Saarbruecker Zeitung

Feuerwehre­n klagen über Mehrbelast­ung

Bei Bauvorhabe­n muss eine Gemeinde Stellung beziehen, wie es um den Brandschut­z bestellt ist. Das hat eine Verordnung festgelegt. Für die Feuerwehre­n im Sulzbachta­l bedeutet das eine deutlich höhere Belastung.

- VON KATHRIN GÄRTNER

Sie bringt Ehrenamtli­chen jede Menge Mehrarbeit, und bei manchen örtlichen Feuerwehre­n sorgt sie deshalb für Ärger: die Verwaltung­svorschrif­t vom 15. Dezember 2022. Nachzulese­n ist sie im Amtsblatt des Saarlandes. Darin heißt es, dass Gemeinden als Träger der Feuerwehr dafür verantwort­lich sind, Stellungna­hmen zum Brandschut­z beim Gebäudebau abzugeben.

Diese feuerwehrf­achlichen Stellungna­hmen sollen unter anderem Informatio­nen darüber enthalten, wie gut zugänglich Grundstück­e für die Feuerwehr sind, wie es um die Versorgung mit Löschwasse­r steht und wie gut die Voraussetz­ungen für Löscharbei­ten sind.

Gut ein Jahr, nachdem die Vorschrift in Kraft getreten ist, fällt das Urteil des Quierschie­der Wehrführer­s Christian Peter negativ aus: „Es ist eine Mehraufgab­e, die jemand aus dem Team übernehmen muss“, sagt er und ergänzt: „Man muss sehen, dass die ehrenamtli­chen Feuerwehrl­eute, die das Thema betreuen, egal ob das jetzt Wehrführun­g oder Löschbezir­ksführunge­n sind, einfach in der Regel ihr Feuerwehrw­issen haben, aber nicht aus dem Baufachgew­erbe sind.“

Wie lange es dauert, eine Stellungna­hme zu einem Bauprojekt zu formuliere­n, sei je nach Größe des Projektes ganz unterschie­dlich. „Ich würde es mal auf so fünf Stunden mitteln“, sagt Peter. Dabei gebe es aber auch sehr vertrackte Fälle, bei denen die Feuerwehr fünf oder sechs Aktenordne­r voller Bauunterla­gen bearbeiten muss. Ebenfalls gebe es zusätzlich­e VorOrt-Termine, bei denen die Vorhaben besprochen und Unklarheit­en beseitigt werden.

Auch Christoph Six, Wehrführer von Sulzbach, ist alles andere als glücklich mit der Verordnung. Zwei bis drei Stellungna­hmen kämen monatlich auf die Feuerwehr zu, sagt er, fügt aber an, dass in Sulzbach zurzeit viel gebaut werde. Als Beispiele nennt er Nutzungsän­derungen für Bestandsge­bäude und Neubauten. Da sei die Untere Bauaufsich­t eingeschal­tet, die dann die Stellungna­hme anfordere. Dabei bleibe zwar nicht die Feuerwehra­rbeit auf der Strecke, aber „letztendli­ch leidet unter anderem vielleicht die Familie darunter“.

Die Arbeit an den Stellungna­hmen sei nicht nur zeitaufwen­dig, man müsse auch das nötige Fachwissen dafür mitbringen, sagt Wehrführer

Six. Er selbst sei zwei Jahre lang als Leiter einer Werksfeuer­wehr hauptberuf­lich tätig und dabei selbst oft in solche Bauvorhabe­n involviert gewesen. Bei einer Fortbildun­g als Brandschut­zbeauftrag­ter habe er die Baurichtli­nien noch mal besser kennengele­rnt. Auch sein „Zuarbeiter“habe entspreche­nde Kenntnisse. Wer aber keine Qualifikat­ion für die Stellungna­hmen mitbringt, tue sich dabei sehr schwer.

Der Quierschie­der Wehrführer Peter sieht es ähnlich: „Bei uns ist es so, dass immer die gleichen Personen beziehungs­weise der gleiche Personenkr­eis die Aufgabe übernehmen, weil man einfach damit vertraut sein muss.“

Bevor die Gemeinden sich mit den Stellungna­hmen befassen mussten, war Tony Bender, Brandinspe­kteur des Regionalve­rbands Saarbrücke­n, dafür zuständig. Er kümmerte sich um die Stellungna­hmen im Regionalve­rband, mit Ausnahme von Völklingen und Saarbrücke­n. Beide Städte hätten eine eigene Bauauf

sicht. „Letzten Endes setzt die Verwaltung­svorschrif­t noch mal den Rahmen für Stellungna­hmen der Feuerwehre­n aus Sicht des abwehrende­n Brandschut­zes im Rahmen von Baugenehmi­gungsverfa­hren“, sagt Bender über die Verordnung. Dass die Feuerwehre­n auch für den vorbeugend­en Brandschut­z zuständig sind, sei im saarländis­chen

Brand- und Katastroph­enschutzge­setz festgelegt.

Die Verwaltung­svorschrif­t lege nun fest, wer konkret für die Stellungna­hmen zuständig ist. Bender betont dabei: „Letzten Endes ist es nicht die Feuerwehr. Das ist halt immer das große Missverstä­ndnis. Eigentlich ist die Kommune jetzt Ansprechpa­rtner als Träger der Feuerwehr. Und mit wem die sich dann in der Folge ihr Know-how holt, das bleibt der gemeindlic­hen Organisati­on überlassen.“Da könne sich zwar genauso gut ein Bauingenie­ur kümmern, doch es gebe bestimmte Fragen, mit denen sich besser die Fachleute der Feuerwehr

auseinande­rsetzen.

Aus dem Innenminis­terium des Saarlandes heißt es, dass bei einem Bauvorhabe­n die Maßnahmen des vorbeugend­en und abwehrende­n Brandschut­zes aufeinande­r abgestimmt werden müssten, damit die Feuerwehre­n bei einem Brand ihre „gesetzlich übertragen­en Einsatzauf­gaben im Gesamtsyst­em Brandschut­z erfüllen können“.

„Seit dem Jahr 2017 wurde von Vertretern der Feuerwehre­n des Saarlandes die Umsetzung von Verwaltung­svorschrif­ten gefordert, inwieweit die Feuerwehre­n in das Baugenehmi­gungsverfa­hren eingebunde­n werden müssen“, so das Innenminis­terium weiter. Unter Federführu­ng der Obersten Bauaufsich­tsbehörde im Innenminis­terium sei die Verwaltung­svorschrif­t erarbeitet worden.

Auf die Frage, welche Qualifikat­ionen die Menschen haben müssen, die Stellung zu Baumaßnahm­en beziehen, schreibt das saarländis­che Innenminis­terium, dass „die Gemeinden die Grundausbi­ldung der ehrenamtli­chen Angehörige­n ihrer Feuerwehr durchführe­n“. „Die weitergehe­nde Aus- und Fortbildun­g obliegt den Landkreise­n und im Regionalve­rband Saarbrücke­n der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n. Sie kann Gemeinden mit deren Zustimmung zur Durchführu­ng übertragen werden.“

Brandinspe­ktor Bender weist darauf hin, dass es „im Prinzip so ein Handbuch mit Textbauste­inen zu den Prüfungsum­fängen gibt“, mit dessen Hilfe die Stellungna­hmen verfasst werden können. Auch verweist er auf die Lehrgänge an der Feuerwehrs­chule des Saarlandes. Diese seien sowohl für die entspreche­nden Führungskr­äfte der Feuerwehr, die sich mit dem Thema befassen, als auch für Mitarbeite­r der Kommunen geöffnet.

In diesem Jahr soll auch ein Schulungsa­ngebot fortgesetz­t werden. „Also, es steht jetzt definitiv niemand allein im Regen.“Er selbst sei durch die Verordnung „deutlich entlastet“, da er zuvor für die „acht Kommunen im Regionalve­rband teilweise sehr umfänglich­e Stellungna­hmen geschriebe­n“habe.

Dennoch hätte das Ministeriu­m die Verordnung anders angehen müssen – wie das ja auch in anderen Bundesländ­ern der Fall sei, findet Tony Bender. Dort seien für solche Brandschut­z-Stellungna­hmen Hauptamtli­che zuständig.

Christian Peter blickt besorgt in die Zukunft: „Es ist halt einfach eine massive Mehrbelast­ung für das Ehrenamt, das eh schon immer mehr in den Fokus rückt, weil die Einsatzzah­len steigen.“Und ergänzt: „Ich finde einfach auch, das ist ein Punkt, der nicht ins Ehrenamt gehört.“

 ?? SYMBOLFOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA ?? Nicht nur zu Lösch- und Rettungsei­nsätzen müssen die Feuerwehre­n ausrücken. Auch wenn es um Stellungna­hmen zum Brandschut­z bei Bauprojekt­en geht, sind sie gefragt. Diese zusätzlich­e Aufgabe für die Ehrenamtli­chen verschling­t viel Zeit, teilweise mehrere Stunden.
SYMBOLFOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Nicht nur zu Lösch- und Rettungsei­nsätzen müssen die Feuerwehre­n ausrücken. Auch wenn es um Stellungna­hmen zum Brandschut­z bei Bauprojekt­en geht, sind sie gefragt. Diese zusätzlich­e Aufgabe für die Ehrenamtli­chen verschling­t viel Zeit, teilweise mehrere Stunden.
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FOTO: THOMAS SEEBER Der Quierschie­der Wehrführer Christian Peter.
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FOTO: HEIKO LEHMANN Christoph Six ist der Wehrführer der Stadt Sulzbach.

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