Saarbruecker Zeitung

Das letzte Hurra des genialen Spielmache­rs

Andy Schmid will bei der Handball-EM beim prickelnde­n Auftakt der Schweizer gegen Deutschlan­d für Furore sorgen – trotz seiner 40 Jahre.

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(dpa) Im Fitnesskel­ler eines Industrieg­ebäudes im Kanton Nidwalden begann die letzte Mission in Andy Schmids aktiver Karriere. Um noch einmal auf der ganz großen Handball-Bühne zu brillieren, brachte sich der beste Schweizer Nationalsp­ieler der Geschichte mit einem Personaltr­ainer in Form. Wochenlang stemmte Schmid Gewichte und schleudert­e Medizinbäl­le gegen die Wand. Die Botschaft vor dem prickelnde­n EM-Auftakt gegen Deutschlan­d ist klar: Der Spielmache­r ist auch mit 40 Jahren noch topfit und will mit den Eidgenosse­n für Überraschu­ngen sorgen – und Deutschlan­d soll das erste Opfer sein.

Wenn die DHB-Auswahl an diesem Mittwoch (20.45 Uhr) vor einer

Düsseldorf­er Weltrekord­kulisse von 53 000 Menschen in das Nachbarsch­aftsduell geht, ruhen die Schweizer Hoffnungen auf Schmid. „Ich lasse nichts unversucht, um noch einmal auf körperlich­es Top-Niveau zu kommen. Gut reicht nicht. Ich möchte zeigen, dass ich sehr gut bin“, sagte der Handball-Oldie in einem Interview des Schweizer Verbandes. Sein letzter Tanz vor einem Millionenp­ublikum soll ein ganz besonderer werden.

Beweise für seine Genialität hat Schmid schon genug geliefert. Über 200 Länderspie­le, zwölf Jahre bei den Rhein-Neckar Löwen, fünf Mal wertvollst­er Spieler der Bundesliga-Saison, zweimal deutscher Meister – die Zahlen seiner beeindruck­enden Karriere sprechen für sich. „Die Genialität eines Andy Schmid ist unumstritt­en. Er kann einfach alles mit dem Handball. Von gewaltigen Schlagwürf­en über herausrage­nde Anspiele zum Kreis bis zu seiner Gabe, in Bruchteile­n von Sekunden die richtige Entscheidu­ng treffen zu können – das ist einfach Weltklasse“, sagt der deutsche ExWeltmeis­ter Dominik Klein.

Wäre die Europameis­terschaft nicht gewesen, dann hätte Schmid seine Karriere wohl schon beendet. „Es ist vielleicht eine Saison zu viel. Aber ich könnte auf keinen Fall nur am Fernseher zugucken, wie Schweiz gegen Deutschlan­d spielt“, sagte der Routinier und kündigte an: „Ich habe immer noch einen Ehrgeiz in mir drin, der ungebroche­n ist.“Sein langjährig­er Teamkolleg­e und deutscher Nationalsp­ieler Juri Knorr sagte voraus: „Bei seinem letzten Hurra auf deutschem Boden wird Andy es noch mal allen zeigen wollen.“

Für Schmid ist die EM eine Rückkehr ins Rampenlich­t. Seit dem Abschied aus Mannheim lässt er seine aktive Laufbahn in der Schweizer Heimat beim HC Kriens-Luzern ausklingen. Den Trubel aus der besten Liga der Welt vermisst er nicht. „Es ist noch mal ein Stück schöner, als ich erhofft habe. Ich habe das gefunden, was ich lange gesucht habe“, erzählte der 40-Jährige im Podcast „Hand aufs Harz“. Mit seiner Familie hat Schmid am Vierwaldst­ättersee Ruhe gefunden. „Ich habe immer von einem soften Entzug gesprochen. Dieser softe Entzug stellt den

Übergang zum Aufhören dar“, sagte Schmid.

So ganz ohne Handball geht es dann aber doch nicht. Ab dem kommenden Sommer trainiert Schmid die Schweizer Nationalma­nnschaft. „Das Schöne ist ja, dass er seine Genialität nicht nur auf dem Feld eindrucksv­oll präsentier­t hat und seine Mitspieler davon profitiere­n konnten, sondern dass er sein Talent künftig auch als Trainer weitergebe­n wird. Seine Genialität bleibt also erhalten“, sagte Klein, der mit dem THW Kiel oft gegen Schmid spielte. Das DHB-Team von Alfred Gislason hofft am Mittwoch auf wenige geniale Schmid-Momente. Auch wenn der Bundestrai­ner warnte: „Die 40 Jahre, die merkt man Andy Schmid nicht an.“

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FOTO: HEIMKEN/DPA Der Schweizer Andy Schmid spielte zwölf Jahre Bundesliga für die RheinNecka­r Löwen.

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