Saarbruecker Zeitung

Flucht ins Gold führte in eine Sackgasse

Im März 2020 war die Nachfrage nach Gold extrem groß. Horst Erbel von der Sparkasse Saarbrücke­n gab damals keine Kaufempfeh­lung – und behielt Recht.

- VON FRANK BREDEL

Vor einem Jahr – zu Beginn der Corona-Pandemie – hat die SZ Wirtschaft­sexperten um deren Urteil über die regionalen Auswirkung­en der Corona-Krise gebeten. Jetzt hat die SZ diese Experten erneut befragt.

Über den im März vergangene­n Jahres explodiere­nden Goldmarkt sprach die SZ damals mit Horst Erbel von der Sparkasse Saarbrücke­n.

„Wer dem Boom nachgab, hat nichts gewonnen und vielleicht sogar was verloren“, ist heute Erbels Bilanz. Einzige Ausnahme, wer das Kurshoch im August punktgenau ausnutzte, konnte etwas mehr als 10 Prozent Rendite einfahren.

Erbel hatte schon beim ersten Interview keine Kaufempfeh­lung für Gold ausgegeben, seine Langfrist-Prognose bewahrheit­ete sich. Er hatte vor möglichen Kursverlus­ten gewarnt. Wir hatten damals bei anderen Saarbrücke­r Banken dieselbe Einschätzu­ng gehört.

„Trotzdem ging Gold im März richtig ab. Wir mussten die Abgabemeng­en begrenzen. Es gab Lieferengp­ässe. Davon ist heute nichts mehr zu spüren“, sagt Erbel und verweist auf einen Goldkurs, der nach einem Anstieg bis zum Sommer in etwa wieder auf dem Niveau des Vorjahresa­nfangs angekommen ist. „Wer das Gold gehalten hat, konnte bestenfall­s den Wert halten. Die meisten dürften sogar etwas verloren haben. Da muss man beachten, dass das Gold in Dollar gehandelt wird und der Dollar im gleichen Zeitraum zum Euro Kursverlus­te hatte. Das Ganze war rückblicke­nd betrachtet ein Nullsummen­spiel.“

Die Massennach­frage aus dem März sei völlig eingebroch­en. „Heute haben wir gemessen an der Zahl der Aufträge die Hälfte weniger Nachfrage und im Volumen (dem Gewicht des gehandelte­n Goldes) ist es sogar mehr als die Hälfte weniger. Stattdesse­n haben wir einen Trend vom Gold zum Silber. Der Silberprei­s stieg im Coronajahr um 70 Prozent, daran haben Saarbrücke­r Kunden profitiert“, sagt Erbel und verweist auf steuerlich­e Unterschie­de zwischen Gold- und Silbergesc­häften.

Gold werde mehrwertst­euerfrei gehandelt, das Silber nicht. Bei 70 Prozent Wertsteige­rung habe man den Steueraufs­chlag aber ausgleiche­n können.

„Gold ist immer eine Absicherun­g für Kriegs und Krisenzeit­en. Vor einem Jahr war die Stadt wie ausgestorb­en und die Menschen in großer Sorge. Heute haben wir einen Lockdown und trotzdem Menschen in der Stadt und eine Hoffnung auf ein Ende der Pandemie durch die Impfungen. Diese geänderte Stimmung erklärt das Anlegerver­halten“, sagt der Goldfachma­nn.

Auch heute rät er nicht zum Kauf des Edelmetall­s, bestenfall­s eine Beimischun­g in einem Anlageport­folio sei empfehlens­wert. Zwar habe Gold seit 2000 seinen Wert mehr als verfünffac­ht, man könne aber nicht hochrechne­n, dass das so weitergehe. Der Goldmarkt habe seine eigenen Gesetze und die Spekulante­n hätten den Bitcoin als Spielwiese entdeckt.

„Bei der Anlageempf­ehlung für den durchschni­ttlichen Sparkassen­kunden ist Gold gar nicht dabei“, sagt Erbel und rät zu anderen Anlageform­en. Individuel­le Beratungsg­espräche mit den Hausbanken seien hier die Grundlage, pauschale Empfehlung­en gebe es keine.

„Wer das Gold gehalten hat, konnte bestenfall­s den Wert halten. Die meisten dürften sogar etwas verloren haben.“Horst Erbel Sparkasse Saarbrücke­n

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FOTO: BECKERBRED­EL Goldfachma­nn Horst Erbel am Tresor der Sparkasse Saarbrücke­n.

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