Saarländer wollen nicht nur Homeoffice
Eine Umfrage der Arbeitskammer ergab: Für viele Saarländerinnen und Saarländer ist das Arbeiten nur von daheim aus nicht das Gelbe vom Ei. Soll nun alles wieder werden, wie es vor der Pandemie war?
Deutlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als noch in den ersten Monaten der Corona-Pandemie nutzen inzwischen Homeoffice, um ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen und sich zugleich vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen.
Allerdings hat die Auswertung einer neuen Umfrage der Arbeitskammer unter 131 Arbeitnehmervertretungen auch Erstaunliches zu Tage gefördert. Demnach sieht ein Großteil der Beschäftigten im Saarland Homeoffice als alleinige Form der Beschäftigung im Unternehmen nicht als ideal an. Zahlreiche Befragten wünschen sich vielmehr die Kontakte und die Kommunikation mit ihren Kollegen vor Ort im Unternehmen zurück. Es hat sich laut Studie herausgestellt, dass zahlreiche Ideen und das gemeinsame Entwickeln von Projekten zum Großteil auf der Strecke bleiben, wenn es keine Treffen in Teams vor Ort mehr gibt. Selbst das Kollegengespräch an der Kaffeemaschine oder in der Kantine zur Förderung des Zusammenhaltes und des Teamgeistes falle als wichtige Säule zur Vertrauensbildung weg, heißt es in der Untersuchung.
Die Arbeitskammer hat im März 2021 rund 700 Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen in saarländischen Betrieben, Behörden und öffentlichen Einrichtungen nach ihrer Haltung zu Homeoffice befragt. 131 Gremien, die mehr als 64 000 Beschäftigte vertreten, brachten ihre Beobachtungen in die Umfrage ein.
Dabei hat sich klar herausgestellt, dass die Arbeitgeber gegenüber der Umfrage im Juni 2020 den Anteil von Homeoffice im Saarland als Folge von Corona erheblich erhöht haben. Mittlerweile seien 26,5 Prozent der Beschäftigten im Saarland Homeoffice tätig. Das waren rund 80 Prozent der Arbeitnehmer, für die digitales Arbeiten zu Hause infrage kam. Bei der Umfrage im Juni 2020 war der Gesamtanteil der Beschäftigten im Homeoffice mit 25,5 Prozent nur geringfügig niedriger. Doch nutzen im vergangenen Frühjahr nur rund 70 Prozent der Beschäftigten das Homeoffice, für die es grundsätzlich möglich gewesen wäre. Insgesamt hat sich laut Arbeitskammer die Zahl der Beschäftigten, die zumindest zeitweise im Homeoffice arbeiten, während der Pandemie gegenüber dem Stand vor Corona in etwa versechsfacht.
Auch die Ausstattung mit den dafür notwendigen Arbeitsgeräten von Seiten der Arbeitgeber sei vor Ort deutlich verbessert worden. Hier bestätigen fast 50 Prozent der Befragten, dass sie im Homeoffice auf Arbeitsgeräte zurückgreifen können, die der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat. „Das überrascht“, sagt Ronald Westheide von der Beratungsstelle BEST für sozialverträgliche Technologiegestaltung bei der Arbeitskammer, der die Umfrage betreut hat. Denn bei der letzten Umfrage im Juni 2020 waren es erst 41,9 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice.
Zugleich hat die Umfrage einen weiteren Trend zutage gefördert. Demnach wünschen sich die meisten Saarländerinnen und Saarländer, die Homeoffice nutzen, für die Zeit nach Corona eine Misch-Arbeitsform. Sie wollen demnach künftig nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, sondern nur zu einem gewissen Anteil an der Gesamtarbeitszeit. Ihnen schwebt wöchentlich eine Mischform zwischen Homeoffice und Arbeit vor Ort im Unternehmen vor. Denkbar sei auch der wöchentliche Wechsel innerhalb eines Teams zwischen Homeoffice und Arbeit im Unternehmen, so wie es teilweise bereits vor Corona der Fall war. 58 Prozent der von der Arbeitskammer-Untersuchung befragten Interessenvertreter äußerten dabei als Idealvorstellung eine ein- bis zweitägige Arbeitszeit pro Woche im Homeoffice. 37,5 Prozent können sich drei bis vier Tage Arbeiten daheim vorstellen. In der übrigen Zeit mache eine Präsenz vor Ort im Unternehmen Sinn. Nur 2,7 Prozent der Befragten bevorzugen ein ausschließliches Arbeiten im Homeoffice.
Generell wird nach den Erkenntnissen der Arbeitskammer die Möglichkeit des Homeoffice als zusätzliche Arbeitsform von den saarländischen Beschäftigten begrüßt. Das Ganze müsse jedoch in einem vernünftigen Verhältnis mit der Arbeitszeit im Unternehmen stehen.
Holger Meuler, Gewerkschaftssekretär von Verdi, verwies darauf, dass auch die Art des Arbeitsplatzes eine Rolle spielt. Wer etwa gewöhnlich im Großraumbüro arbeitet, wünsche sich häufig eine Rückkehr dorthin nicht. Wichtig sei vor allem, dass man nach dem Ende der Pandemie verbindliche gesetzliche Regeln zum künftigen Umgang mit Homeoffice schafft, damit Mindeststandards für alle gewährleistet sind und möglichst auch die gleichen Arbeitsbedingungen gelten. Bis hin zu der Frage, wie künftig die Erfassung der Arbeitszeit geregelt werden soll. Den meisten Beschäftigten im Homeoffice werde derzeit Vertrauensarbeitszeit gewährt. Es gebe aber nach wie vor auch Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten ständig kontrollieren wollen.
Sebastian Thul (SPD), Staatssekretär im Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, sagte, dass es deutlich einfacher sei, den Umgang mit Homeoffice in solchen Unternehmen zu regeln, in denen es Interessenvertreter der Arbeitnehmer gibt. In solchen Fällen werde meist in beiderseitigem Interesse eine Regelung mit dem jeweiligen Arbeitgeber gefunden. Die „Task Force Corona“im Ministerium sei inzwischen in 127 saarländischen Unternehmen aktiv geworden. Dabei gehe es nicht vorrangig darum diese Betriebe zu kontrollieren oder gar zu gängeln. Es sei vielmehr das Ziel, die Unternehmen darin zu beraten wie sie Homeoffice am besten umsetzen können.