Rentner schildert vor Gericht Prügelattacke
Beim Landgerichts-Prozess gegen den Mehrfach-Kriminellen Patrik K. hat am Mittwoch eines seiner letzten mutmaßlichen Opfer im Zeugenstand gesessen. Den 85-jährigen Rentner soll der „Taximörder“am 4. April 2023 unvermittelt in Rohrbach schlimm verprügelt h
SAARBRÜCKEN/ST. INGBERT Tag drei des Landgerichtsprozess gegen den St. Ingberter Patrik K. (50), der in den vergangenen Jahrzehnten schon vielfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist und hinter Gittern sitzt. Nicht zuletzt für den Mord an einer Taxifahrerin in Oberwürzbach 1993 war er zur Rechenschaft gezogen worden. Diesmal lautet der Vorwurf auf versuchten, besonders schweren Raub und gefährliche Körperverletzung. Zwei Fälle werden gemeinsam verhandelt, am Mittwoch ging es um den zeitlich gesehen ersten davon. K. hatte zuvor beide gestanden und erklärt, er wünsche sich ein Leben ohne Drogen – und dafür einen erneuten Maßregelvollzug.
Der Vorwurf: Am 4. April 2023 soll K. auf dem Rohrbacher Festplatz Arno Schelwat, 85, verprügelt haben.
K. hatte am vergangenen Sitzungstag erklärt, er sei „high“gewesen und habe „überreagiert“. Der Fall war im August 2023 schon vor dem Neunkircher Schöffengericht verhandelt worden, schließlich aber ergebnislos nach Saarbrücken ans Landgericht gewandert. Schelwat schilderte, dass er mit zwei Hunden unterwegs gewesen sei. Normalerweise auf einen Rollator angewiesen, bereite es ihm große Mühe, die Tiere Gassi zu führen, aber er habe es seiner unmittelbar vor Weihnachten 2022 gestorbenen Lebensgefährtin am Totenbett versprochen. K. sei mit einem angeleinten Hund auf ihn zugekommen. Als K. auf seiner Höhe gewesen sei, habe er seinerseits seine Tiere eng an die Leine genommen. Da habe K. „prompt, unerwartet und unbarmherzig“mit einem harten Hundespielzeug auf ihn eingeprügelt, zuerst auf den Kopf. Überall habe er ihn traktiert, er habe um Hilfe geschrien, die Leine losgelassen und versucht, sich zu verteidigen. „Ich habe Vernichtungswillen in seinen Augen gesehen“, schildert Schelwat, der während der Tat „unverständliches Gestammel und Gemurmel“wahrgenommen haben will.
Zehn Meter habe K. ihn mit Schlägen vor sich hergetrieben, dann sei der damals 84-Jährige auf die Seite gestürzt. „Dabei hat es in meinem Rücken gekracht.“Während K. sich irgendwann entfernt habe, sei er unter Schmerzen liegen geblieben, bis eine junge Frau auf seine Rufe reagiert und den Rettungsdienst sowie die Polizei gerufen habe. Er habe in einer Spezialmatratze transportiert werden müssen, die ihn in seiner Körperhaltung fixiert habe.
Die Tiere hätten sich nicht gekabbelt, antwortete Schelwat auf eine Nachfrage von Richterin Susanne
Biehl – Schelwat kenne den Hund, den K. mit sich geführt habe. Liberty, der Staffordshire-Bullterrier, der K.s früherer Lebensgefährtin gehört, habe er schon gestreichelt, als er sich einmal mit der Lebensgefährtin unterhalten habe. K. habe den Hund unmittelbar vor der Tat etwa am Ohr gezogen, das Tier sei völlig verängstigt gewesen. Mit dieser Darstellung des Tathergangs widersprach er K.. Der hatte am vergangenen Verhandlungstag ausgesagt, Schelwats Hunde hätten ihn angekläfft und versucht, an das Spielzeug zu gelangen, das Liberty im Maul mit sich führte. Er habe sich daher schützend vor den Bullterrier gestellt, um die Situation zu beruhigen – bis diese eskalierte.
Einen Widerspruch gab es auch hinsichtlich der Tatwaffe. K. hatte behauptet, mit einer Ballschleuder zugeschlagen zu haben – ein etwa 40 Zentimeter langer Stab, an dessen Spitze ein Tennisball eingeklemmt war. Schelwat zeigte sich sicher, die Tat sei mit einem Hartgummi an einem Seil („Kong“) verübt worden. Doch ob es das eine oder das andere gewesen war, spiele keine Rolle, erklärte die Gutachterin Daniela Bellmann. Sie ist Gerichtsärztin und Rechtsmedizinerin am Klinikum Saarbrücken. Beide Instrumente hätten Schelwats Verletzungen hervorrufen können.
Bellmann hatte anhand der damaligen Krankenhausberichte und Fotos – also ohne persönliche Inaugenscheinnahme Schelwats – eingeschätzt, welche Verletzungen und Folgen von der Tat stammen und welche wahrscheinlich auf dessen Vorerkrankungen zurückzuführen sind. Angaben, die beim Prozess in Neunkirchen letzten Sommer noch fehlten – und in der Beauftragung eben dieses Gutachtens gipfelten.
Bellmanns Einschätzung: Multiple Prellungen mit einhergehenden
Blutergüssen und damit verbundenen Schmerzen am ganzen Körper seien zweifelsfrei den Schlägen K.s zuzuordnen. Einige weitere Beschwerden, die Schelwat am Mittwoch erneut schilderte, indes wohl nicht. Ein später festgestellter Bruch eines Brustwirbels etwa passe nicht ins gezeichnete Bild des Tatablaufs. Auch später aufgetretene Blutungen, Sehstörungen oder ein Taubheitsgefühl in der linken Hand, das sich zwei bis drei Monate später eingestellt habe. Deutlich wurde, dass Schelwat die Tat zugesetzt hat: „Es geht mir schlechter als vorher.“Er habe seit dem Angriff Schlafstörungen und Alpträume: Sein Lebensmut und seine Lebensqualität seien weg. Das Gassi-Gehen mit den Hunden habe zwei, drei Monate ein Bekannter übernehmen müssen.
Mit der Vernehmung weiterer Zeugen geht der Prozess an diesem Freitag weiter.
„Ich habe Vernichtungswillen in seinen Augen gesehen.“Arno Schelwat Mutmaßliches Prügelopfer