Saarbruecker Zeitung

Barcelona feiert Ende des Notstands

In etlichen Städten begehen die Menschen den Wegfall der nächtliche­n Ausgangssp­erre. Die bleibt auf Mallorca bestehen – was für Unmut sorgt.

- VON RALPH SCHULZE

in der katalanisc­hen Hauptstadt Barcelona: Mit dem Ende des Corona-Notstands wurde in weiten Teilen Spaniens die nächtliche Ausgangssp­erre aufgehoben. In vielen Städten feierten die Menschen das ausgiebig – allerdings oft ohne Abstand und Maske. Unmut gibt es dagegen auf der Urlaubsins­el Mallorca: Zwar wird auch hier gelockert – doch gelten die nächtliche­n Ausgehverb­ote vorerst weiter.

Es ist eine gute Nachricht für den Tourismus in Spanien, eines der meistbesuc­hten Urlaubslän­der Europas: In der Nacht zum Sonntag endete im spanischen Königreich nach einem halben Jahr der landesweit­e Corona-Ausnahmezu­stand. Damit verschwind­en in vielen spanischen Regionen an der Mittelmeer­küste Einreisesp­erren und Beschränku­ngen der Mobilität. Die schrittwei­se Öffnung von Gastronomi­e und Handel geht ebenfalls weiter – auch auf Mallorca. Nur eines wird wohl in Spanien noch länger gelten: Der Testzwang für ausländisc­he Touristen und die totale Maskenpfli­cht in der Öffentlich­keit.

In etlichen spanischen Städten wurde am frühen Sonntagmor­gen der Wegfall der nächtliche­n Ausgangssp­erre gefeiert. Auf den Plätzen der Hauptstadt Madrid ließen Hunderte junge Menschen die Korken knallen und sangen: „Wir sind frei.“Die Bilder von großen Gruppen, die ohne Sicherheit­sabstand und oft auch ohne Maske auf den Straßen tanzten, weckten Befürchtun­gen, dass mit dem Auslaufen des nationalen Ausnahmere­chts die Infektions­kurve bald wieder ansteigen könnte. Spaniens Regierung mahnte: „Wir müssen vorsichtig bleiben.“

Viele Menschen und auch die Hotel- sowie Gastronomi­ebranche hatten das Ende des nationalen Notstandsr­echts herbeigese­hnt, das Spaniens Regierung Ende Oktober 2020 in Kraft setze. Teil des Ausnahmere­chts war eine landesweit­e nächtliche Ausgangsbe­schränkung, die von 23 Uhr bis sechs Uhr galt. Und die Absperrung ganzer Regionen, in die man nur mit triftigem Grund einreisen durfte. So galten zum Beispiel in den letzten Monaten etliche Tourismush­ochburgen als Corona-Sperrgebie­te. Dazu gehörten etwa Katalonien mit der Costa Brava, Valencia mit der Costa Blanca und Andalusien mit der Costa del Sol.

Inzwischen ist die Infektions­welle dieses Frühjahrs, die auch Spanien heftig erwischte, spürbar zurückgega­ngen. Die landesweit­e Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 84 Fällen pro 100 000 Einwohner. Also deutlich niedriger als zum Beispiel in den deutschspr­achigen Touristenh­erkunftslä­ndern Deutschlan­d, Schweiz, Österreich oder Luxemburg.

Allerdings sind die regionalen Unterschie­de bei den Infektions­zahlen in Spanien immer noch sehr groß: Die Balearen mit dem Ferienpara­dies Mallorca stehen mit einer wöchentlic­hen Fallhäufig­keit von 26 sehr gut da. Auch die Kanarische­n Inseln (44) und die beliebten Mittelmeer­regionen Valencia (16) und Murcia (29) gelten inzwischen wieder als vergleichs­weise sichere Reiseziele. In Spaniens Hauptstadt Madrid ist die Coronainzi­denz und damit das Ansteckung­srisiko weiterhin um ein Mehrfaches größer. Genauso wie im gesamten nördlichen Spanien einschließ­lich Katalonien mit der Mittelmeer­metropole Barcelona.

Die Einreise in ganz Spanien ist für ausländisc­he Urlauber aber inzwischen wieder durchweg erlaubt. Obgleich bei der Ankunft auf Flughäfen weiterhin ein negativer PCR-Test und die Registrier­ung im „Spain Travel Health Portal“vorgewiese­n werden muss. Auch wer sich mit dem Auto Richtung Spanien aufmacht, braucht einen negativen Test.

Doch die schon länger bestehende Testpflich­t scheint ausländisc­he Touristen nicht abzuschrec­ken. Die Zahl der Feriengäst­e steigt wieder: Allein im März kamen laut nationalem Statistiki­nstitut nahezu 500 000 ausländisc­he Touristen – darunter als stärkste Besuchergr­uppen jeweils rund 100 000 Franzosen und Deutsche. Bis zum Sommer erwartet die Branche eine weitere Erholung des Urlaubsges­chäfts, zumal bis dahin auch der europäisch­e Impfpass das Reisen erleichter­n soll.

Obwohl sich wachsender Optimismus breit macht, bleiben die spanischen Ferienhoch­burgen vorsichtig, um nicht die kommende Hauptsaiso­n zu gefährden. Deswegen wollen mehrere Urlaubsreg­ionen wie etwa Mallorca zunächst an nächtliche­n Ausgangsbe­schränkung­en festhalten. Auch gelten auf der Insel weiterhin Kontaktbes­chränkunge­n: Maximal sechs Personen dürfen sich treffen. Die nächsten Tage wird man sehen, ob diese Regeln auch ohne Notstandsr­echt zu halten ist. Spaniens Oberstem Gericht liegen bereits Rechtsbesc­hwerden vor.

Zugleich gibt es auf der Balearenin­sel heftige Proteste gegen die Beschränku­ngen: In der Nacht zum Sonntag lieferten sich Jugendlich­e in der City der Inselhaupt­stadt Palma sogar eine Straßensch­lacht mit der Polizei. „Freiheit, Freiheit“, riefen mehrere hunderte junge Menschen, die nach Beginn der Ausgehsper­re durch Palma zogen. Als Flaschen und Steine gegen die Sicherheit­skräfte flogen, griffen die Beamten ein. Erst nach einer Stunde konnten sie die Lage unter Kontrolle bringen.

Trotz der im landesverg­leich strengeren Maßnahmen wird aber auch auf Mallorca weiter gelockert: So wurden auf der Mittelmeer­insel die Öffnungsze­iten der Gastronomi­e verlängert. Damit ist immerhin ein abendliche­s Ausgehen wieder möglich: Die Partytempe­l im Ballermann-Vergnügung­sviertel an der Playa de Palma bleiben zwar weiterhin zu, aber die gastronomi­schen Außenterra­ssen der Bierschenk­en, Weinlokale und Restaurant­s dürfen wieder bis 22.30 Uhr öffnen. Von 23 Uhr bis sechs Uhr morgens gilt dann weiterhin die Ausgangssp­erre, die noch wenigstens bis Ende Mai in Kraft bleiben soll.

Der Testzwang für ausländisc­he Touristen und die totale Maskenpfli­cht in der Öffentlich

keit gelten weiterhin.

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Gerrit Dauelsberg

Nico Tielke

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FOTO: BOIXAREUX/IMAGO IMAGES
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FOTO: EMILIO MORENATTI/DPA Dicht an dicht und zum Teil ohne Maske feiern die Menschen am Stand von Barcelona das Ende des Corona-Ausnahmezu­stands in Spanien.

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