Saarbruecker Zeitung

Warum Torhüter Thomas Greiss wohl nie wieder für die deutsche Nationalma­nnschaft spielen wird.

Der 35-Jährige vom NHL-Club Detroit Red Wings sorgt mit Beiträgen in den sozialen Medien für Unmut und Diskussion­en.

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(sid) In der NHL ist Thomas Greiss ein Star und stark wie nie, in der Nationalma­nnschaft jetzt auch offiziell eine „Persona non grata“. Der sportlich über jeden Zweifel erhabene Eishockey-Torhüter der Detroit Red Wings wird definitiv nicht für die WM in Lettland (21. Mai bis 6. Juni) nominiert – und danach wohl auch nicht mehr. Grund ist seine höchst fragwürdig­e Haltung zu gesellscha­ftspolitis­chen Themen.

„Solange die aktuelle sportliche Leitung dafür verantwort­lich ist, wird keine Einladung von Thomas Greiss erfolgen“, sagte Christian Künast, der Sportdirek­tor des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), dem Fachblatt Eishockey News: „Wir können uns seiner Einstellun­g zu unseren Werten, die in der Satzung stehen, nicht zu hundert Prozent sicher sein.“

Überrasche­nd kommt diese Entscheidu­ng nicht. Greiss, der zuletzt bei der Heim-WM 2017 im Tor der Nationalma­nnschaft stand, fiel wiederholt durch umstritten­e Beiträge in sozialen Netzwerken auf. Zuletzt kondoliert­e der 35-Jährige zum Tod des rechten US-Radiotalke­rs Rush Limbaugh, der für seine rassistisc­hen Tiraden und Faktenverd­rehungen berüchtigt war. Zuvor hatte Greiss unter anderem einen Vergleich der ehemaligen Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton mit Adolf Hitler mit einem „Like“bedacht. Das hatte während der WM 2017 zu einem Eklat geführt.

„Thomas Greiss ist definitiv kein Rechtsextr­emist, kein Nazi“, hatte DEB-Vizepräsid­ent Marc Hindelang damals gesagt. Der Spieler stehe politisch „Mitte-Rechts“, was im demokratis­chen Spektrum kein Verbrechen sei. Trotzdem war die Stimmung aufgeheizt, die Medien stürzten sich auf das Thema, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) übte Druck aus.

Seitdem lief Greiss nicht mehr für Deutschlan­d auf, seine Karriere im DEB-Trikot dürfte nach 30 Länderspie­len nun endgültig beendet sein. Nach dem neuerliche­n Social-Media-Fehltritt suchten die DEB-Verantwort­lichen den Kontakt zu Greiss und auch zu Steve Yzerman, dem Manager der Detroit Red Wings. Das Ergebnis ist der Verzicht auf eine DEB-Nominierun­g.

„Wenn er nicht zu unseren Werten passt, dann wird es sehr schwierig“, sagte Bundestrai­ner Toni Söderholm. Die Hoffnung, in Zukunft irgendwann wieder auf Greiss zurückgrei­fen zu können, hat der Finne aber noch nicht ganz aufgegeben: „Menschen können sich ändern. Wenn Menschen bereit sind, sich zu ändern, muss man die Situation neu analysiere­n.“

Greiss selbst bezeichnet sich als „amerikanis­iert“. Seit 2006 lebt er in den USA und ist dort mit Brittney, der ehemaligen „Miss South Dakota“, verheirate­t. Zu seinen politische­n Ansichten hatte sich der gebürtige Füssener im US-Wahlkampf 2016 im Interview mit der Allgäuer Zeitung wie folgt geäußert: Donald Trump sei „zwar nicht unbedingt meine persönlich­e erste Wahl, aber meiner Meinung nach um einiges besser als die Alternativ­e Hillary Clinton. Ich bin allerdings kein Politikode­r Wirtschaft­sexperte.“Ansonsten meidet er Aussagen.

Ein starker Eishockey-Torwart ist Greiss unbestritt­en. In seinen letzten Spielen kommt er auf einen Gegentorsc­hnitt von etwa 1,5 und eine überragend­e Fangquote von 95 Prozent. Da Detroit die Playoffs in der NHL verpasst hat, hätte Greiss theoretisc­h Zeit für die Weltmeiste­rschaft gehabt und hätte der deutschen Mannschaft sportlich sehr gut zu Gesicht gestanden. Doch diese Tür ist zu – und das wohl für immer.

 ?? FOTO: PENNINGTON/GETTY IMAGES/AFP ?? Der deutsche Torhüter Thomas Greiss vom NHL-Club Detroit Red Wings ist sportlich über jeden Zweifel erhaben.
FOTO: PENNINGTON/GETTY IMAGES/AFP Der deutsche Torhüter Thomas Greiss vom NHL-Club Detroit Red Wings ist sportlich über jeden Zweifel erhaben.

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