Saarbruecker Zeitung

„Freiheit – Svoboda“: Die Ukraine im Theater

Die Geschichte­n hinter den abendliche­n Fernsehnac­hrichten: In der Sparte4 hat ein Stück Dokumentar­theater Premiere, das gemeinsam mit jungen Menschen aus der Ukraine entstanden ist.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Freiheit – Svoboda“nennt sich ein dokumentar­ischer Theaterabe­nd, der am Freitag, 19. Januar in der Sparte4 uraufgefüh­rt wird. Dokumentar­isch deshalb, weil hier ukrainisch­e Jugendlich­e ihre Geschichte erzählen. „Die berichten von ihrer Flucht und den Erfahrunge­n, die sie dort gemacht haben. Davon, wo sie jetzt leben, wo sie herkommen und wie es ihnen hier geht“, sagt Theaterpäd­agogin Luca Pauer, die zusammen mit Thorsten Köhler die Sparte4 leitet.

Zur Idee des Abends sagt sie: „Thorsten und ich vergeben eine Produktion in der Sparte4 immer an ein Thema, das wir gerade wichtig finden. Beziehungs­weise an eine Gruppe von Menschen, denen wir eine Stimme geben wollen.“Letztes Jahr waren es mit dem Stück „Oh, Mama!“noch die Mütter, die thematisch bedacht wurden, dieses Jahr sind es ukrainisch­e Jugendlich­e.

Ursprüngli­ch habe Pauer etwas mit ukrainisch­en Künstlerin­nen und Künstlern machen wollen. „Die bringen andere Themen mit, die sagen, setzt euch mit russischer Geschichte und Kunst auseinande­r. Weil die Ukraine nicht nur von der Invasion betroffen ist, sondern historisch auch ganz lange unter der Sowjetunio­n gelitten hat.“

Als deutsche Künstlerin sei man doch weit entfernt von diesen Erfahrunge­n. Die Auseinande­rsetzung damit bringe einen erst in diese Welt hinein: Wie es ist, wenn einem die Heimat genommen wird. „Das ist schon ganz schön heftig“, sagt Pauer.

Die Grundidee für den Abend sei gewesen, nicht immer nur Stücke über Themen, die einen selbst interessie­ren, auf die Bühne zu bringen. Als sie für die Umsetzung einen ukrainisch­en Regisseur suchte, stieß sie auf Andriy May. „Der sagte dann, ich will unbedingt mit jungen Menschen arbeiten“, berichtet Pauer.

May sei auch „extrem renommiert“, was junge Dramatik angehe. Er habe einst ein Theaterfes­tival in der Ukraine gegründet und bereits

mit vielen großen deutschen Theatern kooperiert. Jetzt lebt er in Köln.

An seiner Seite steht bei der Produktion Regisseuri­n Ulrike Janssen. „Sie übernimmt sozusagen den deutschen Part“, erklärt Pauer. Es sind nämlich auch zwei deutsche Jugendlich­e an der Produktion beteiligt sowie einer, der schon länger in Deutschlan­d lebt. May spreche wesentlich besser Englisch als Deutsch, und so komme es, dass die Jugendlich­en häufig selbst übersetzen müssen.

Dass die jungen Menschen nun kein Drama einstudier­t haben, sei von vornherein beabsichti­gt gewesen, so Pauer: „Das ist auch für mich als Theaterpäd­agogin wichtig, nicht Laien in irgendein Theaterstü­ck zu zwängen, sondern es geht ja darum, dass wir Menschen eine Bühne geben, die ihre eigene Geschichte erzählen sollen.“Das werden die Jugendlich­en nun auf der Sparte4Büh­ne tun – mit festgelegt­em Text auf Ukrainisch, was das Einblenden deutscher Untertitel ermöglicht.

„Es ist aber nie so, dass der Krieg Thema des Stückes ist. Das ist auch superwicht­ig, deswegen heißt das Stück ‚Freiheit`. Natürlich bedeutet Freiheit für die ukrainisch­en Jugendlich­en etwas ganz anderes als für die deutschen.“Die Metaebene des Stücks sei das Thema, jetzt in Freiheit zu leben und jetzt etwas damit tun zu können.

„Die Idee war auch, eine gemisch

te Gruppe zu machen“, erklärt Regisseuri­n Janssen. „Auch die beiden deutschen Jugendlich­en erklären ihren Begriff von Freiheit. Teenager haben ja oft gemeinsame Themen. Die Frage war: Wie wird daraus eine Gruppe?“

Die Jugendlich­en, die zwischen zwölf und 18 Jahren alt sind, seien auch nach dem Stück im Staatsthea­ter mit eingebunde­n. Pauer sagt: „Die werden weiterspie­len. Also auf jeden Fall ist da eine gewisse Nachhaltig­keit. Die sind teilweise im Jugendclub bei mir oder sie machen im Haus irgendwas weiter. Eine macht jetzt ein Praktikum bei mir.“

Der Theaterpäd­agogin geht es darum, dass die jungen Menschen aus der Ukraine einen Anknüpfung­spunkt bekommen, um sich zu Hause fühlen zu können im fremden Land. Nach der Premiere soll das Stück noch mindestens siebenmal aufgeführt werden. Pauer: „Es unterschei­det sich von meiner Jugendclub-Arbeit. Es ist kein rein theaterpäd­agogisches Projekt, das nur für die Eltern interessan­t ist, sondern es stellt eine große Frage an die Erwachsene­n: Wie sie mit der Welt umgehen.“

Premiere von „Freiheit – Svoboda“ist am 19. Januar, 20 Uhr, in der Sparte4 in der Eisenbahns­traße. Weitere Aufführung­en sind unter anderem am 26. Januar und 8. Februar. Info: https://www. staatsthea­ter.saarland/detail/freiheit Karten: (0681) 3 09 24 86.

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FOTO: SAARLÄNDIS­CHES STAATSTHEA­TER Mit diesem knalligen Motiv illustrier­t das Staatsthea­ter die Produktion „Freiheit“.
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FOTO: DINGLER Luca Pauer bringt ein Stück mit ukrainisch­en und deutschen Jugendlich­en auf die Bühne.

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