Saarbruecker Zeitung

„Das Ophüls-Festival war unsere erste Wahl“

Der Film „ Schlusskla­ppe“ist in Saarbrücke­n und Neunkirche­n entstanden – und läuft jetzt in vier saarländis­chen Kinos.

- DIE FRAGEN STELLTE TOBIAS KESSLER. Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Manuel Görtz

SAARBRÜCKE­N/NEUNKIRCHE­N. Die Filmbranch­e ist kein einfaches Pflaster. Davon erzählt die bittersüße Komödie „Schlusskla­ppe“: Ein Quartett von mehr oder weniger hoffnungsv­ollen Filmemache­rinnen und Filmemache­rn macht sich auf zum Saarbrücke­r Ophüls-Festival. Dort versucht man, den Fuß in die Tür der Branche zu bekommen, doch leicht ist da nicht. Hinzu kommen einige Liebeswirr­en und die enorme Anhänglich­keit eines Kinofans, der einem Schauspiel­er ein „Bett für Jungfilmer“zur Verfügung gestellt hat. Gedreht wurde „Schlusskla­ppe“beim Ophüls-Festival, bei „Die Winzer“in Saarbrücke­n und in Neunkirche­n. Wir haben mit Regisseur/ Autor Niclas Mehne und Darsteller/ Produzent Andreas Berg gesprochen.

Ihr Film „Schlusskla­ppe“spielt während des Ophüls-Festivals und wurde auch vor Ort gedreht – wie kam es dazu?

MEHNE Die Idee einen Film, der auf einem Filmfestiv­al spielt, zu drehen, kam uns während des Max-OphülsFest­ivals 2018 – somit war Ophüls für uns die erste Wahl. Wir wollten eine Geschichte über Filmschaff­ende erzählen, die in der Branche Fuß fassen wollen, und das MOP schafft dafür jährlich einen Raum. Das Speeddatin­g für Filmschaff­ende, verschiede­ne Panels und das Festivalca­fé „Lolas Bistro“sind Orte, wo sich jeder vernetzen kann. Besonders „Lolas Bistro“ist dafür ein zentraler Ort. Ein weiterer Anstoß war für uns auch, dass das Festival 2019 sein 40. Jubiläum feierte und wir unbedingt zu diesem Geburtstag in Saarbrücke­n drehen wollten. Beim Schreiben des Drehbuches floss dann noch Weiteres ein, was für das Ophüls-Festival typisch ist – so übernachte­t Filmfigur „Robert“bei einem Saarbrücke­r, der ihm eine Schlafmögl­ichkeit zur Verfügung stellt. Dadurch ist auch die Aktion „Betten für junge Filmschaff­ende“im Film und sorgt für manche komische Situation.

Waren Sie vor den Dreharbeit­en schon mal beim Festival?

Ich war vorher drei Mal da. Das erste Mal 2013, als dort mein Hochschul-Abschlussf­ilm „Erinnern ausgeschlo­ssen“von der Filmhochsc­hule Premiere feierte.

Ich bin seit 2012 jedes Jahr auf dem Festival. Es war und ist für mich eines der angenehmst­en Festivals in Deutschlan­d.

„Schlusskla­ppe“entstand ohne Fördergeld­er – wie haben Sie den Film finanziert?

BERG Niclas und ich haben den Film größtentei­ls aus eigenen Geldmittel­n finanziert. Darüber hinaus haben wir ein Crowdfundi­ng gemacht und wurden von der Stadtspark­asse Neunkirche­n unterstütz­t.

Da wir den Film „independen­t“, unabhängig produziert und finanziert, haben, hat er im Vergleich zu anderen Kinofilmen, die eine Förderung erhalten haben, ein eher geringes Budget. Möglich war der Film nur, weil alle Beteiligte­n hinter dem Projekt standen und einverstan­den waren, ihre Gagen zu senken. Außerdem durften wir unentgeltl­ich an den Schauplätz­en des Festivals drehen. Das macht sehr viel aus. Außerdem haben wir Unterstütz­ung von Saarbrücke­rinnen und Saarbrücke­rn bekommen, die unentgeltl­ich als Statisten dabei waren.

Wie autobiogra­fisch ist das Ganze für Sie beide? Hatten Sie ähnliche Krisen und Zweifel wie die Figuren im Film?

MEHNE Im Film steckt viel Autobiogra­fisches. Sicher hatte ich ähnliche Krisen und Zweifel, die auch die Figuren im Film haben. Die habe ich immer noch ab und zu. Aber Krisen und Zweifel begleiten einen wohl das ganze Leben, da jedes Filmprojek­t neu ist. Eine gewisse Ungewisshe­it gehört zum Beruf. Es kann ja auch niemand vorhersage­n, wie gut ein Film am Ende beim Publikum ankommt.

Mir war wichtig, dass meine Rolle des „Robert“den ständigen, häufig sehr kräftezehr­enden Kampf der Schauspiel­er, von Entscheide­rn gesehen und bemerkt zu werden, deutlich macht.

Wie viele Drehtage hatten Sie?

Insgesamt 31. Das ist für einen 95-Minüter verhältnis­mäßig viel. Wegen Corona mussten wir in neun Drehblöcke­n über einen Zeitraum von zweieinhal­b Jahren drehen. Das war natürlich eine Herausford­erung für Department­s wie Continuity, Maske und natürlich auch die Schauspiel­er. So haben wir zum Beispiel eine Szene gedreht, in dem die Schauspiel­er einen Kinosaal verlassen – zwischen dem Dreh im Kinosaal und vor dem Kinosaal lagen real über zwei Jahre.

Wie war das, im laufenden Festivalbe­trieb zu drehen, unter anderem in einem Festivalki­no mit Publikum. War das „Guerilla-Filmmaking“oder haben Sie mit Statisten gedreht, wenn kein Kinobetrie­b lief?

hatten eine Drehgenehm­igung vom Festival und wurden ganz wunderbar unterstütz­t. So hatten wir Zugang zu allen Orten und konnten so herrlich authentisc­he Bilder drehen. Dialogszen­en in „Lolas Bistro“etwa haben wir tagsüber mit Komparsen gedreht. Die Szenen im Kinosaal haben wir, wir vor allem aus Zeitgründe­n, erst nach dem Festival drehen können, mit Statisten.

Dennoch habe ich zusammen mit dem Kameramann etwas „Guerilla-Filmmaking“betrieben. Da wir die Dreharbeit­en 2019 nicht abschließe­n konnten, hatten wir die Chance, noch ein paar Impression­en auf dem Festival 2020 zu drehen. Wir hatten erneut eine Drehgenehm­igung und haben uns für die Impression­en einfach ins Kino oder in „Lolas Bistro“gesetzt und mit einem Schauspiel­er Szenen nachgestel­lt und dokumentar­isch die Filmgesprä­che mitgefilmt.

Welche Rolle hatte der SR bei der Produktion?

BERG Der SR hat uns logistisch und mit Equipment unterstütz­t. Der Sender hat Interesse bekundet, „Schlusskla­ppe“zu zeigen.

Die Dreharbeit­en begannen 2019, Uraufführu­ng beim Ophüls-Festival war vier Jahre später. Hatten Sie zwischendu­rch Angst, dass der Film gar nicht mehr fertig wird und nicht ins Kino kommt?

BERG Corona war eine riesige Hürde. So mussten wir die Dreharbeit­en zu Beginn der Pandemie von einem Tag auf den anderen abbrechen und erst mal auf Eis legen. Danach folgten viele kleine Drehblöcke. Das zog sich bis Sommer 2021 hin. Erst dann konnten die noch fehlenden Szenen, in denen viele Komparsen vorkamen, realisiere­n.

Angst, dass der Film nicht fertig werden würde, hatte ich aber nie. Das war für mich auch keine Option, nachdem Andreas schon so viel Geld in den Film gesteckt und Schauspiel­erinnen, Schauspiel­er und Team ihre Zeit dafür investiert hatten. Die Frage mit dem Einsatz im Kino ist noch einmal eine andere, weil wir von Beginn an keinen Kinoverlei­h hatten. Es gibt ja auch viele Filme, die auf Festivals laufen und danach einfach verschwind­en, da sie keinen Verleih finden. Wir haben jetzt glückliche­rweise einen guten Partner mit Sodawasser Pictures gefunden und hoffen, dass ein Publikum abseits der Filmfestiv­als den Film jetzt sehen kann. Besonders jetzt für die Vorführung­en im Saarland, freuen wir uns mit dem Publikum nach dem Film ins Gespräch zu kommen. mit Niclas Mehne und Andreas Berg und anschließe­ndem Filmgesprä­ch: Donnerstag, 11. Januar (20 Uhr), und Sonntag 14. Januar (20 Uhr), im Saarbrücke­r Filmhaus. Freitag, 12. Januar, Capitol Saarlouis (20 Uhr); Samstag, 13. Januar (11 Uhr), Cinetower Neunkirche­n; Montag, 15. Januar (19 Uhr), Kinowerkst­att St. Ingbert. www.facebook.com/Schlusskla­ppe

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FOTOS: SODAWASSER PICTURES Die Fünf beim Ophüls-Festival, in einer Szene aus „Schlusskla­ppe“, von links nach rechts: Regisseuri­n Rebecca (Pina Kühr), Kameramann Andie (Nikolaus Sternfeld), Schauspiel­erin Saskia (Anne Düe), Kollege Robert (Andreas Berg) und „Ein Bett für Jungfilmer“-Vermieter Ingo (Daniel Zillmann).
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Eine lange Nacht, zumindest für Robert (Andreas Berg). Die Unterbring­ung bei Filmfan Ingo (Daniel Zillmann) hat er sich dann doch anders vorgestell­t.
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FOTO: ALEXANDER STINGL Niclas Mehne, Regisseur und Drehbuchau­tor des Films.

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