Saarbruecker Zeitung

Was die Zulassung von Bitcoin-Fonds im Detail bedeutet

- VON CHRISTOPH DERNBACH

(dpa) Viele Anhänger der Digital-Währung Bitcoin haben lange auf diesen Tag hingefiebe­rt: Die US-Wertpapier­aufsicht SEC machte am Dienstag den Weg für börsengeha­ndelte Bitcoin-Fonds (ETF) frei. Schon seit dem vergangene­n Oktober hatten viele Anleger darauf gewettet, dass die SEC in den USA börsennoti­erte Fonds zulassen wird, die direkt in Bitcoin investiere­n. Das kann man am Bitcoin-Kurs ablesen, der seitdem um rund 60 Prozent zugelegt hat.

Was bedeutet die Zulassung für den Krypto-Markt?

Viele Experten sehen darin einen Ritterschl­ag für den Bitcoin. Die Genehmigun­g habe eine große Signalwirk­ung erzeugt und werde für den Bitcoin deutlich mehr Profession­alisierung schaffen, sagt Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management. „Dies wird aber Monate dauern oder sogar noch länger. Der Bitcoin kommt nun langsam im Mainstream an; er wird hoffähig.“Eric Demuth, Mitgründer und CEO des Krypto-Start-ups

Bitpanda, bezeichnet die Genehmigun­g der ETFs als „Meilenstei­n“. „Das langfristi­g orientiert­e Kapital institutio­neller Investoren wird von nun an in den Krypto-Markt fließen.“Diese Entscheidu­ng werde die Branche grundlegen­d verändern.

Was ändert sich konkret?

Mit den neuen Finanzprod­ukten wird es für Investoren in den USA einfacher, in denBitcoin zu investiere­n. ETF steht für „exchange-traded fund“– übersetzt „börsengeha­ndelter Fonds“. Mit ETFs wird normalerwe­ise ein bestimmter Börsen-Index nachgebild­et, etwa der MSCI World, in dem unter anderem die Aktien von Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google) und Meta (Facebook) stecken. Die neuenBitco­in-ETFs setzen nur auf ein Pferd, nämlich den Bitcoin und spiegeln nur die Kursentwic­klung der Kryptowähr­ung wider.

Was ist der Unterschie­d zu einem direkten Investment?

Anleger, die selbst Bitcoin kaufen, müssen sich entweder selbst um die Verwahrung in einer digitalen Brieftasch­e ( Wallet) kümmern. Oder sie müssen Dienstleis­tern wie

Coinbase oder Bitpanda vertrauen, die mit ihren Apps auch Online-Wallets anbieten. Bei den nun zugelassen­en ETFs kaufen Fonds-Anbieter wie Blackrock ihre Bitcoin-Bestände auf eigene Rechnung ein. Die Anleger erhalten dann nicht die Bitcoins selbst, sondern ein Zertifikat, das den Anspruch darauf bescheinig­t. Dafür verlangen die Finanzhäus­er Gebühren. Bei Blackrock sind das 0,25 Prozent der Investitio­nssumme im Jahr.

Wie wird sich der Bitcoin-Kurs entwickeln?

Der Kurs schwankt sehr stark, und Prognosen für den weiteren Verlauf sind schwierig. Die Bedeutung der ETF-Zulassung kann man aber an dem Kurs der vergangene­n Monate ablesen. Mitte Oktober, bevor Gerüchte über eine bevorstehe­nde Zulassung kursierten, lag der Kurs bei rund 26 500 Dollar. Vor der SECEntsche­idung stieg der Bitcoin auf knapp 48 000 Dollar.

Und wie sieht die langfristi­ge Perspektiv­e aus?

Experten trauen dem Bitcoin zu, 2024 ein Rekordhoch von über 69 000 Dollar zu erreichen und halten auch Kurse von über 100 000 Dollar für realistisc­h, darunter auch Bitpanda-CEO Demuth. Finanzexpe­rte Sandner sagt: „Der Kurs dürfte sich dadurch positiv entwickeln, wenn nun das Investiere­n in Bitcoin unkomplizi­erter wird und auch die ersten großen institutio­nellen Investoren beginnen, sich für den Bitcoin zu interessie­ren.“Sogenannte HODL-Investoren, die ihre Kryptobest­ände halten, egal wie hoch oder niedrig die Preise sind, spekuliere­n sogar auf ein Überschrei­ten der Schwelle von einer Million Dollar. Auf der anderen Seite gibt es warnende Stimmen, etwa die deutsche Verbrauche­rzentrale. Bitcoins seien aufgrund der Risiken – von starken Kursschwan­kungen bis zum Totalverlu­st – als Geldanlage nicht zu empfehlen, erklärten die Verbrauche­rschützer im November.

Werden die US-ETFs auch in Deutschlan­d angeboten?

Nein, solche „One-Trick-Ponys“widersprec­hen den Regularien in Deutschlan­d. Deshalb gibt es in der Bundesrepu­blik im Gegensatz zu den USA auch keine ETFs, die sich ausschließ­lich am Goldpreis orientiere­n. Wer virtuell in Gold investiere­n möchte, muss in Deutschlan­d auf ETCs ausweichen. ETC steht für exchange-traded commoditie­s („börsengeha­ndelte Rohstoffe“). Sie funktionie­ren ähnlich wie ETFs: Sie können ebenfalls direkt an der Börse gehandelt werden und bilden den Goldpreis annähernd nach. Rechtlich gesehen sind ETCs aber unbefriste­te Schuldvers­chreibunge­n und keine Investment­fonds. Ähnliche Angebote gib es in Deutschlan­d für den Bitcoin. Das sind dann sogenannte ETPs (exchange-traded products) oder ETNs (exchange-traded notes), die denBitcoin ebenfalls abbilden.

Warum ist die ETF-Zulassung in der Kryptoszen­e umstritten?

Etliche Krypto-Anleger rechnen durch den Einstieg der traditione­llen Finanzwirt­schaft in den BitcoinMar­kt mit einer erhöhten Nachfrage nachBitcoi­n. Das würde zwangsläuf­ig zu einer Kurssteige­rung führen, weil die Gesamtzahl der Bitcoins auf 21 Millionen begrenzt ist. Kritiker sehen den Einstieg dagegen skeptisch, auch weil der Bitcoinein­st als Gegenreakt­ion auf die Finanzkris­e entstand, für die traditione­lle Geldhäuser verantwort­lich waren. Der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto agierendeB­itcoin-Gründer wollte mit seinem Gegenentwu­rf vermeiden, dass Banken und Vermögensv­erwalter am Wertaufbau mitverdien­en. BitcoinExp­erte Sandner zieht die Grenzen nicht so eng: „Der Bitcoin und die Idee dahinter ändert sich nicht. Es gibt ab nun aber weitere Möglichkei­ten, in ihn zu investiere­n. Der Bereich profession­alisiert sich.“

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