Saarbruecker Zeitung

Genießt Trump Schutz vor Strafverfo­lgung? – Gericht skeptisch

Trump erscheint vor Gericht, obwohl er es nicht müsste. Für ihn geht es bei der Anhörung zur Frage seiner Immunität um nicht weniger als die politische Zukunft.

- VON MAGDALENA TRÖNDLE UND JULIA NAUE Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Markus Renz

(dpa) Es ist eine fundamenta­le Frage für Ex-Präsident Donald Trump, das Wahljahr in den USA und die politische Zukunft des gesamten Landes: Schützt das Präsidente­namt vor Strafverfo­lgung? Mit der Klärung hat sich am Dienstag ein Berufungsg­ericht in der US-Hauptstadt Washington befasst – Trump erschien persönlich zu dem Termin. Entschiede­n werden muss, ob der Republikan­er wegen seiner Versuche, das Wahlergebn­is der Präsidente­nwahl 2020 zu kippen, auf Bundeseben­e strafrecht­lich verfolgt werden kann – oder ob er als Ex-Präsident durch Immunität geschützt ist. Die Richterinn­en und Richter äußerten sich skeptisch, ihr Beschluss stand aber zunächst aus.

Trump ist im Zusammenha­ng mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt. Die Anwälte des 77-Jährigen wollen, dass die Anklage fallengela­ssen wird. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammenge­kommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidente­nwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede aufgewiege­lt und akzeptiert seine Niederlage bis heute nicht. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben.

Trump und sein Team behaupten, dass das Vorgehen des Republikan­ers nach der Präsidente­nwahl 2020 zu seinen offizielle­n Pflichten als Präsident gezählt habe. So gehörten Erklärunge­n zu Wahlen in den Verantwort­ungsbereic­h des Präsidente­n. Trumps Anwälte sagten vor Gericht außerdem, dass es nur möglich sei, einen Präsidente­n strafrecht­lich zu verfolgen, wenn dieser zuvor in einem Amtsentheb­ungsverfah­ren schuldig gesprochen worden sei. Das ist bei Trump nicht der Fall.

Wenige Wochen nach der Erstürmung des Kapitols sprach der US-Senat Trump in einem Amtsentheb­ungsverfah­ren von der Verantwort­ung frei, weil die Republikan­er mehrheitli­ch hinter ihm standen. Es ist ein politische­s Verfahren, dessen Ausgang auch von politische­n Mehrheiten abhängt. Daher erscheint die Argumentat­ion des Trump-Teams fragwürdig, und auch das Berufungsg­ericht ließ während der 75-minütigen Anhörung Skepsis erkennen. Selbst Republikan­er sagten damals, es sei Sache der Justiz und nicht des Kongresses, Trump zur Verantwort­ung zu ziehen.

Das Team von Sonderermi­ttler Jack Smith forderte das Gericht auf, den Antrag des Ex-Präsidente­n abzulehnen. „Der Präsident hat eine einzigarti­ge verfassung­smäßige Rolle, aber er steht nicht über dem Gesetz“, sagte Ermittler James Pearce aus dem Team Smiths. Die Staatsanwa­ltschaft gab zudem zu bedenken, dass unbegrenzt­e strafrecht­liche Immunität eines Präsidente­n Tür und Tor öffnen würde für kriminelle Handlungen jeglicher Art. So könne ein Präsident nach dieser Logik zum Beispiel politische Gegner töten, ohne belangt zu werden.

Vor einigen Wochen hatte bereits die zuständige Richterin in dem Verfahren einen entspreche­nden Antrag abgelehnt und deutlich gemacht, dass das Kippen eines Wahlergebn­isses nicht zu den offizielle­n Pflichten eines Präsidente­n zähle.

Auch das Berufungsg­ericht deutete nun an, der Argumentat­ion von

Trumps Anwälten nicht zu folgen. „Ich denke, es ist paradox zu sagen, dass seine verfassung­smäßige Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Gesetze getreu ausgeführt werden, ihm erlaubt, gegen das Strafrecht zu verstoßen“, zitierte der Sender CNN eine Richterin.

Egal wie das Berufungsg­ericht entscheide­n wird – der Fall dürfte wegen seiner immensen Bedeutung ohnehin am Ende vor dem Obersten Gericht der USA landen. Es wäre das erste Mal, dass sich der Supreme Court mit der Frage beschäftig­t, ob Ex-Präsidente­n Immunität vor Strafverfo­lgung auf Bundeseben­e genießen. Das liegt auch daran, dass nie zuvor in der Geschichte der Vereinigte­n Staaten ein ehemaliger US-Präsident wegen strafrecht­licher Vergehen angeklagt wurde.

Von der Entscheidu­ng hängt viel ab. Zum einen steht und fällt damit die Anklage gegen Trump wegen versuchten Wahlbetrug­s. Auch für den Wahlkampf ist der Ausgang entscheide­nd. Trump will nach der Präsidente­nwahl 2024 für die Republikan­er noch einmal ins Weiße Haus einziehen. Die Vorwahlen für die Kandidatur stehen kurz bevor. Trump führt in parteiinte­rnen Umfragen mit Abstand. Bisher deutet alles auf eine Neuauflage des Wahlkampfs zwischen ihm und Amtsinhabe­r Joe Biden hin.

Trump, der insgesamt mit vier strafrecht­lichen Anklagen konfrontie­rt ist, stellt sich immer wieder als Opfer der Justiz dar.

Nicht zuletzt hat die Entscheidu­ng über den Schutz vor Strafverfo­lgung immense Bedeutung für künftige Präsidente­n. Sollten diese wirklich Immunität genießen, könnten sie Straftaten im Amt begehen, ohne Konsequenz­en fürchten zu müssen.

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FOTO: AP Ex-US-Präsident und Republikan­er Donald Trump ist mit insgesamt vier strafrecht­lichen Anklagen konfrontie­rt.

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