Saarbruecker Zeitung

Mutig, aber ohne Wirksamkei­t über Placeboeff­ekt hinaus

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Um es gleich vorweg zu sagen: Jeder, der an die Wirkung von Homöopathi­e glaubt, soll gern weiter daran glauben. Jeder, der die Mittel einnimmt, weil es ihm dann besser geht, soll das gern weiterhin tun. Dennoch ist es richtig, dass Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) nun einen Schlussstr­ich bei der Finanzieru­ng homöopathi­scher Mittel durch die gesetzlich­en Krankenkas­sen ziehen will. Er hat recht, dass eine wissenscha­ftlich nachgewies­ene Wirksamkei­t von Medikament­en Grundlage dafür sein muss, dass Mittel von den Kassen finanziert werden. Würde man dieses Prinzip über Bord werfen oder Ausnahmen davon – wie es sie bei der Homöopathi­e jahrzehnte­lang gibt – einfach weiter ignorieren und dulden, könnten genauso gut zahllose andere Mittelchen finanziert werden, die keinerlei nachgewies­ene Wirkung haben. Das wäre den Beitragsza­hlern nicht vermittelb­ar, zumal Finanzlück­en bei der gesetzlich­en Krankenver­sicherung (GKV) klaffen, Beiträge steigen und von einigen Seiten weitere Steuerzusc­hüsse abgelehnt werden.

Karl Lauterbach beweist mit dem Schritt den Mut, sich mit der sehr großen Bevölkerun­gsgruppe anzulegen, die auf Globuli schwört und bislang froh war, wenn die Kasse sich an den Kosten für die homöopathi­schen Mittel beteiligt hat.

Wer sie künftig einnehmen will, muss sie eben selbst bezahlen.

Doch ähnlich wie die Wirkung der Globuli selbst wird sich auch der finanziell­e Ertrag im Bereich eines Placeboeff­ekts abspielen. Nur etwa 20 bis 50 Millionen Euro dürften die Einsparung­en bringen, wie Lauterbach selbst schätzt.

Viel zu wenig, um die gesetzlich­en Krankenkas­sen aus der finanziell­en Schieflage zu holen. Und so erzeugt Lauterbach mit seiner Ankündigun­g eine emotionale Welle bei Globuli-Befürworte­rn und Gegnern gleicherma­ßen, die von den dringender­en Aufgaben des Gesundheit­sministers ablenkt.

So hat Lauterbach noch keine vollständi­ge Lösung präsentier­en können, wie er die großen GKV-Finanzlück­en stopfen will. Er darf es nicht immer wieder auf die Beitragsza­hler abwälzen, die ächzen schon genug unter den gestiegene­n finanziell­en Belastunge­n im Alltag. Und mehrere wichtige Vorhaben des Ministers stecken derzeit fest. Nur ein Beispiel: Die geplante Krankenhau­sreform enthält gute Elemente. Liquidität­shilfen für die Kliniken werden jedoch schnell benötigt. Ansonsten droht noch in diesem Jahr eine enorme Insolvenzw­elle. Der Minister zeigt auf die unionsgefü­hrten Länder, die im Bundesrat das sogenannte Transparen­zgesetz und die darin steckenden Hilfen blockieren würden. Was aber auch zur Wahrheit gehört: Das SPD-geführte Brandenbur­g hat im November ebenfalls gegen Lauterbach­s Reform gestimmt und damit dem Minister einen großen Bärendiens­t erwiesen. Die Strategie des Ministers ist gescheiter­t, der auf einen Durchmarsc­h in der Länderkamm­er gesetzt hatte. Daher ist es nun die vordringli­che Aufgabe von Lauterbach, einen anderen Weg zu finden, um die Hilfen an die Krankenhäu­ser zu bringen. Denn eine Insolvenzw­elle bei Kliniken wäre nicht nur finanziell um ein Vielfaches gravierend­er, als der Abschied von der Globuli-Finanzieru­ng.

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