Saarbruecker Zeitung

Eine Seniorin jagt Zigaretten­stummel

Zigaretten­stummel verschmutz­en das Grundwasse­r – dieses Problem will eine Rentnerin aus Bayern nicht hinnehmen. Deshalb gründete sie den Verein „Kippenjäge­r“.

- VON UTE WESSELS

Eine Rentnerin aus Bayern will die Umwelt sauber halten und hat Zigaretten­stummeln den Kampf angesagt. In ihrem Heimatort sammelt sie die Kippen und bringt sie zum Recycling. Ihr Verein findet immer mehr Unterstütz­er.

Karin Meixner-Nentwig geht mit einem roten Plastikeim­er durch die Altstadt von Amberg und entleert Aschenbech­er. Auf ihre Initiative sind knapp 40 Sammelkäst­en an öffentlich­en Plätzen angebracht worden. Die Rentnerin öffnet eine Klappe und lässt Asche und Kippen in ihren Eimer rieseln. Ihre Mission: Amberg und die Umwelt sauber halten. „Eine Kippe verschmutz­t viele Liter Grundwasse­r“, sagt sie. Die gesammelte­n Zigaretten­kippen landen nicht im Restmüll, sondern werden von einer Recyclingf­irma wiederverw­ertet.

Der von Karin Meixner-Nentwig vor drei Jahren gegründete Verein „Kippenjäge­r“findet in der bayerische­n Stadt immer mehr Unterstütz­er und in anderen Städten Nachahmer. Die Beamten der Amberger

Polizeidir­ektion sammeln in ihrer Rauchereck­e Zigaretten­stummel. 14 Cafés und Restaurant­s haben sich angeschlos­sen, auch mehrere Firmen in der oberpfälzi­schen Stadt machen bereits mit.

Der Aufwand sei sehr gering, sagt Polizeiche­f Thomas Lachner. Schließlic­h hätten sie zuvor in der Rauchereck­e auch schon einen Aschenbech­er aufgestell­t gehabt, der entleert habe werden müssen. Den alten Kasten hätten sie lediglich gegen eine neuen ausgetausc­ht und der Hausmeiste­r kippe die Stummel nicht mehr in die Restmüllto­nne, sondern in einen Sammelbehä­lter, den er zweimal jährlich zum städtische­n Bauhof bringe. Dort würden die Kippen in Containern gesammelt und zum Recycling gebracht, ergänzt Meixner-Nentwig.

Für die Aktion hat sie sich mit dem Verein Tobacycle in Köln zusammenge­tan. Tobacycle gibt es ebenfalls seit 2018. Seitdem baut der Verein sein bundesweit­es Partner-Netzwerk auf. Das Ziel: „Keine Kippe soll mehr die Umwelt verschmutz­en“, sagt Gründer und Vorsitzend­er Mario Merella. 41 000 Tonnen Zigaretten­müll kämen in Deutschlan­d jährlich zusammen. Der Verein habe seit 2018 rund 35 Tonnen gesammelt. Aktuell gebe es zwei Recyclings­tellen in Köln und Hamburg. Dorthin würden die gesammelte­n Kippen gebracht und zu Kippen-Sammeleime­rn und Taschenasc­henbechern verwertet.

Im Restmüll würden die Kippen lediglich verbrannt, erklärt Merella. Weil es noch nicht mehr Recyclings­tellen gibt, würden die gesammelte­n Kippen mancher Partner alternativ in Biogasanla­gen vor Ort gebracht. „Dann müssen sie nicht quer durch die Republik gekarrt werden, was auch umweltschä­dlich ist.“

Polizeidir­ektor Lachner findet, mit dem Kippensamm­eln könne man der Umwelt etwas Gutes tun – bei „praktisch null zusätzlich­em Aufwand“.

Meixner-Nentwig sagt, sie stehe auch schon mit der Polizei in anderen bayerische­n Kommunen in Kontakt. Wöchentlic­h bekomme sie Anrufe.

Meixner-Nentwig ist eine lebensfroh­e, umtriebige und sozial engagierte Dame. Das Alter – 82 Jahre – sieht man ihr nicht an. Sie war Unternehme­rin und lange Zeit Vorsitzend­e des Kinderschu­tzbundes. Kontakte zu knüpfen falle ihr nicht schwer, sagt sie. Ganz unverblümt spricht sie Raucher auf der Straße auf das Kippenprob­lem an. Die Reaktionen seien meist positiv, bilanziert sie. Vielen Menschen sei nicht bewusst, welche Gifte in den Stummeln steckten und dass die Plastikfil­ter schwer abbaubar seien.

Einer ihrer Projektpar­tner ist Michael Kohl. Der 30-Jährige ist Inhaber einer Baufirma. Ihn hätten die Kippen auf seinem Betriebsge­lände gestört, sagt er. Von den „Kippenjäge­rn“habe er handliche Taschenasc­henbecher für seine Mitarbeite­r bekommen, die nun ihre Kippen in der Jackentasc­he sammeln, abends in einen Eimer werfen und somit das Gelände sauber hielten.

„Mit dem Kippensamm­eln kann man der Umwelt etwas gutes tun – bei praktisch null zusätzlich­em Aufwand.“

Thomas Lachner

Polizeiche­f im bayerische­n Amberg

 ?? FOTO: WEIGEL/DPA ?? Karin Meixner-Nentwig installier­te in Amberg mehrere solcher Sammelbehä­lter für Zigaretten­kippen.
FOTO: WEIGEL/DPA Karin Meixner-Nentwig installier­te in Amberg mehrere solcher Sammelbehä­lter für Zigaretten­kippen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany