Saarbruecker Zeitung

Nur jeder fünfte Fernzug fährt nach irgendwo

Streik auf der Schiene, Bauernprot­este auf den Straßen: Für Pendler gab es schon leichtere Tage. Zumindest am ersten Tag bringt der Arbeitskam­pf bei der Bahn keine Bewegung in die festgefahr­enen Verhandlun­gen.

- VON MATTHIAS ARNOLD UND FABIAN NITSCHMANN SZ-INFOGRAFIK/Astrid Müller, QUELLE: STATISTISC­HES BUNDESAMT/DPA

BERLIN (dpa) Nach dem ersten Streiktag warten noch zwei: Auch am Donnerstag und Freitag wird aufgrund der Arbeitsnie­derlegung der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL kaum ein Zug in Deutschlan­d fahren. Der Arbeitskam­pf lief im Personenve­rkehr am frühen Mittwochmo­rgen wie von der Gewerkscha­ft geplant an. Ein vorzeitige­s Ende ist nach Aussagen von GDL-Chef Claus Weselsky keine Option. Am Mittwoch gab es darüber hinaus auch keine Anzeichen, dass es kurzfristi­g zu neuen Verhandlun­gen über einen Tarifvertr­ag kommen könnte. Die Zeichen zwischen der GDL und der DB stehen weiter auf Konfrontat­ion.

Dem bundeseige­nen Konzern zufolge fallen an allen drei Streiktage­n rund 80 Prozent des sonst üblichen Fernverkeh­rsangebot aus. Auch im Regionalve­rkehr gibt es Beeinträch­tigungen, die regional unterschie­dlich stark sind. Der Ausstand soll bis Freitag um 18 Uhr andauern. Aller Voraussich­t nach dürfte der Zugverkehr aber erst ab Samstagmor­gen wieder wie gewohnt laufen.

Im Güterverke­hr ging der Streik bereits am Dienstagab­end los. Neben der Deutschen Bahn wird auch die deutlich kleinere Unternehme­nsgruppe Transdev bestreikt. Transdev bedient vor allem im Nordwesten sowie in Sachsen und Bayern einige Strecken im Regionalve­rkehr.

Auf den Start der Arbeitsnie­derlegung am Mittwoch hatten sich viele Menschen aber offenbar gut vorbereite­t. An vielen großen Bahnhöfen war kaum etwas los. „Wir sehen auch, dass unsere Fahrgäste ihre Fahrt vorgezogen haben oder sie zu einem späteren Zeitpunkt nachholen“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn.

Der GDL-Streik fiel am Mittwoch mit erneuten Protesten der Bauern zusammen, die etwa in Brandenbur­g an Autobahnau­ffahrten den Verkehr blockierte­n. Auch für Donnerstag und Freitag sind weitere Proteste angekündig­t – in manchen Regionen dürften es gerade Pendler dieser Tage also weiter schwer haben.

Alle Fahrgäste, die ihre für Donnerstag und Freitag geplante Reise aufgrund des Streiks verschiebe­n möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Bahn hat die Zugbindung aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprüngli­chen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenfü­hrung. Sitzplatzr­eservierun­gen können kostenfrei storniert werden. Fällt der gebuchte Zug aus, ist auch eine komplette Ticketerst­attung möglich.

Ob ein Fern- oder Regionalzu­g fährt oder nicht, lässt sich über die Bahn-App oder die Internetse­ite der Bahn einsehen. Für individuel­le Auskünfte wurde eine Streikhotl­ine eingericht­et (08000 99 66 33).

Für die GDL ist es der dritte und bisher längste Arbeitskam­pf im laufenden Tarifkonfl­ikt mit der Bahn. Bis zuletzt hatten die DB und Transdev versucht, den Ausstand juristisch zu verhindern. Das Landesarbe­itsgericht Hessen wies die Anträge auf einstweili­ge Verfügung am Dienstagab­end aber endgültig ab.

GDL-Chef Claus Weselsky verteidigt­e den Streik und stellte weitere Aktionen in Aussicht. „Wenn nichts kommt bis Freitag, machen wir eine Pause und gehen in den nächsten Arbeitskam­pf“, sagte er im ZDF„Morgenmaga­zin“nach Beginn des Streiks. Er kritisiert­e das jüngste Angebot der Bahn als Provokatio­n.

Im Kern geht es in dem Tarifkonfl­ikt um die Forderung der Gewerkscha­ft nach einer Verringeru­ng der Wochenarbe­itszeit für Schichtarb­eiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn. Die Bahn lehnt das ab und stellte in ihrem jüngsten Angebot die Erweiterun­g bestehende­r Arbeitszei­t-Wahlmodell­e in Aussicht. Dabei können sich Beschäftig­te für weniger Wochenarbe­itsstunden entscheide­n, müssen dafür aber finanziell­e Einbußen in Kauf nehmen. Die GDL lehnt das Angebot ab.

Weselsky hatte die Verhandlun­gen mit der Bahn nach nur zwei Verhandlun­gsrunden für gescheiter­t erklärt. Auch mit Transdev scheiterte­n die Verhandlun­gen.

Im Tarifstrei­t hat die GDL bereits zweimal zu Warnstreik­s aufgerufen, die im Personenve­rkehr maximal 24 Stunden dauerten. Im Dezember hatte die Gewerkscha­ft ihre Mitglieder per Urabstimmu­ng über unbefriste­te Streiks abstimmen lassen. Rund 97 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dafür aus. Seither sind längere Streiks möglich.

„Wenn nichts kommt bis Freitag, machen wir eine Pause und gehen in den nächsten Arbeitskam­pf.“Claus Weselsky Chef der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL

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FOTO: IMAGO IMAGES Der Bahnstreik sorgte am ersten Tag für zahlreiche Zugausfäll­e bundesweit. Der Ausstand der Lokführerg­ewerkschaf­t dauert noch bis Freitag.

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