Honorar-Deckel für Hausärzte fällt weg
Gesundheitsminister Karl Lauterbach will nun Jahrespauschalen zahlen. Fachärzte sind erzürnt, dass für sie das Budget bleiben soll. Kassen warnen Ärzte vor Streiks.
Der Frust der Ärzte sitzt tief. Sie haben die Lasten der Pandemie gestemmt, behandeln aber weiter viele Patienten, ohne dafür honoriert zu werden. Am Dienstag kam es zum Krisentreffen der Verbände mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Der kündigte eine große Reform an. Für Hausärzte soll es eine Entbudgetierung geben. „Praxen, die viele Patienten haben und Hausbesuche machen, sollen Vorhaltepauschalen bekommen“, sagte Lauterbach. Vorbild sind die Kliniken. Mehr noch: „Wir verabschieden uns von der Quartalspauschale. Patienten schreiben sich beim Hausarzt ein, der erhält dafür eine Jahrespauschale.“So soll verhindert werden, dass Ärzte Patienten nur aus ökonomischen Gründen acht Mal im Jahr einbestellen. „Wir werden weniger Patienten in Praxen sehen“, so Lauterbach. Vieles könne man per Telefon klären.
Zudem sollen Haus- und Fachärzte nicht mehr wie bisher haften, wenn es Probleme bei der ArzneimittelVerschreibung gebe. „Wir werden den Ärzten mehr vertrauen“, sagte Lauterbach. Bislang müssen Ärzte bei unwirtschaftlichen Verschreibungen persönlich haften, dieser Regress soll in 80 Prozent der Fälle entfallen durch die Einführung von Bagatellgrenzen. Zudem kündigte er an: „Wir werden prüfen, ob wir an die Vergütung bei Privatpatienten herangehen.“Auch soll es 5000 zusätzliche Studienplätze für Medizin geben.
Die Reaktionen waren gespalten – Hausärzte sind erleichtert, Fachärzte erzürnt. „Wir begrüßen, dass die Hausärzte auf der Tagesordnung des Ministers angekommen sind. Nun muss die Reform auch rasch umgesetzt werden“, sagte Nicola Buhlinger-Göpfert, Chefin des Deutschen
Hausärzte-Verbands. Bundesweit fehlten schon jetzt 5000 Hausärzte. „Die Praxen sind am Anschlag. Noch einen Infektionswinter mit solchen Belastungen werden sie nicht mitmachen.“
Doch auch Fachärzte wie Augenund HNO-Mediziner fordern das Ende des Budgets – und sehen sich enttäuscht. Ihr Vertreter nahm nicht an der Pressekonferenz des Ministers teil. „Wir dürfen die Reform nicht auf Hausärzte begrenzen, sondern sollten diese auf Fachärzte ausweiten“, forderte Ärzte-Präsident Klaus Reinhardt. Die Kassen warnen die Mediziner vor neuen Streiks. „Wir erwarten, dass Ärzteschaft und Politik wieder zum konstruktiven Dialog zurückgekehrt sind. Es darf sich keinesfalls wiederholen, dass Ärzteverbände ihren Protest auf dem Rücken der Patienten austragen“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung.