„Die Wand“entfacht große EM-Euphorie
Deutsche Handballer huldigen Torwart Andreas Wolff nach dem 27:14-Auftaktsieg gegen die Schweiz.
(dpa) Die entspannte Bahnfahrt in der ersten Klasse von Düsseldorf nach Berlin hatte sich Nationaltorhüter Andreas Wolff nach dem euphorisierenden EM-Auftakt der deutschen Handballer verdient. Am Tag nach dem überzeugenden Erfolg über die Schweiz schwelgten der Matchwinner und seine Teamkollegen immer noch in Erinnerungen an den Traumstart vor der Weltrekordkulisse. Bundestrainer Alfred Gislason studierte zeitgleich im Zug die Videos des 27:14-Kantersiegs und konzentrierte sich auf die „wenigen negativen Szenen“.
Deutschland ist im Handball-Fieber. 7,6 Millionen Menschen waren beim ersten DHB-Auftritt am Bildschirm dabei und bescherten dem ZDF die Top-Einschaltquote des Tages von 28,8 Prozent. Der Erfolg löste die erhoffte Euphorie-Welle aus, die nun nach Berlin überschwappen soll. „Ich denke, die Deutschen haben Bock auf das Turnier und werden uns nach vorn peitschen“, sagte der starke Rückraumspieler Julian Köster. Schon am Sonntag kann Deutschland mit einem Sieg gegen Nordmazedonien den Einzug in die Hauptrunde perfekt machen. Zwei Tage später steigt das Duell mit Rekord-Weltmeister Frankreich, der ebenfalls mit einem souveränen Sieg in das Turnier startete.
53 586 Fans wie in Düsseldorf werden in der Hauptstadt zwar nicht mit dabei sein – dafür aber Torhüter Wolff. „Wenn die Jungs mit der gleichen Courage verteidigen, können wir bestimmt wieder ein sehr gutes Defensivpaket schnüren“, prophezeite Wolff. Der 32-Jährige vom polnischen Topclub Industrie Kielce ist auf den Punkt topfit. Dabei war sein EM-Start nach einem Bandscheibenvorfall im Sommer lange unsicher. „Normalerweise gehst du in so ein Turnier rein und hast 20, 25 Spiele in der Hinrunde gemacht. Ich starte halt mit sechs, sieben, acht. Du bist dann eben auch physisch nicht ganz auf dem Niveau wie normalerweise“, hatte Wolff vor Turnierstart noch gesagt.
Von wegen. Getragen von der größten Hallenhandball-Kulisse der
„Ich wusste, dass er gut ist, aber das war von einem anderen Stern.“Spielmacher Juri Knorr über Torwart Andreas Wolff
Geschichte brillierte Wolff von Beginn an. 13 von 22 Schweizer Würfen parierte der Routinier. Vor allem in den Anfangsminuten gaben die beeindruckenden Reflexe des Torhüters seinen nervös wirkenden Vordermännern Stabilität. „Das Spiel hat die Erwartungen weit übertroffen. In diesen schillernden Farben hätte ich das Spiel vorher nicht skizzieren können“, sagte Wolff.
Noch während des Spiels feierten die Zuschauer ihren Helden mit „Andi Wolff“-Sprechchören. Als der DHB-Keeper zehn Minuten vor Schluss das Parkett verließ, erhoben sich die Fans von ihren Plätzen. Mit all seiner Erfahrung ist Wolff der An
führer der jungen Wilden. Schon 2016 machte er das DHB-Team zum Europameister. Auch diesmal will der Schlussmann seiner jungen Mannschaft den Weg zur Medaille ebnen. „Ich wusste, dass er gut ist, aber das war von einem anderen Stern“, schwärmte Spielmacher
Juri Knorr und bemühte für dessen Auftritt die Worte „unglaublich, unfassbar, einzigartig“. Rune Dahmke taufte Wolff in „Andi, die Wand“um.
Der Bundestrainer ist zuversichtlich, dass seine Schützlinge auch die zweite Herausforderung beim Heim-Turnier bestehen. „Wir
haben auf sehr hohem Niveau gespielt. Es gab keinen Bruch. Das war ein Schritt nach vorn“, resümierte Gislason.“Fast im gleichen Atemzug warnte der Isländer aber vor zu viel Euphorie. „Wenn wir das nächste Spiel nicht gewinnen, können wir trotzdem rausfliegen.“