Saarbruecker Zeitung

Kritik an Lauterbach­s Homöopathi­eplänen

Geht es nach dem Gesundheit­sminister, sollen Patienten homöopathi­sche Behandlung­en künftig selbst bezahlen müssen.

-

BERLIN (dpa) Die geplante Streichung homöopathi­scher Behandlung­en als mögliche Leistung der gesetzlich­en Krankenkas­sen stößt auf teils heftige Kritik. So wehren sich deutsche Homöopathi­e-Ärztinnen und -Ärzte gegen das Vorhaben von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD).

„Eine Streichung der freiwillig­en Kassenleis­tung Homöopathi­e würde das Therapiean­gebot in der ärztlichen Versorgung einschränk­en“, sagte die Vorsitzend­e des Deutschen Zentralver­eins homöopathi­scher Ärzte, Michaela Geiger, in Berlin. „Es würde eine therapeuti­sche Monokultur in den Praxen entstehen – die Leidtragen­den wären die Patienten“, sagte die Neckarsulm­er Hausärztin. „Wir erleben täglich in der Praxis, dass die Therapievi­elfalt medizinisc­h sinnvoll ist.“

Basis für homöopathi­sche Arzneimitt­el können pflanzlich­e, mineralisc­he und tierische Substanzen sein. Wissenscha­ftlicher Konsens ist, dass für homöopathi­sche Behandlung­en keine Wirkung nachgewies­en ist, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.

Homöopathi­e werde von ihr und ihren Kolleginne­n und Kollegen begleitend zur konvention­ellen Medizin eingesetzt, sagte Geiger. „Viele Patientinn­en und Patienten kommen ganz gezielt wegen der Homöopathi­e in unsere Arztpraxen, vor allem auch bei chronische­n Erkrankung­en.“

Die Satzungsle­istung sei wichtig, denn nur so erhalten Patienten die ärztliche Homöopathi­e auf Chipkarte. „Zusatzvers­icherungen kosten Geld, das können sich nicht alle Patienten leisten – Homöopathi­e aber ist versorgung­srelevant.“

Lauterbach hatte angekündig­t, die Finanzieru­ng von Globuli und anderen homöopathi­schen Behandlung­en durch gesetzlich­e Krankenkas­sen streichen zu wollen. Heute können Kassen solche Mittel als Satzungsle­istungen anbieten. Das sind Angebote, die eine Kasse zusätzlich zu den vorgeschri­ebenen Leistungen gewähren kann.

Lauterbach hatte am Donnerstag gesagt: „Die Homöopathi­e ist eine Leistung, die keinen medizinisc­hen

Nutzen auf der Grundlage des wissenscha­ftlichen Sachstande­s erbringt.“Von Grünen und CDU war der Plan kritisiert worden. Die FDP im Bundestag und die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung hatte den Vorstoß unterstütz­t.

Der Apothekerv­erband prognostiz­ierte eine Kostenstei­gerung. „Die Kosten für homöopathi­sche Behandlung­en als Kassenleis­tung sind im wahrsten Wortsinne homöopathi­sch. Eine Abschaffun­g könnte aber dazu führen, dass alternativ­e Therapien der Ärzte mit anderen erstattung­sfähigen Arzneimitt­eln umgesetzt werden, die viel teurer sind“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein.

Er befürchte eine Benachteil­igung von Menschen mit weniger Geld. „Denn wenn solche Behandlung­en grundsätzl­ich nicht mehr von

Krankenkas­sen bezahlt werden, werden sich Bürger mit schmalem Geldbeutel das eigenständ­ig nicht mehr leisten können, finanziell besser gestellte aber schon.“

Bayerns Gesundheit­sministeri­n Judith Gerlach (CSU) sagte der „Frankenpos­t“: „Die Lauterbach­Ankündigun­g ist eine politische Nebelkerze.“Offensicht­lich solle mit dieser Diskussion davon abgelenkt werden, dass die Bundesregi­erung bei der notwendige­n Finanzieru­ngsreform der gesetzlich­en Krankenkas­sen nicht vorankomme. Die evidenzbas­ierte, moderne Medizin müsse zwar der Maßstab für die Versorgung sein. Es bestehe aber in der Bevölkerun­g durchaus auch der Wunsch nach ganzheitli­chen, alternativ­en Behandlung­sansätzen. Wichtig sei, die Grenzen dieser Methoden zu kennen.

 ?? FOTO: CARSTEN KOALL/ DPA ?? Gesundheit­sminister Lauterbach will Homöopathi­e als Kassenleis­tung streichen.
FOTO: CARSTEN KOALL/ DPA Gesundheit­sminister Lauterbach will Homöopathi­e als Kassenleis­tung streichen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany