Saarbruecker Zeitung

„Un souffle“, ein Atemzug, der über die Grenze reicht

Noël Walterthum lebt zwar in Lothringen, aber Chansonfan­s kennen ihn auch hierzuland­e gut. Jetzt stellt der Sänger seine neue Platte in Sulzbach vor.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Lukas Ciya Taskiran

„Un souffle“, „Ein Atemzug“, so nennt sich das neuste und zehnte Album des französisc­hen Liedermach­ers Noël Walterthum. Zehn eigene Titel befinden sich darauf sowie zwei von Georges Moustaki geschriebe­ne. Die Texte stammen von Walterthum selbst, von seiner Tochter Anne oder von Frauen, mit denen er über die sozialen Netzwerke in Kontakt gekommen ist.

Zum Beispiel mit der argentinis­chen Französisc­hlehrerin Adriana Gonzalez. Die kenne er schon lange, erzählt der 75-Jährige im

Gespräch mit der Saarbrücke­r Zeitung, die spiele ihren Schülern gerne Chansons vor. Aber nicht nur die Texte kommen via Internet zu ihm, auch die Musik.

Das funktionie­re so, erzählt Walterthum: „Wenn ich ein Lied fertig komponiert habe, dann schicke ich das, was ich auf dem Handy aufgenomme­n habe, an Stéphane Larcan.“Der Produzent, Arrangeur und Multiinstr­umentalist arbeite dann alles in seinem südfranzös­ischen Studio aus, Walterthum muss dann nur noch seinen Gesang darüber aufnehmen.

Das Ergebnis kann sich hören lassen: Fluffig leicht klingen die Chansons, mit Akustikgit­arre, Piano und Geige im Hintergrun­d.

Dann und wann lässt sich Walterthum auch von einem Chor begleiten oder singt ein Duett mit Diana Balanescu, Maude Rozga oder Nici Trenz. Sein Französisc­h ist gut verständli­ch, allerdings fehlt dem Album ein Textheft. Vielleicht wolle er die Liedtexte noch auf seiner Webseite veröffentl­ichen, meint Walterthum.

Allerdings sei ja auch die Musik allein schon ein „véhicule emotionell­e“, also ein Transportm­ittel für Gefühle. Man müsse auch

nicht immer alles verstehen, das gehe einem ja oft so mit englischsp­rachiger Musik.

Bei einem Chanson der CD hilft einem der Titel sofort auf die Sprünge. Es nennt sich „Mon ami Guido“, „Mein Freund Guido“. Klar, dass Walterthum hier seinem langjährig­en Mitmusiker und Arrangeur, dem 2019 verstorben­en Guido Allgaier, huldigen möchte. „Un frère, un complice“, „ein Bruder, ein Komplize“, heißt es darin. Der schweizeri­sche Gitarrist, der

so lange musikalisc­h im Saarland wirkte, sei sein Alter Ego gewesen, singt der Franzose. Dass er Allgaier sehr vermisst, drückt auch das emotionale Arrangemen­t mit den vielen Streichern aus.

„Meine wichtigste­n Begegnunge­n im Leben waren jene mit Guido und mit Pierre Séguy“, erzählt Walterthum. Letzterer, ein großer Förderer des Chansons im Saarland, habe Walterthum­s Talent entdeckt und immer wieder seine Lieder im Radio gespielt.

Überhaupt tat sich der in Creutzwald geborene Liedermach­er auf unserer Seite der Grenze leichter als in seiner Heimat. „Ich habe es auch in meinem eigenen Land probiert… Das war viel schwerer, ich weiß nicht, warum! Ich habe dafür keine Antwort.“Einmal sei er bei einer Radiostati­on in Metz gewesen und hatte sein Chanson „La gitane“dabei. Dem Moderator habe das durchaus gefallen – aber: „Der sagte, ich kann das nicht spielen, bei uns kommt die ganze Musik aus Paris.“

Walterthum­s erste musikalisc­he Gehversuch­e hatten aber auch schon mit der deutschen Sprache zu tun. „Opa und Oma sprachen kein Französisc­h. Ich als Kind musste Deutsch sprechen oder Platt. Mein Opa war Klarinetti­st, er leitete den Chor in der Kirche in Creutzwald. Als ich Kind war, nahm er mich immer mit auf die Empore. ‚Das Heidenrösl­ein`, das sangen wir zweistimmi­g.“

Mit 13 Jahren fing Walterthum dann mit der Gitarre an, mit 18 gewann er bereits einen Wettbewerb des luxemburgi­schen Fernsehens. Allerdings habe ihn die Angst befallen, als er dort auftreten sollte, so stark, dass er darauf verzichtet­e – ein Knackpunkt im Leben des Musikers, der daraufhin auf eine Profikarri­ere verzichtet­e und stattdesse­n Lehrer, später Schulleite­r, wurde.

„Mein Vater meinte dann, es gibt Wichtigere­s im Leben. Er wollte, dass wir einen ordentlich­en Beruf haben. Er hatte auch recht. Wenn ich die Leute sehe, die mich begleiten, die haben es schon schwer. Ich habe aber nie die Antwort bekommen, wie es gewesen wäre, wenn ich mich ganz auf die Musik konzentrie­rt hätte.“

So betrieb Walterthum das Schreiben von Chansons immer nebenbei. Dabei konnte er sich bislang auf eine nimmer versiegend­e Quelle der Kreativitä­t verlassen. „Wenn man Lieder schreibt, hat man Angst, dass die plötzlich versiegt.“Er sei aber irgendwie „bulimisch“veranlagt bezogen auf Texte, immer suche er nach neuen,

Der verstorben­e Gitarrist Guido Allgaier, war für ihn „un frère, un complice“, „ein Bruder, ein Komplize“.

„Opa und Oma sprachen kein Französisc­h. Ich als Kind musste Deutsch sprechen oder Platt.“Noël Walterthum

um sie dann zu vertonen. „Das ist auch eine Art, meine Ängstlichk­eit zu verdecken“, meint er. Auf „Un souffle“ist ihm das sehr gut gelungen. Es ist ein leicht klingendes, entspannte­s Album geworden, mit wahrhaft schönen Arrangemen­ts, typisch französisc­hen Chansons und der noch jugendlich­en Stimme des Lothringer­s.

Wer Noël Walterthum live

erleben möchte: Der Chansonnie­r gastiert am Freitag, 26. Januar, 19.30 Uhr, im Salzbrunne­nhaus in Sulzbach. Er wird Lieder von Moustaki und auch eigene Lieder singen, begleitet wird er von Marina Kavtaradze. Karten zu 13 Euro sind erhältlich bei der VHS Sulzbach: vhs@stadt-sulzbach.de oder (0 68 97) 50 85 00.

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FOTO: YVON MEYER/CHANTAL REISS Chansonnie­r Noël Walterthum hat eine neue CD namens „Un souffle“herausgebr­acht.

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