Der große Protest-Tag der Bauern
Die saarländischen Landwirte haben am Montag landesweit gegen Kürzungen protestiert. Nach einer Sternfahrt gab es eine Kundgebung auf dem Schlossplatz in Saarbrücken – einigen Rednern schlug eine feindliche Stimmung entgegen.
SAARBRÜCKEN Im Klang der Trillerpfeifen, der Buhs und „Pfui“-Rufe droht Peter Hoffmanns Satz unterzugehen: „Ich möchte Euch bitten, dass Ihr der Ministerpräsidentin zuhört, so wie Ihr auch uns zugehört habt“, sagt der Präsident des Bauernverbands Saar. Anke Rehlinger (SPD) kommt auf die kleine Bühne am Saarbrücker Schloss – es ist keiner ihrer leichteren Auftritte. Zumindest aus einem Teil des Publikums auf dem gut gefüllten und eisigen Schlossplatz schlägt ihr eine feindliche Stimmung entgegen. Es ist die Schlusskundgebung des großen Protesttags der saarländischen Landwirte. Aus drei Richtungen waren Traktoren und Lkw am Montagmorgen nach Saarbrücken gefahren – die Polizei schätzt 1100 Fahrzeuge.
Zeitweise Blockaden unter anderem an Autobahnauffahrten im Nordsaarland hatten den Verkehr lahmgelegt –, unter anderem um Perl und St. Wendel herum. Insgesamt zieht die Polizei das Fazit: „sehr gesittet und friedlich“. Ganz so friedlich ist es auf dem Schlossplatz bei Rehlingers Rede nicht, aber sie setzt sich gegen die Buhs durch und macht die Position der Landesregierung deutlich: Die von der Bundesregierung beschlossenen Kürzungen bei den Landwirten (wir berichteten) seien „unfair, weil sie nicht planbar waren, weil sich niemand darauf einstellen konnte – eine Überforderung“. Es sei gut, dass die Ampelregierung das teilweise korrigiert habe. „Entweder der Vorschlag kommt ganz vom Tisch – oder wir reden über Alternativen, wie wir die Belastungen zurückfahren“. Das sei die Position, für die sie sich in Berlin einsetzen wolle, sagt Rehlinger – so sieht es auch Saar-Agrarministerin Petra Berg (SPD) in ihrem Grußwort. Rehlinger sagt aber auch: „Ich will nicht mit Leuten reden, die mit Galgen durch die Gegend fahren und
Umsturzfantasien betreiben“– denn das ist mit die große Frage dieser Veranstaltung: Würden rechte Gruppierungen den Protest und auch die Wut der Landwirte für sich nutzen, wie sie in sozialen Medien und Chatgruppen angekündigt hatten?
Im Vorfeld des Protesttags jedenfalls hatte der Bauernverband sich auf seiner Internetseite von Extremismus distanziert. Am Montag auf dem Schlossplatz wird Verbandspräsident Hoffmann noch deutlicher: „Wir streiten hier um die Sache, wir stehen hier für friedlichen und demokratischen Protest“, sagt er. Man distanziere sich deutlich „von Umsturzfantasien, von Aluhut-Trägern, von Reichsbürgern, von rechten radikalen Gruppen und anderen, die selbst nichts auf die Reihe bekommen und unseren Protest für ihre bekloppten Anliegen nutzen wollen“. Das gefällt nicht jedem. Als einige Männer während seiner Rede „Die Ampel muss weg!“skandieren, kommen Ordner zu ihnen und bitten sie, Ruhe zu halten.
Auf den Protestbannern an den Traktoren liest man Slogans wie „Ohne uns kein Essen“und „Zu viel ist zu viel“, bei der Demo selbst ist das Bild etwas anders – da gibt es zwar Plakate mit „Landwirtschaft dient allen“, aber auch Mottenkisten-Populismus à la „Wer ohne Ausbildung Geld verdienen möchte, dem bleibt nur die Politik“oder „Keine Zukunft mit dem Ampel-Irrsinn“. Zwei Deutschland-Fahnen werden von Männern mit streng gezogenem Scheitel geschwenkt, einige Saarland-Fahnen wehen im Wind, und vor der ersten Rede greift ein Privatmann zum mitgebrachten Megaphon, spricht nebulös von Milliarden Euro, die ins Ausland gebracht würden – „und wo bleibt
Deutschland?“. Der Auftritt ist nur kurz, ein anderer Mann spricht auf ihn ein, das Megaphon verstummt.
Laut wird es noch einmal auf der Bühne, als FDP-Mann Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, auf die Bühne kommt. „Ich verstehe Ihren Unmut“, sagt er unter vielen Pfiffen, aber gekürzt werden müsse wegen des Haushalts generell überall, auch im Saarland, wo die „Höfe kleiner und die Böden schlechter“seien als im Rest des Landes.
Nadine Schön und Markus Uhl, beide CDU und im Bundestag, fordern in ihrer Rede, die Kürzungen zurückzunehmen, während SPD-Bundestagsabgeordneter
Esra Limbacher (SPD) mahnt, man solle genau hinschauen, welche Oppositionspartei den Landwirten jetzt „nach dem Mund“rede, in der Regierungszeit aber nicht an sie gedacht habe. Auch das aktuelle Engagement der AfD für Landwirte sei wenig überzeugend, sei die Partei doch gegen Subventionen.
Zum Schluss tritt wieder SaarBauernverbandschef Peter Hoffmann ans Mikro – das Publikum hat sich in der Eiseskälte schon etwas gelichtet – und wünscht sich, dass die Landwirte nicht noch einmal so protestieren müssten – „wenn dieser Quatsch vom Tisch ist“.