„Letzte Generation“ruft zu Protestmarsch auf
An diesem Donnerstag ist eine „ friedliche, familienfreundliche“Demonstration in Saarbrücken geplant, doch die „ Letzte Generation“hat auch im Saarland noch viel mehr vor.
Mit Razzien in sieben Bundesländern ist die Staatsmacht vergangene Woche gegen 15 Mitglieder der sogenannten Letzten Generation vorgegangen. Auch die Website der radikalen Klimaschützer wurde zeitweise gesperrt, außerdem Bankkonten eingefroren. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise
Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Im Extremfall drohen dafür bis zu fünf Jahre Gefängnis.
Obwohl es im Saarland keine Razzia gab und die Aktivisten hierzulande bislang kaum in Erscheinung getreten sind, formiert sich nun erheblicher Protest gegen das Vorgehen der Behörden. Die Saarland-Gruppe der „Letzten Generation“ruft für diesen Donnerstag zu einer „solidarischen Demonstration gegen die Kriminalisierung von Klimaschützer:innen“auf. Los geht es um 17 Uhr auf dem Saarbrücker Landwehrplatz, von dort aus ist eine „friedliche, familienfreundliche und barrierefreie Laufdemo“durch die Innenstadt geplant. Konkret geht es am Staatstheater vorbei auf die andere Saarseite und über die Wilhelm-Heinrich-Brücke dann wieder zurück zum Rathaus und zum Landwehrplatz.
Wie viele Leute kommen, könne sie schwer abschätzen, sagt Lisa, eine der Sprecherinnen der „Letzten Generation“im Saarland. Ihren Nachnamen will Lisa nicht in der Zeitung lesen. Dass viele Menschen kommen sollten, daran lässt die 36-Jährige keine Zweifel: „Klimaschutz ist kein Verbrechen. Es ist ein Armutszeugnis, dass der Paragraf 129 Bildung krimineller Vereinigungen auf Menschen angewendet wird, die sich zu Demokratie und Rechtsstaat bekennen und mit Name und Gesicht zu allem stehen, was sie tun. Dass man diese Menschen derart kriminalisiert, ist ein Skandal.“Und: „Wir von der „Letzten Generation“machen mit zivilem Ungehorsam gewaltfrei auf großes Unrecht aufmerksam, das täglich durch unsere Bundesregierung verübt wird. Uns in die Ecke von Menschenhändlern und Mafia zu stellen, ist völlig bekloppt.“
Mit dem Bekloppt-Vergleich nimmt Lisa Bezug auf eine Aussage des Bundeskanzlers. Olaf Scholz (SPD) hatte jüngst über die Aktionen der Klimaaktivisten gesagt: „Ich finde das völlig bekloppt, sich irgendwie an ein Bild festzukleben oder auf der Straße.“Lisa dagegen findet: „Es ist einfach an der Zeit, dass sich jeder die Frage stellt, wie kann ich Verantwortung übernehmen und das tun, was in meinen Möglichkeiten liegt, um gegen die drohenden Katastrophen anzukämpfen.“Sie störe die Darstellung in Teilen der Medien,
„Wir würden aufhören mit unseren Aktionen, wenn es tatsächlich einen Plan gäbe, wie wir die Klimaziele erreichen. Lisa Sprecherin der Letzten Generation im Saarland
„die dazu beiträgt, die Empörung über unsere Aktionen zu schüren“. Natürlich sei es „nicht angenehm, was wir machen“, aber: „Der Protest muss störend sein, muss den Alltag unterbrechen, weil wir die Politik zum Handeln bringen müssen, die ihre Verantwortung nicht wahrnimmt.“Bislang hält man sich hierzulande noch zurück, nur einmal hatten die Aktivisten Ende Februar kurzzeitig den Autoverkehr an der A 620-Abfahrt Malstatter Brücke in Saarbrücken blockiert.
Wie genau der Protest im Saarland künftig ablaufen soll, daraus macht die „Letzte Generation“ein Geheimnis. „Es ist nicht so, dass wir jetzt nur noch Demos im Saarland machen. Es wird schon auch wieder zivilen Ungehorsam geben“, erklärt
Lisa. Dieser Ungehorsam solle möglichst so gestaltet werden, dass sich viele Menschen beteiligen könnten. Klingt eher nach Protestmarsch als nach Straßenblockade. Auf die Frage, ob sie sich bald irgendwo im Saarland festkleben werden, antwortet Lisa: „Kann sein, muss aber nicht.“Und zur Frage, ob sie darüber nachdenken, den Verkehrsknoten Ludwigskreisel in Saarbrücken lahmzulegen, meint Lisa: „Kein Kommentar. Grundsätzlich ist wohl klar, dass unsere Aktionen nicht angekündigt werden.“
Nach Worten der Aktivistin besteht die Saarland-Gruppe der „Letzten Generation“aus im Kern rund 15 Leuten im Alter zwischen 19 und Ende 60. Darunter seien Musiker, Psychologinnen, Naturwissenschaft
ler, Studenten. „Wir werden nicht von irgendwem finanziert, sondern machen das alles ehrenamtlich in unserer Freizeit“, sagt Lisa. Unter anderem halten sie Vorträge über „die Klimakatastrophe und die Idee des zivilen Ungehorsams“. Zudem versuche man sich zu vernetzen mit anderen gesellschaftlichen Akteuren, die ähnliche Werte vertreten. „Grundsätzlich spricht die ‚Letzte Generation‘ mit jedem, mit Kirchen ebenso wie mit Gewerkschaften. Im Moment sind wir dafür im Saarland aber noch nicht breit genug aufgestellt.“
Die Demonstration am Donnerstag werde von den hiesigen Gruppen von „Fridays for Future“oder den „Omas gegen Rechts“unterstützt. Aufgefordert, sich dem Protest gegen die „staatlich angeordnete Kriminalisierung von Klimaschützern“anzuschließen, seien grundsätzlich alle demokratischen Gruppen und Bürger. Die „Letzte Generation“hält die stattgefundene Großrazzia für eine „politisch motivierte Aktion“, die dazu diene, „friedliche Aktivisten einzuschüchtern und den Widerstand gegen das Weiter so der Bundesregierung zu behindern“.
Dass die „Letzte Generation“den Alltag in Deutschland noch lange stören wird, scheint sicher. Lisa sagt: „Wir würden aufhören mit unseren Aktionen, wenn es tatsächlich einen Plan gäbe, wie wir die Klimaziele erreichen. Aber es werden derzeit nicht einmal einfachste Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit umgesetzt.“