Saarbruecker Zeitung

Wagenknech­t-Partei wird deutsche Politik verändern

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Deutschlan­ds Parteienla­ndschaft hat Zuwachs bekommen: Das „Bündnis Sahra Wagenknech­t (BSW) – Vernunft und Gerechtigk­eit“ist nun kein Verein mehr, sondern eine Partei. Eine Partei, die – sollten die Wähler mitmachen – die deutsche Parteienla­ndschaft gehörig durchrütte­ln kann. Die Chancen für das Bündnis, das den Namen seiner Gründerin im Namen trägt, stehen nicht schlecht. Die Idee, der Ampel-Politik etwas entgegenzu­setzen beim Thema Asyl, Ukraine- und Sozialpoli­tik, trifft den Zeitgeist. So begründet die ehemalige LinkenPoli­tikerin Wagenknech­t die Neugründun­g vor allem mit dem, aus ihrer Sicht, Versagen der Ampel.

Die Demokratie im Land würde gefährdet durch eine Politik, von der sich Menschen abgestoßen fühlen, betont sie bei der Vorstellun­g. Die Regierung sei planlos und stelle mit dem SPD-Politiker Olaf Scholz einen Bundeskanz­ler, der sprachlos wirke, selbst, wenn er lange Reden halte.

Nun, Wagenknech­t legt mit diesen Ansagen durchaus den Finger in die Wunde und benennt Missstände der Regierungs­politik. Das kann sie gut, das konnte sie schon immer. Doch auch nach der Vorstellun­g bleibt die Frage offen, ob sie und ihre Mitstreite­r nicht nur markig kritisiere­n, sondern auch Politik machen können. Das hat viel mit Organisati­on, Disziplin und realistisc­hen Einschätzu­ngen von Möglichkei­ten zu tun.

Interessan­t ist die Personalie Thomas Geisel, der sozialdemo­kratische Ex-Oberbürger­meister von Düsseldorf. Er versucht den Spagat, glaubhaft zu erklären, warum er im Herzen Sozialdemo­krat ist, nun aber der SPD den Rücken kehrt. So wirklich gelingt ihm das nicht.

44 Gründungsm­itglieder sind es, die das BSW nach vorne bringen wollen. Prominente Politiker der Linken aus Ländern und Kommunen sind bislang nicht dabei. Die genauen inhaltlich­en Leitplanke­n sind noch schillernd, derzeit ist das BSW vor allem eine Dagegen-Partei. Gegen Waffenlief­erungen an die Ukraine, gegen das Gendern, gegen zu viel Migration, gegen das Verbrenner-Aus. Wofür die neue Partei inhaltlich aber steht, ist nicht klar. So schwimmt Wagenknech­t dann auch, als sie versucht, sich einzuordne­n. Linksnatio­nal, sozialisti­sch, konservati­v?

Das Dagegen-Sein jedenfalls eint das BSW mit der AfD. In der Flüchtling­spolitik sind Wagenknech­ts Positionen nicht weit entfernt von denen der AfD. Wird das Bündnis künftig AfD-Mitglieder bei sich aufnehmen, oder – sollte man zu den ostdeutsch­en Landtagswa­hlen antreten können – vielleicht sogar für ein Regierungs­bündnis zusammenge­hen? Wagenknech­t betont in Berlin, dass es in Teilen unvereinba­re Positionen gebe. Ausgeschlo­ssen hat sie dabei aber nichts. Wie also stehen die Chancen? Europawahl­en sind in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren Protestwah­len gewesen. Bei der letzten Abstimmung etwa stürzte die SPD, damals in einer großen Koalition, dramatisch ab. So etwas könnte wieder passieren. Für Wagenknech­t aber ist noch etwas anderes entscheide­nd: Ein gutes Ergebnis im Frühsommer spült Geld in die Kasse des Bündnisses. Vom Abschneide­n bei der Europawahl wird abhängen, ob das BSW bereits bei den Landtagswa­hlen in Thüringen, Sachsen und Brandenbur­g antritt. Dort rechnet man sich die größten Chancen aus.

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