Und der Bahnhof gammelt vor sich hin
Das Bahnhofsgebäude in Friedrichsthal steht angeblich erneut zum Verkauf. Eine sinnvolle Nutzung scheint indessen kaum noch möglich. Belastend sind vor allem die hohen Denkmalschutz-Auflagen.
FRIEDRICHSTHAL Das historische Friedrichsthaler Bahnhofsgebäude ist in den vergangenen Jahren zu einer Ruine verkommen. Nachdem die Deutsche Bahn das Gebäude Ende 2012 abgestoßen hatte, haben sich etliche private Eigentümer daran versucht und waren allesamt gescheitert.
Inzwischen ist es zu einer Art „Running Gag“geworden. Wenn bei den Stadtratssitzungen in Friedrichsthal der letzte Tagesordnungspunkt „Mitteilungen und Anfragen“aufgerufen wird, meldet sich zunächst der Fraktionsvorsitzende der CDU, Daniel Jung, zu Wort. Was dann kommt, weiß inzwischen jeder im Raum. Die Fragen, die er in Richtung Stadtverwaltung richtet, sind seit Monaten die gleichen. Neben der Frage nach der Zukunft des Rechtsschutzsaals steht immer auch die nach dem Sachstand in Sachen Bahnhofsgebäude. Bei der letzten Sitzung 2023 musste Jung diese Frage aber gar nicht erst stellen. Als er die Hand zum Redebeitrag hob, kam Bürgermeister Christian Jung (SPD) ihm zuvor. „Zum einen oder anderen Projekt, zu dem sie mich auch sonst immer gerne mal befragen, hat uns eine interessante Mitteilung erreicht“, so Jung in Richtung des CDU-Ratsmitglieds. „Ein Objekt, das in unserer Stadt früher einmal als Bahnhof diente und das heute eigentlich nur noch fürs Schrottwichteln geeignet wäre, findet sich mittlerweile angeblich wieder auf einem irgendwie gearteten Immobilienportal wieder.“Schon bei dieser Neuigkeit ging ein Raunen durch den Saal. Das Raunen ging in Gelächter über, als der Bürgermeister in seiner unnachahmlichen ironischen Art hinzufügte, dass in dem entsprechenden Angebot von einem Wert in Höhe von 150 000 Euro die Rede sei.
Auf das im Jahr 1910 erbaute, einstmalige Schmuckstück angesprochen, reagieren Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter und Ratsmitglieder immer häufiger bloß noch mit Achselzucken. Denn der Stadt fehlt seit vielen Jahren jegliche Möglichkeit, selbst in irgendeiner Art und Weise Einfluss zu nehmen auf das Schicksal des Anwesens. Schon nachdem die Bahn das Gebäude Ende 2012 erstmals an einen privaten Eigentümer veräußert hatte, hinterließ es einen mehr als bedauernswerten Eindruck. Graffiti, Müll, mit Holzbrettern vernagelte und eingeschlagene Fenster, bröckelnder Beton; laut dem zuständigen Auktionshaus, der Karhausen AG Berlin, ging das 6600 Quadratmeter große Grundstück inklusive Bahnhofsgebäude damals für 2 500 Euro über den Ladentisch.
Ein Schnäppchen, wie man meinen könnte. Die Realität aber stellt sich anders dar. An dem als „Abschreibungsprojekt für eine vielfältige Nutzung“angepriesenen Gebäude haben sich seitdem viele Privateigentümer die Zähne ausgebissen. Die hohen Auflagen, insbesondere darin begründet, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht, konnte bisher niemand stemmen. Oder wollte es ganz einfach nicht. Die Stadt selbst, in ihrer ohnehin angespannten finanziellen
Situation, noch weniger. Zwar hielt man stets Kontakt zu den jeweiligen Eigentümern, regte an, traf sich zu gemeinsamen Begehungen vor Ort und konnte hin und wieder gar Hoffnung schöpfen, wenn scheinbar aussichtsreiche Pläne vorgelegt wurden. Am Ende aber geschah nichts, der Stadt blieb nur die Rolle des ratlosen Zuschauers.
„Während wir keine direkten
Möglichkeiten hatten, auf diese fatale Entwicklung Einfluss zu nehmen, haben alle bisherigen Eigentümer das Gebäude verfallen lassen“, sagt Jung auf SZ-Anfrage. „Aber auch die Denkmalschutzbehörde, die auf unsere Veranlassung hin aufgefordert wurde, hier endlich einzuschreiten, hat in all den Jahren nichts unternommen.“Sein Ratskollege Horst-Henning Jank, Fraktionsvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen, sieht inzwischen bei der Denkmalschutzbehörde den einzigen Hebel für eine Lösung. „Es ist doch absehbar, dass die Ruine weitere Jahrzehnte vor sich hin gammelt und dann schließlich ganz zusammenfällt. Abhilfe kann allein noch eine Aufhebung des Denkmalschutzes mit anschließendem Abriss schaffen“, so Jank. „Danach besteht eventuell die Möglichkeit, mit der Bahn ein Gesamtkonzept zu entwickeln.“
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