Egoistisches Experiment geglückt, Künstlerin glücklich
So ein Konzert gibt es nicht alle Tage. Im Kino Achteinhalb wurde nicht nur mitgesungen, es wurde auch gemalt, und es ging sogar auf Traumreisen.
SAARBRÜCKEN „Das egoistische Experiment“nannte sich eine Aufführung, die von Natalia González Tobón konzipiert wurde und die sie jetzt im Kino Achteinhalb zur Aufführung brachte. Vorweg: Wirklich egoistisch war daran gar nichts. Wie die Studentin der Musikhochschule vorher ankündigte, handelte es sich um ein Mitmach-Konzert für Jung und Alt. Das „Egoistische“daran war einzig und allein, dass sie so etwas schon immer gerne mal machen wollte.
Unterstützung bekam sie dabei von ihrem Mann, dem Gitarristen Juan Pablo González Tobón. Dieser feierte neben dem Bedienen seines Instruments auch seine Premiere als Sprecher der Handpuppe Ernesto. Die war zweifelsfrei auch als Ernie aus der Sesamstraße zu identifizieren und stellte wie dieser immer wieder naive Fragen. Er sei Südamerikaner und erst vor Kurzem auf die Welt gekommen, jetzt müsse er schon Saarländisch lernen, meinte Ernesto – Juan Pablo González Tobón stammt aus Kolumbien.
Zunächst startete die Aufführung mit einer angeleiteten Traumreise. Die circa 50 Besucher brauchten dazu nicht mal unbedingt die Augen schließen, so dunkel wurde es im Kino. Natalia González Tobón erzählte die Geschichte von einem mysteriösen Haus, durch dessen Tür man in der Fantasie eintritt. Was jeder danach erlebte, spielte sich allein in dessen Vorstellungsvermögen ab. Ins Ohr bekam das Publikum dazu die schönen Gitarrenklänge von Juan Pablo González Tobón, der eine Minimal-Music Komposition von Leo Brouwer spielte.
Danach folgte der Teil mit dem Zeichnen: Dazu hatte das Ehepaar Stifte und Blöcke an die Zuschauerinnen und Zuschauer verteilt. Die Vorgabe war, den Stift einfach übers Papier tanzen zu lassen – gespielt wurden dabei von Juan Pablo González Tobón zunächst komplizierte Rhythmen, die die Stifte sicherlich so manches Mal abheben ließen. Dann ging seine Gitarre in eine folkloristische Weise über. Wenig überraschend: Obwohl die Musik für alle gleich war, sahen die Zeichnungen doch sehr unterschiedlich aus.
Zu guter Letzt durfte das Publikum einen Rhythmus mitklopfen und mitsingen. Dafür hatten sich die González Tobóns die kolumbianische Volksweise El pescador (Der Fischer) ausgesucht. Neben dem sich wiederholenden Titel des Lieds gab es noch eine einfache Gesangslinie, zu der alle mit einstimmten. Natalia González Tobón packte dazu auch ihre Querflöte aus, François Schwamborn zeigte Lichtinstallationen auf der Leinwand.
Und das war es auch schon mit der kurzweiligen und eine knappe Stunde dauernden Aufführung. Eigentlich hätte man sich das egoistische Experiment auch gut als Konzert für Kinder vorstellen können – die fehlten jedoch mit einer Ausnahme. Natalia González Tobón meinte aber hinterher, dass sie das Konzept gerne noch mal umsetzen möchte und dann auf mehr junges Publikum hofft.
Insgesamt war die aus Russland stammende Musikerin sehr froh damit, dass sie nun zum ersten Mal umsetzen konnte, was sie sich schon lange gewünscht hatte – ein interaktives Konzert mit wesentlich mehr als „nur“Musik. Davon, wie gut das Publikum mitmachte, sei sie sogar positiv überrascht gewesen.
Ermöglicht hatte die Aufführung der neu geschaffene Fu-tür-Wettbewerb der Musikhochschule. Dessen Initiator Professor Frank Wörner, an der HfM Prorektor für künstlerische Praxis, war bei der Aufführung zugegen. Mit dem Preis wolle man einen finanziellen Anreiz setzen: „Wir verstehen das als Initialzündung, damit die Leute weiterarbeiten, dass sie das noch mal machen und Erfahrungen sammeln.“
Die Reaktionen aus dem Publikum waren durchweg positiv. „Ganz beeindruckend“empfand es Axel Temmes, der als Psychotherapeut arbeitet: „Die Methode der Imagination, das ist ja etwas, was wir auch machen. Ich fand das toll, das mal in einem anderen Bereich auszuprobieren.“Seine Tochter Emily fand es gut, „dass mit dem Preis Künstler unterstützt werden, die in ihrem Inneren viel Fantasie und viele Ideen haben.“Bei der inneren Imagination habe sie kleine Zwerge gesehen, die um ein Feuer tanzten – ausgelöst allein durch die Musik.
Musikstudentin Monika Deligiannaki gefiel, „dass die Aufführung tatsächlich auch interaktiv war, was bei anderen interaktiven Sachen oft nicht so der Fall ist.“Die Lichtinstallationen im Hintergrund fand sie „superschön und passend“. Vor allem sei keine Langeweile bei ihr aufgekommen: „Ich wusste nicht immer, was ich erwarten kann, deswegen war es aufregend.“