Der Minister und sein verschwiegener Krankenhausaufenthalt
Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat vergangene Woche auf der Intensivstation gelegen. Von seinem ernsten Zustand aber war erst nach Tagen zu erfahren.
WASHINGTON Der bisher tadellose Pentagon-Chef Lloyd Austin hat einiges zu erklären. Und könnte über das Verschweigen eines mehrtägigen Krankenhausaufenthalts nach Ansicht von Analysten seinen Job an der Spitze der 1,4 Millionen USStreitkräfte verlieren.
Austin hatte sich am Neujahrstag zu einem Eingriff ins „Walter Reed“Militärkrankenhaus begeben. Wie Politico und andere US-Medien berichten, informierte der notorisch private Vier-Sterne-General weder das Pentagon noch das Weiße Haus darüber.
Wegen Komplikationen landete der 70-jährige Minister vergangenen Montag auf der Intensivstation. Andere Mitglieder des für die nationale Sicherheit der USA zuständigen Teams in der Regierung, einschließlich seiner Stellvertreterin Kathleen
Hicks, erfuhren erst am Donnerstag von dem ernsten Zustand Austins. Erst zu diesem Zeitpunkt informierte das Pentagon auch den Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan und Präsident Joe Biden.
Während der Präsident der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte ist, hat der Pentagon-Chef die Aufgabe, die täglichen Entscheidungen über militärische Einsätze zu treffen. Auch für den Luftschlag vom vergangenen Donnerstag auf ein Ziel in der irakischen Hauptstadt Bagdad, bei dem die Amerikaner den Führer einer von Iran unterstützten Miliz töteten. Dem Vernehmen nach hatte Austin bereits vorher den Angriff genehmigt.
Seine Stellvertreterin Kathleen
Hicks war zu dem Zeitpunkt im Urlaub auf Puerto Rico. Das Pentagon kontaktierte sie am Donnerstag. Sie habe die Aufgaben Austins „vorübergehend“übernommen und ein paar „Routineentscheidungen“getroffen, erklärte Pentagon-Sprecher Generalmajor Patrick Ryder am Freitag, als er erstmals die Öffentlichkeit über den Krankenhausaufenthalt des Verteidigungsministers informierte.
Obwohl Austin im „Walter Reed Medical Center“in Bethesda verblieb, übernahm er seine offiziellen Aufgaben wieder am Freitagabend. Warum das Pentagon die zuständigen Ausschüsse im Kongress erst 15 Minuten vor der Öffentlichkeit über den Zustand Austins informierte, gehört zu den vielen offenen Fragen.
Der ranghöchste Republikaner im Verteidigungsausschuss des USSenats, Roger Wicker, kündigte ein Nachspiel an. „Dass wir nichts von alldem erfuhren, setzt die Regierung auf die Anklagebank, die sich der Aufsicht des Kongresses in Fragen der nationalen Sicherheit entzieht“. Sein Kollege Tom Cotton sagt, es sei inakzeptabel, dass das Hauptverbindungsglied zwischen dem Präsidenten und den Streitkräften gefehlt hat. „Wenn dieser Bericht stimmt, muss dieses schockierende Versagen Konsequenzen haben.“
Austin räumte in einer Erklärung vom Wochenende ein, Fehler gemacht zu haben. Er hätte gewiss einen besseren Job machen können, „die Öffentlichkeit angemessen zu informieren“. Der Verteidigungsminister versprach, „es künftig besser zu machen“. Doch er bleibt dabei, dass aus seiner Sicht keine Notwendigkeit bestand, andere wissen zu lassen, weshalb er sich im Krankenhaus aufhielt. „Das war mein medizinischer Eingriff.“
Die in der „Pentagon Press Association“zusammengeschlossenen Reporter widersprechen dieser Einschätzung. „Als oberster Verteidigungschef hat Minister Austin in dieser Situation keinen Anspruch auf eine Privatsphäre.“
Präsident Biden hat sich bisher nicht zu den Vorgängen geäußert.