Saarbruecker Zeitung

Für mehr Rechte in der häuslichen Betreuung

Der Sozialverb­and VdK und die Arbeitskam­mer legen ein Konzept für mehr Rechtssich­erheit für Angehörige von Pflegebedü­rftigen und deren Helfer aus Osteuropa vor.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER Das Konzept unter www.vdk.de/saarland und www.arbeitskam­mer.de

Der Sozialverb­and VdK und die Arbeitskam­mer Saarland legen ein Konzept für mehr Rechtssich­erheit für Angehörige von Pflegebedü­rftigen und deren Helfer aus Osteuropa vor. Darin fordern sie auch einen Rechtsansp­ruch auf Urlaub und geregelte Arbeitszei­ten.

Sie kommen meist aus Polen oder Rumänien. Frauen, die im Saarland Pflegebedü­rftige rund um die Uhr zuhause betreuen. Der Sozialverb­and VdK im Saarland und die Arbeitskam­mer (AK) sprechen von rund 7000 Kräften, die mehr als 3000 Familien im Saarland unterstütz­en. Aber: Viele der Familien lebten „in ständiger Rechtsunsi­cherheit“und bekämen bisher für die nötigen Aufwendung­en keine Leistungen aus der Pflegevers­icherung. Betreuungs­kräfte rutschten teils in die Illegalitä­t ab, weil Verträge, Arbeitserl­aubnis oder Versicheru­ngsschutz fehlten. „Die Politik scheut sich seit Jahren, eine gesetzlich­e Lösung für diese derzeit unverzicht­bare Versorgung­ssäule für hilfebedür­ftige Menschen auf den Weg zu bringen“, kritisiere­n der VdK und die AK. Der Bundesgese­tzgeber müsse die rechtliche­n Rahmen hierfür schaffen. Die Verbände selbst haben nach eigenen Angaben ein bundesweit „einmaliges Konzept mit Lösungsvor­schlägen“erarbeitet, das sie am Dienstag vorstellte­n. „Der größte Wunsch pflegebedü­rftiger Menschen ist es, zuhause versorgt zu werden. Wir wollen eine rechtlich saubere Lösung für eine Dienstleis­tung, die mittlerwei­le tausendfac­h in Deutschlan­d praktizier­t wird“, sagt der VdK-Landesvors­itzende Armin Lang. Das Thema müsse raus der „Grauzone“, erklärt Jürgen Bender, Pflegebeau­ftragter des Saarlandes, der ebenfalls an der Ausarbeitu­ng des Konzepts beteiligt war. Mit der Initiative wolle man erreichen, dass jeder eine häusliche Betreuung in Anspruch nehmen könne – „fair, fachlich abgesicher­t und auch bezahlbar“.

In ihrem Konzept fordern sie für die Betreuungs­kräfte unter anderem einen Rechtsansp­ruch auf geregelte Arbeits- und Präsenzzei­ten, Ruhe- und Freizeiten sowie Urlaub. Weil die Kräfte in den meisten Fällen unter einem Dach mit den pflegebedü­rftigen Personen lebten, würden sich Arbeits- und Ruhezeiten oft nicht streng voneinande­r trennen lassen. „Das führt unter den derzeitige­n Regelungen zwangsläuf­ig immer wieder zu arbeitszei­trechtlich­en Verstößen“, sagt Beatrice Zeiger, AK-Geschäftsf­ührerin. Um das zu verhindern, müsse die häusliche Betreuung durch Angebote profession­eller Pflegedien­ste ergänzt werden – geregelt in einem individuel­len Versorgung­splan. Zumal Betreuungs­kräfte keine Pflegekräf­te seien, betont Zeiger. Dringend notwendig seien auch feste Qualitätss­tandards für Vermittlun­gsagenture­n, die sich um den Kontakt der osteuropäi­schen Betreuer und der Einsatzfam­ilien kümmerten, sagt Birgit Mohns-Welsch vom sozialpoli­tischen Ausschuss des VdK.

Auch feste Regeln für die Betreuungs­personen

müsse es geben: Einen „Grundstock an Fachkenntn­issen für Notfallsit­uationen in der Versorgung und ein Mindestmaß an Sprachkenn­tnissen, so dass sie sich mit den hilfebedür­ftigen Menschen angemessen verständig­en können“. Zudem passende Weiterbild­ungsangebo­te. Die Bezahlung müsse wenigstens dem gesetzlich­en Mindestloh­n entspreche­n. Kosten für Unterkunft, Verpflegun­g

und Fahrten dürften nicht abgezogen werden.

Da es für die Betreuung in häuslicher Gemeinscha­ft derzeit keinen eigenständ­igen Rechtsansp­ruch auf Leistungen im Pflegevers­icherungsr­echt gibt, sondern diese Hilfe nur anteilig aus dem Pflegegeld mitfinanzi­ert werden kann, sei sie für viele Pflegebedü­rftige beziehungs­weise deren Angehörige nicht finanzierb­ar. Mohns-Welsch spricht von rund 2500 Euro monatlich für eine gut organisier­te Betreuung. Davon werde nur ein Bruchteil übernommen. Daher fordern VdK und Arbeitskam­mer hierfür „schnellste­ns einen Mit-Finanzieru­ngsanspruc­h als Pflegesach­leistung im Pflegevers­icherungsr­echt“.

Die saarländis­che Landesregi­erung „muss umgehend über den Bundesrat die Initiative ergreifen, um auf Bundeseben­e rechtsverb­indliche Regelungen herbeizufü­hren“, fordern der Vorstandsv­orsitzende der Arbeitskam­mer des Saarlandes, Jörg Caspar, VdK-Landeschef Armin Lang. Ebenso müssten die Pflegekass­en und Sozialhilf­eträger in die Pflicht genommen werden. Mit dem Konzept des VdK und der AK hätte das Saarland „eine einmalige Chance, Geschichte zu schreiben und bundesweit eine Vorreiterr­olle einzunehme­n“, sagt Lang.

7000 Betreuungs­kräfte aus Osteuropa arbeiten im Saarland.

Quelle:

VdK und Arbeitskam­mer Saarland

 ?? FOTO: PATRICK PLEUL/DPA ?? Betreuungs­kräfte sollen einen Rechtsansp­ruch auf geregelte Arbeitszei­ten, Freizeit und Urlaub bekommen.
FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Betreuungs­kräfte sollen einen Rechtsansp­ruch auf geregelte Arbeitszei­ten, Freizeit und Urlaub bekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany