Saarbruecker Zeitung

Honorar-Deckel für Hausärzte fällt weg

Gesundheit­sminister Karl Lauterbach will nun Jahrespaus­chalen zahlen. Fachärzte sind erzürnt, dass für sie das Budget bleiben soll. Kassen warnen Ärzte vor Streiks.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING Produktion dieser Seite: Vincent Bauer, Markus Renz Isabelle Schmitt

Der Frust der Ärzte sitzt tief. Sie haben die Lasten der Pandemie gestemmt, behandeln aber weiter viele Patienten, ohne dafür honoriert zu werden. Am Dienstag kam es zum Krisentref­fen der Verbände mit Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD). Der kündigte eine große Reform an. Für Hausärzte soll es eine Entbudgeti­erung geben. „Praxen, die viele Patienten haben und Hausbesuch­e machen, sollen Vorhaltepa­uschalen bekommen“, sagte Lauterbach. Vorbild sind die Kliniken. Mehr noch: „Wir verabschie­den uns von der Quartalspa­uschale. Patienten schreiben sich beim Hausarzt ein, der erhält dafür eine Jahrespaus­chale.“So soll verhindert werden, dass Ärzte Patienten nur aus ökonomisch­en Gründen acht Mal im Jahr einbestell­en. „Wir werden weniger Patienten in Praxen sehen“, so Lauterbach. Vieles könne man per Telefon klären.

Zudem sollen Haus- und Fachärzte nicht mehr wie bisher haften, wenn es Probleme bei der Arzneimitt­elVerschre­ibung gebe. „Wir werden den Ärzten mehr vertrauen“, sagte Lauterbach. Bislang müssen Ärzte bei unwirtscha­ftlichen Verschreib­ungen persönlich haften, dieser Regress soll in 80 Prozent der Fälle entfallen durch die Einführung von Bagatellgr­enzen. Zudem kündigte er an: „Wir werden prüfen, ob wir an die Vergütung bei Privatpati­enten herangehen.“Auch soll es 5000 zusätzlich­e Studienplä­tze für Medizin geben.

Die Reaktionen waren gespalten – Hausärzte sind erleichter­t, Fachärzte erzürnt. „Wir begrüßen, dass die Hausärzte auf der Tagesordnu­ng des Ministers angekommen sind. Nun muss die Reform auch rasch umgesetzt werden“, sagte Nicola Buhlinger-Göpfert, Chefin des Deutschen

Hausärzte-Verbands. Bundesweit fehlten schon jetzt 5000 Hausärzte. „Die Praxen sind am Anschlag. Noch einen Infektions­winter mit solchen Belastunge­n werden sie nicht mitmachen.“

Doch auch Fachärzte wie Augenund HNO-Mediziner fordern das Ende des Budgets – und sehen sich enttäuscht. Ihr Vertreter nahm nicht an der Pressekonf­erenz des Ministers teil. „Wir dürfen die Reform nicht auf Hausärzte begrenzen, sondern sollten diese auf Fachärzte ausweiten“, forderte Ärzte-Präsident Klaus Reinhardt. Die Kassen warnen die Mediziner vor neuen Streiks. „Wir erwarten, dass Ärzteschaf­t und Politik wieder zum konstrukti­ven Dialog zurückgeke­hrt sind. Es darf sich keinesfall­s wiederhole­n, dass Ärzteverbä­nde ihren Protest auf dem Rücken der Patienten austragen“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des Spitzenver­bandes der gesetzlich­en Krankenver­sicherung.

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FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine große Reform bei den Hausärzten angekündig­t.

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