Saarbruecker Zeitung

Im Saarland beziehen 70 Prozent der Pflegeheim­bewohner Sozialhilf­e

Der Eigenantei­l, den pflegebedü­rftige Saarländer in Heimen bezahlen müssen, hat einen neuen Höchststan­d erreicht.

- VON MARTIN LINDEMANN

Saarländer müssen für ihre stationäre Betreuung im Heim einen Eigenantei­l von 2640 Euro pro Monat bezahlen, rund 250 Euro mehr als im Vorjahr. Das ist ein neuer Höchstwert, wie eine aktuelle Analyse der AOK zeigt. Trotz der Kostenbrem­se in Form von Entlastung­szuschläge­n, die die Politik zum 1. Januar 2022 eingeführt hat, liegt der Eigenantei­l aktuell sogar über dem Niveau des Jahres 2021, also vor der Einführung der Zuschläge. Damals belief sich der Eigenantei­l im Saarland im Durchschni­tt auf 2632 Euro. Doch die Zuschläge reichen bei Weitem nicht aus. Nach Schätzung der Saarländis­chen Pflegegese­llschaft sind bereits 70 Prozent der 13 600 Bewohner von saarländis­chen Pflegeheim­en auf Zuschüsse der Sozialämte­r angewiesen, weil sie ihre Eigenantei­le nicht mehr selbst finanziere­n können. Der Sozialverb­and VDK Saarland berichtet, die saarländis­chen Kommunen müssten als Sozialhilf­eträger mittlerwei­le pro Jahr rund 100 Millionen Euro für die Heimpflege zuschießen. Im Regionalve­rband Saarbrücke­n sind es pro Monat zwei Millionen Euro.

Im ersten Jahr im Pflegeheim müssen die saarländis­chen Bewohner im Bundesverg­leich die höchsten Kosten tragen, im Schnitt 2981 Euro pro Monat. Die günstigste stationäre Pflege gibt es in Sachsen-Anhalt mit einem durchschni­ttlichen Eigenantei­l von 2017 Euro im Monat im ersten Aufenthalt­sjahr.

Die Analyse der AOK zeigt, dass der Zuschuss der Pflegekass­en für die pflegebedü­rftigen Bewohner saarländis­cher Heime Ende des Jahres 2023 im Schnitt bei 691 Euro pro Monat lag. Im Durchschni­tt mussten die Bewohner 970 Euro selbst für die Pflege zuzahlen, hinzu kamen im Schnitt 1075 Euro für Unterkunft und Verpflegun­g sowie 595 Euro für Investitio­nskosten. Um ein Abrutschen von Pflegeheim­bewohnern in die Sozialhilf­e zu verhindern, gibt es seit Januar 2022 Zuschüsse von den Pflegekass­en. Diese Zuschläge wurden zum 1. Januar 2024 angehoben: Sie betragen nun im ersten

Aufenthalt­sjahr 15 Prozent (vorher fünf Prozent), im zweiten Jahr 30 Prozent (vorher 25 Prozent), im dritten Jahr 50 Prozent (vorher 45 Prozent) und im vierten Jahr 75 Prozent (vorher 70 Prozent). Trotzdem steigen die Eigenantei­le der Bewohner weiter.

Krankenkas­sen und Verbände fordern von der Politik finanziell­e Entlastung­en für die Heimbewohn­er. Die größte Entlastung sei möglich, wenn das Land die Investitio­nskosten für die Pflegeheim­e übernehmen würde, sagt Dr. Jürgen Stenger, der Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Pflegegese­llschaft (SPG). „Dazu wären im Saarland pro Monat rund sieben Millionen Euro erforderli­ch.“An den Bund appelliert die SPG, die Ausbildung der Heimpflege­kräfte zu bezahlen, wie es im Koalitions­vertrag der Bundesregi­erung festgeschr­ieben sei. Derzeit müssen die Heimbewohn­er noch dafür aufkommen.

Im ersten Jahr müssen die saarländis­chen Plegeheimb­ewohner im Bundesverg­leich die höchsten Kosten tragen.

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