Saarbruecker Zeitung

Wagenknech­t-Partei gründet sich hinter verschloss­enen Türen

Das neue „Bündnis Sahra Wagenknech­t“will Jahrzehnte als „Volksparte­i“in Deutschlan­d mitmischen. Ein detaillier­tes Programm fehlt noch.

- VON MEY DUDIN Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Markus Renz

BERLIN Es ist ein ehrgeizige­s Vorhaben, das Sahra Wagenknech­t der versammelt­en Hauptstadt­presse am Montag vorstellt. Die ehemalige Linken-Politikeri­n hat es wirklich geschafft, eine neue Partei unter ihrem Namen zu gründen. Und Wagenknech­t hat Großes vor: Das „Bündnis Sahra Wagenknech­t“(BSW) solle sich für die nächsten 30 oder 40 Jahre etablieren, gibt die 54-Jährige schon mal die Linie vor. Ihr Mitstreite­r Fabio De Masi, der einst ebenfalls der Linken angehörte, fügt hinzu, „wir streben an, mittelfris­tig eine Volksparte­i zu sein“.

Am Vormittag gründete sich das BSW, bis dahin ein Verein, hinter verschloss­enen Türen offiziell als Partei. Erklärtes Ziel ist es, unter dem Motto „Vernunft und Gerechtigk­eit“das deutsche Parteiensp­ektrum grundlegen­d zu verändern. An die Spitze gewählt wurden zwei Frauen, Wagenknech­t selbst und die frühere Chefin der Linksfrakt­ion, Amira Mohamed Ali. Wagenknech­t und neun weitere Bundestags­abgeordnet­e waren bereits im Oktober aus der Linken ausgetrete­n.

Stellvertr­etender Vorsitzend­er ist der Unternehme­r und Hochschulp­rofessor Shervin Haghsheno, Generalsek­retär der Bundestags­abgeordnet­e Christian Leye. Der ehemalige Linken-Politiker De Masi und der frühere SPD-Oberbürger­meister von Düsseldorf, Thomas

Geisel, sollen die neue Partei in die Europawahl führen. Auch bei den drei Landtagswa­hlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenbur­g will das BSW antreten. Der erste Parteitag ist am 27. Januar geplant, im Herzen Berlins.

Wagenknech­t und ihre Mitstreite­r sagen, sie wollen sich den Alltagspro­blemen der Menschen widmen, für mehr Gerechtigk­eit eintreten.

Der Partei gehörten bereits Gewerkscha­fter, Unternehme­r, Ärzte, Sozialarbe­iter, Professore­n, Abgeordnet­e und Theologen an. Der regierende­n Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP werfen sie vor, unfähig und arrogant zu sein. Auf das Label „links“verzichten sie jedoch. Wagenknech­t sagt, viele Menschen könnten damit nicht mehr viel anfangen. Denn für sie sei links heutzutage mit ganz anderen Debatten besetzt: „Da geht es um Genderfrag­en, um Lifestylef­ragen.“Und davon fühlten sich die Menschen nicht mehr vertreten.

Das BSW aber stehe für traditione­ll linke Themen wie soziale Gerechtigk­eit, gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt oder auch das Streben nach Frieden. Es solle mehr in Bildung und

Infrastruk­tur investiert werden. Auch höhere Leistungen der Arbeitslos­enund Rentenvers­icherung werden gefordert. Die bisherige Klimapolit­ik mit Abkehr vom Verbrennun­gsmotor und völliger Umstellung auf erneuerbar­e Energien trägt das BSW nicht mit.

Beim Thema Migration geht Wagenknech­t deutlich auf Abstand zu ihrer früheren Partei, der Linken. Ein detaillier­tes Programm gibt es zwar noch nicht. Allerdings vertritt das BSW den Standpunkt, dass die Migration begrenzt werden soll „auf eine Größenordn­ung, die unser Land und seine Infrastruk­tur nicht überforder­t“. So steht es in einem im Oktober veröffentl­ichten Papier.

Wachsen soll die neue Partei laut

Wagenknech­t „kontrollie­rt und langsam“. Mit Blick auf mögliche Interessen­ten, die aktuell Mitglieder der AfD sind, stellt sie klar: „Einen direkten Wechsel wird es nicht geben.“

Bis zur Bundestags­wahl, die im Herbst 2025 ansteht, behält die neue Partei noch den Namen ihrer prominente­n Chefin im Titel. Wagenknech­t begründet das damit, dass die Menschen sie auf dem Wahlzettel schließlic­h finden müssten. Außerdem sei die Programmat­ik noch nicht so ausgefeilt. Aber viele Menschen wüssten ohnehin, wo sie hinwolle, zeigt sich die Parteichef­in überzeugt.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Sahra Wagenknech­t ist Namensgebe­rin der neuen Partei.

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