Früherer Metzer Bürgermeister Jean-Marie Rausch gestorben
METZ 37 Jahre lang, von 1971 bis 2008, war Jean-Marie Rausch Bürgermeister von Metz – so lange wie kein Zweiter. Der konservative Politiker, der mit 42 Jahren als jüngster Bürgermeister einer französischen Großstadt ins Amt kam und fünf Mal bestätigt wurde, galt als Visionär und bedeutender Stadt-Erneuerer. Nach einem langen aktiven Leben ist Rausch am Freitag im Alter von 94 Jahren, nur wenige Wochen nach seiner Ehefrau Bernadette, gestorben. François Grosdidier, aktuell Bürgermeister von Metz, teilte mit: „Jean-Marie Rausch hat Metz zunächst seine Schönheit zurückgegeben, dann hat er die Stadt die Kurve ins 21 Jahrhundert nehmen lassen.“
Der 1929 in Saargemünd geborene Lothringer war von Hause aus Unternehmer. Als Sohn des Besitzers der Mühle von Frauenberg an der Blies verbrachte er dort seine Kindheit. Nach der Zerstörung der Mühle im Krieg 1944 zog die Familie nach Woippy bei Metz, um sie dort wieder aufzubauen. Bevor Rausch hauptberuflich in die Politik wechselte, führte er als studierter Müller 23 Jahre lang den familiären Betrieb.
Die Moselstadt Metz verdankt Rausch viele Impulse, die sie bis heute prägen. So setzte sich Rausch schon Anfang der 70er Jahre für eine ökologische Entwicklung der Stadt ein. Auf ihn zurück gehen etwa die Gründung des „Institut Européen d`Écologie“, das die Grundlagen für die ökologische Entwicklung lieferte, die Einrichtung des Moselstausees Plan d'Eau mit seinen Parkanlagen und eine Verdreifachung der Metzer Grünfläche.
Dazu gehört auch, dass er ab 1973 schrittweise alle Geschäftsstraßen des historischen Stadtkerns in Fußgängerzonen umwandeln ließ und nahezu alle großen, zentralen Plätze autofrei machte. Die Blechkarossen verbannte er in Parkhäuser unter die Erde. Schon in den 70ern initiierte Rausch die erste innerstädtische Shopping Mall, das Centre commercial Saint-Jacques.
Dass er bisweilen historische Bausubstanz opferte, um Metz ein modernes Antlitz zu verpassen, brachte ihm auch Kritik ein. Andererseits sorgte er dafür, dass aus einem zentralen aufgegebenen Militärgebäude mithilfe des Star-Architekten Ricardo Bofill 1989 die Konzerthalle Arsenal mit ihrer weltweit renommierten Akustik wurde.
Auch das Centre Pompidou Metz geht auf seine Weitsicht und Courage zurück. Als Paris nach einem Standort für die erste Filiale des Kunsttempels in der Provinz suchte, erkannte Rausch das Potenzial und griff im Gegensatz zu Nancy trotz hoher Kosten beherzt zu.
Auch im Bereich Wirtschaft und Wissenschaft erwarb sich der Metzer Bürgermeister Verdienste. So unterstützte Rausch die 1971 erfolgte Neugründung der Metzer Universität und machte Metz zu einer der ersten Städte, die einen Technologie- und Forschungspark, Technopôle, einrichtete. Nicht zuletzt ließ Rausch schon 1980 die ganze Stadt verkabeln, sodass Metz als eine der ersten französischen Städte Kabelfernsehen empfangen konnte, während der Rest Frankreichs sich mit drei terrestrischen Fernsehsendern begnügen musste.
Neben seiner Tätigkeit als Bürgermeister bekleidete Rausch sehr viele wichtige Ämter auf regionaler und nationaler Ebene, angefangen vom Präsident des Regionalrats Lothringen bis hin zum Senator und dreimaligen Minister, zweimal beigeordneter Minister und einmal Minister für Außenhandel, unter der Präsidentschaft Mitterrands. Als Rausch 2008 in der Stichwahl zum Bürgermeister schließlich dem Sozialdemokraten Dominique Gros unterlag, zog er sich aus allen politischen Ämtern zurück.
Seit Freitag sind die Fahnen in Metz auf Halbmast. Am Mittwoch, 10. Januar, findet in der Kathedrale der Trauergottesdienst statt.