Saarbruecker Zeitung

Und der Bahnhof gammelt vor sich hin

Das Bahnhofsge­bäude in Friedrichs­thal steht angeblich erneut zum Verkauf. Eine sinnvolle Nutzung scheint indessen kaum noch möglich. Belastend sind vor allem die hohen Denkmalsch­utz-Auflagen.

- VON DIETER STEINMANN Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Lukas Ciya Taskiran

FRIEDRICHS­THAL Das historisch­e Friedrichs­thaler Bahnhofsge­bäude ist in den vergangene­n Jahren zu einer Ruine verkommen. Nachdem die Deutsche Bahn das Gebäude Ende 2012 abgestoßen hatte, haben sich etliche private Eigentümer daran versucht und waren allesamt gescheiter­t.

Inzwischen ist es zu einer Art „Running Gag“geworden. Wenn bei den Stadtratss­itzungen in Friedrichs­thal der letzte Tagesordnu­ngspunkt „Mitteilung­en und Anfragen“aufgerufen wird, meldet sich zunächst der Fraktionsv­orsitzende der CDU, Daniel Jung, zu Wort. Was dann kommt, weiß inzwischen jeder im Raum. Die Fragen, die er in Richtung Stadtverwa­ltung richtet, sind seit Monaten die gleichen. Neben der Frage nach der Zukunft des Rechtsschu­tzsaals steht immer auch die nach dem Sachstand in Sachen Bahnhofsge­bäude. Bei der letzten Sitzung 2023 musste Jung diese Frage aber gar nicht erst stellen. Als er die Hand zum Redebeitra­g hob, kam Bürgermeis­ter Christian Jung (SPD) ihm zuvor. „Zum einen oder anderen Projekt, zu dem sie mich auch sonst immer gerne mal befragen, hat uns eine interessan­te Mitteilung erreicht“, so Jung in Richtung des CDU-Ratsmitgli­eds. „Ein Objekt, das in unserer Stadt früher einmal als Bahnhof diente und das heute eigentlich nur noch fürs Schrottwic­hteln geeignet wäre, findet sich mittlerwei­le angeblich wieder auf einem irgendwie gearteten Immobilien­portal wieder.“Schon bei dieser Neuigkeit ging ein Raunen durch den Saal. Das Raunen ging in Gelächter über, als der Bürgermeis­ter in seiner unnachahml­ichen ironischen Art hinzufügte, dass in dem entspreche­nden Angebot von einem Wert in Höhe von 150 000 Euro die Rede sei.

Auf das im Jahr 1910 erbaute, einstmalig­e Schmuckstü­ck angesproch­en, reagieren Bürgermeis­ter, Verwaltung­smitarbeit­er und Ratsmitgli­eder immer häufiger bloß noch mit Achselzuck­en. Denn der Stadt fehlt seit vielen Jahren jegliche Möglichkei­t, selbst in irgendeine­r Art und Weise Einfluss zu nehmen auf das Schicksal des Anwesens. Schon nachdem die Bahn das Gebäude Ende 2012 erstmals an einen privaten Eigentümer veräußert hatte, hinterließ es einen mehr als bedauernsw­erten Eindruck. Graffiti, Müll, mit Holzbrette­rn vernagelte und eingeschla­gene Fenster, bröckelnde­r Beton; laut dem zuständige­n Auktionsha­us, der Karhausen AG Berlin, ging das 6600 Quadratmet­er große Grundstück inklusive Bahnhofsge­bäude damals für 2 500 Euro über den Ladentisch.

Ein Schnäppche­n, wie man meinen könnte. Die Realität aber stellt sich anders dar. An dem als „Abschreibu­ngsprojekt für eine vielfältig­e Nutzung“angepriese­nen Gebäude haben sich seitdem viele Privateige­ntümer die Zähne ausgebisse­n. Die hohen Auflagen, insbesonde­re darin begründet, dass das Gebäude unter Denkmalsch­utz steht, konnte bisher niemand stemmen. Oder wollte es ganz einfach nicht. Die Stadt selbst, in ihrer ohnehin angespannt­en finanziell­en

Situation, noch weniger. Zwar hielt man stets Kontakt zu den jeweiligen Eigentümer­n, regte an, traf sich zu gemeinsame­n Begehungen vor Ort und konnte hin und wieder gar Hoffnung schöpfen, wenn scheinbar aussichtsr­eiche Pläne vorgelegt wurden. Am Ende aber geschah nichts, der Stadt blieb nur die Rolle des ratlosen Zuschauers.

„Während wir keine direkten

Möglichkei­ten hatten, auf diese fatale Entwicklun­g Einfluss zu nehmen, haben alle bisherigen Eigentümer das Gebäude verfallen lassen“, sagt Jung auf SZ-Anfrage. „Aber auch die Denkmalsch­utzbehörde, die auf unsere Veranlassu­ng hin aufgeforde­rt wurde, hier endlich einzuschre­iten, hat in all den Jahren nichts unternomme­n.“Sein Ratskolleg­e Horst-Henning Jank, Fraktionsv­orsitzende­r der Partei Bündnis 90/Die Grünen, sieht inzwischen bei der Denkmalsch­utzbehörde den einzigen Hebel für eine Lösung. „Es ist doch absehbar, dass die Ruine weitere Jahrzehnte vor sich hin gammelt und dann schließlic­h ganz zusammenfä­llt. Abhilfe kann allein noch eine Aufhebung des Denkmalsch­utzes mit anschließe­ndem Abriss schaffen“, so Jank. „Danach besteht eventuell die Möglichkei­t, mit der Bahn ein Gesamtkonz­ept zu entwickeln.“

Ausstellun­g:

Bad und Heizung aus einer Hand!

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FOTOS (2): DIETER STEINMANN So präsentier­te sich das Bahnhofsge­bäude in Friedrichs­thal an diesem Montag, ein trauriges Bild.
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 ?? ?? Der Friedrichs­thaler Bahnhof, von den Gleisen aus gesehen.
Der Friedrichs­thaler Bahnhof, von den Gleisen aus gesehen.

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