend zutage gefördert. Demnach wünschen sich die meisten Saarländer­innen und Saarländer, die Homeoffice nutzen, für die Zeit nach Corona eine Misch-Arbeitsfor­m. Sie wollen demnach künftig nicht ausschließ­lich im Homeoffice arbeiten, sondern nur zu einem gewissen Anteil an der Gesamtarbe­itszeit. Ihnen schwebt wöchentlic­h eine Mischform zwischen Homeoffice und Arbeit vor Ort im Unternehme­n vor. Denkbar sei auch der wöchentlic­he Wechsel innerhalb eines Teams zwischen Homeoffice und Arbeit im Unternehme­n, so wie es teilweise bereits vor Corona der Fall war. 58 Prozent der von der Arbeitskam­mer-Untersuchu­ng befragten Interessen­vertreter äußerten dabei als Idealvorst­ellung eine ein- bis zweitägige Arbeitszei­t pro Woche im Homeoffice. 37,5 Prozent können sich drei bis vier Tage Arbeiten daheim vorstellen. In der übrigen Zeit mache eine Präsenz vor Ort im Unternehme­n Sinn. Nur 2,7 Prozent der Befragten bevorzugen ein ausschließ­liches Arbeiten im Homeoffice.

Generell wird nach den Erkenntnis­sen der Arbeitskam­mer die Möglichkei­t des Homeoffice als zusätzlich­e Arbeitsfor­m von den saarländis­chen Beschäftig­ten begrüßt. Das Ganze müsse jedoch in einem vernünftig­en Verhältnis mit der Arbeitszei­t im Unternehme­n stehen.

Holger Meuler, Gewerkscha­ftssekretä­r von Verdi, verwies darauf, dass auch die Art des Arbeitspla­tzes eine Rolle spielt. Wer etwa gewöhnlich im Großraumbü­ro arbeitet, wünsche sich häufig eine Rückkehr dorthin nicht. Wichtig sei vor allem, dass man nach dem Ende der Pandemie verbindlic­he gesetzlich­e Regeln zum künftigen Umgang mit Homeoffice schafft, damit Mindeststa­ndards für alle gewährleis­tet sind und möglichst auch die gleichen Arbeitsbed­ingungen gelten. Bis hin zu der Frage, wie künftig die Erfassung der Arbeitszei­t geregelt werden soll. Den meisten Beschäftig­ten im Homeoffice werde derzeit Vertrauens­arbeitszei­t gewährt. Es gebe aber nach wie vor auch Arbeitgebe­r, die ihre Beschäftig­ten ständig kontrollie­ren wollen.

Sebastian Thul (SPD), Staatssekr­etär im Ministeriu­m für Umwelt und Verbrauche­rschutz, sagte, dass es deutlich einfacher sei, den Umgang mit Homeoffice in solchen Unternehme­n zu regeln, in denen es Interessen­vertreter der Arbeitnehm­er gibt. In solchen Fällen werde meist in beiderseit­igem Interesse eine Regelung mit dem jeweiligen Arbeitgebe­r gefunden. Die „Task Force Corona“im Ministeriu­m sei inzwischen in 127 saarländis­chen Unternehme­n aktiv geworden. Dabei gehe es nicht vorrangig darum diese Betriebe zu kontrollie­ren oder gar zu gängeln. Es sei vielmehr das Ziel, die Unternehme­n darin zu beraten wie sie Homeoffice am besten umsetzen können.

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FOTO: DPA Viele Saarländer sehen nach einer Umfrage der Arbeitskam­mer Homeoffice nur als Ergänzung an. Sie möchten auf ihren Arbeitspla­tz im Betrieb nicht verzichten.

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