Feuerwehren klagen über Mehrbelastung
Bei Bauvorhaben muss eine Gemeinde Stellung beziehen, wie es um den Brandschutz bestellt ist. Das hat eine Verordnung festgelegt. Für die Feuerwehren im Sulzbachtal bedeutet das eine deutlich höhere Belastung.
Sie bringt Ehrenamtlichen jede Menge Mehrarbeit, und bei manchen örtlichen Feuerwehren sorgt sie deshalb für Ärger: die Verwaltungsvorschrift vom 15. Dezember 2022. Nachzulesen ist sie im Amtsblatt des Saarlandes. Darin heißt es, dass Gemeinden als Träger der Feuerwehr dafür verantwortlich sind, Stellungnahmen zum Brandschutz beim Gebäudebau abzugeben.
Diese feuerwehrfachlichen Stellungnahmen sollen unter anderem Informationen darüber enthalten, wie gut zugänglich Grundstücke für die Feuerwehr sind, wie es um die Versorgung mit Löschwasser steht und wie gut die Voraussetzungen für Löscharbeiten sind.
Gut ein Jahr, nachdem die Vorschrift in Kraft getreten ist, fällt das Urteil des Quierschieder Wehrführers Christian Peter negativ aus: „Es ist eine Mehraufgabe, die jemand aus dem Team übernehmen muss“, sagt er und ergänzt: „Man muss sehen, dass die ehrenamtlichen Feuerwehrleute, die das Thema betreuen, egal ob das jetzt Wehrführung oder Löschbezirksführungen sind, einfach in der Regel ihr Feuerwehrwissen haben, aber nicht aus dem Baufachgewerbe sind.“
Wie lange es dauert, eine Stellungnahme zu einem Bauprojekt zu formulieren, sei je nach Größe des Projektes ganz unterschiedlich. „Ich würde es mal auf so fünf Stunden mitteln“, sagt Peter. Dabei gebe es aber auch sehr vertrackte Fälle, bei denen die Feuerwehr fünf oder sechs Aktenordner voller Bauunterlagen bearbeiten muss. Ebenfalls gebe es zusätzliche VorOrt-Termine, bei denen die Vorhaben besprochen und Unklarheiten beseitigt werden.
Auch Christoph Six, Wehrführer von Sulzbach, ist alles andere als glücklich mit der Verordnung. Zwei bis drei Stellungnahmen kämen monatlich auf die Feuerwehr zu, sagt er, fügt aber an, dass in Sulzbach zurzeit viel gebaut werde. Als Beispiele nennt er Nutzungsänderungen für Bestandsgebäude und Neubauten. Da sei die Untere Bauaufsicht eingeschaltet, die dann die Stellungnahme anfordere. Dabei bleibe zwar nicht die Feuerwehrarbeit auf der Strecke, aber „letztendlich leidet unter anderem vielleicht die Familie darunter“.
Die Arbeit an den Stellungnahmen sei nicht nur zeitaufwendig, man müsse auch das nötige Fachwissen dafür mitbringen, sagt Wehrführer
Six. Er selbst sei zwei Jahre lang als Leiter einer Werksfeuerwehr hauptberuflich tätig und dabei selbst oft in solche Bauvorhaben involviert gewesen. Bei einer Fortbildung als Brandschutzbeauftragter habe er die Baurichtlinien noch mal besser kennengelernt. Auch sein „Zuarbeiter“habe entsprechende Kenntnisse. Wer aber keine Qualifikation für die Stellungnahmen mitbringt, tue sich dabei sehr schwer.
Der Quierschieder Wehrführer Peter sieht es ähnlich: „Bei uns ist es so, dass immer die gleichen Personen beziehungsweise der gleiche Personenkreis die Aufgabe übernehmen, weil man einfach damit vertraut sein muss.“
Bevor die Gemeinden sich mit den Stellungnahmen befassen mussten, war Tony Bender, Brandinspekteur des Regionalverbands Saarbrücken, dafür zuständig. Er kümmerte sich um die Stellungnahmen im Regionalverband, mit Ausnahme von Völklingen und Saarbrücken. Beide Städte hätten eine eigene Bauauf
sicht. „Letzten Endes setzt die Verwaltungsvorschrift noch mal den Rahmen für Stellungnahmen der Feuerwehren aus Sicht des abwehrenden Brandschutzes im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren“, sagt Bender über die Verordnung. Dass die Feuerwehren auch für den vorbeugenden Brandschutz zuständig sind, sei im saarländischen
Brand- und Katastrophenschutzgesetz festgelegt.
Die Verwaltungsvorschrift lege nun fest, wer konkret für die Stellungnahmen zuständig ist. Bender betont dabei: „Letzten Endes ist es nicht die Feuerwehr. Das ist halt immer das große Missverständnis. Eigentlich ist die Kommune jetzt Ansprechpartner als Träger der Feuerwehr. Und mit wem die sich dann in der Folge ihr Know-how holt, das bleibt der gemeindlichen Organisation überlassen.“Da könne sich zwar genauso gut ein Bauingenieur kümmern, doch es gebe bestimmte Fragen, mit denen sich besser die Fachleute der Feuerwehr
auseinandersetzen.
Aus dem Innenministerium des Saarlandes heißt es, dass bei einem Bauvorhaben die Maßnahmen des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes aufeinander abgestimmt werden müssten, damit die Feuerwehren bei einem Brand ihre „gesetzlich übertragenen Einsatzaufgaben im Gesamtsystem Brandschutz erfüllen können“.
„Seit dem Jahr 2017 wurde von Vertretern der Feuerwehren des Saarlandes die Umsetzung von Verwaltungsvorschriften gefordert, inwieweit die Feuerwehren in das Baugenehmigungsverfahren eingebunden werden müssen“, so das Innenministerium weiter. Unter Federführung der Obersten Bauaufsichtsbehörde im Innenministerium sei die Verwaltungsvorschrift erarbeitet worden.
Auf die Frage, welche Qualifikationen die Menschen haben müssen, die Stellung zu Baumaßnahmen beziehen, schreibt das saarländische Innenministerium, dass „die Gemeinden die Grundausbildung der ehrenamtlichen Angehörigen ihrer Feuerwehr durchführen“. „Die weitergehende Aus- und Fortbildung obliegt den Landkreisen und im Regionalverband Saarbrücken der Landeshauptstadt Saarbrücken. Sie kann Gemeinden mit deren Zustimmung zur Durchführung übertragen werden.“
Brandinspektor Bender weist darauf hin, dass es „im Prinzip so ein Handbuch mit Textbausteinen zu den Prüfungsumfängen gibt“, mit dessen Hilfe die Stellungnahmen verfasst werden können. Auch verweist er auf die Lehrgänge an der Feuerwehrschule des Saarlandes. Diese seien sowohl für die entsprechenden Führungskräfte der Feuerwehr, die sich mit dem Thema befassen, als auch für Mitarbeiter der Kommunen geöffnet.
In diesem Jahr soll auch ein Schulungsangebot fortgesetzt werden. „Also, es steht jetzt definitiv niemand allein im Regen.“Er selbst sei durch die Verordnung „deutlich entlastet“, da er zuvor für die „acht Kommunen im Regionalverband teilweise sehr umfängliche Stellungnahmen geschrieben“habe.
Dennoch hätte das Ministerium die Verordnung anders angehen müssen – wie das ja auch in anderen Bundesländern der Fall sei, findet Tony Bender. Dort seien für solche Brandschutz-Stellungnahmen Hauptamtliche zuständig.
Christian Peter blickt besorgt in die Zukunft: „Es ist halt einfach eine massive Mehrbelastung für das Ehrenamt, das eh schon immer mehr in den Fokus rückt, weil die Einsatzzahlen steigen.“Und ergänzt: „Ich finde einfach auch, das ist ein Punkt, der nicht ins Ehrenamt gehört.“