Das „Wunder 2.0“muss her
Ringer-Bundesligist KSV Köllerbach muss im Halbfinale gegen den SC Kleinostheim acht Punkte Rückstand aufholen.
KÖLLERBACH Der 13. Januar 2018 ist in die Geschichte des Ringer-Bundesligisten KSV Köllerbach eingegangen. Niemand, der an diesem Abend im Trimm Treff dabei war, wird das „Wunder von Püttlingen“vergessen. „Wir hatten den Halbfinal-Hinkampf beim TuS Adelhausen mit neun Punkten Unterschied verloren. Niemand gab uns den Hauch einer Chance“, erinnert sich Griechisch-Römisch-Spezialist Etienne Kinsinger, „da ist viel Magisches passiert. Freistilringer Gennadj Cudinovic gab stilartfremd in der Klasse bis 98 Kilogramm nur einen Punkt ab. Mihail Sava hat gegen Akhmed Chakaev gewonnen, was niemand erwartet hat. Timo Badusch besiegte Konstantin Schneider, und am Ende machte Andrij Shyyka die nötigen vier Punkte zum Sieg. Die Stimmung in der Halle war Wahnsinn.“
Eine Erinnerung, an der Kinsinger seinen Anteil bescheiden verschweigt. Sein Gegner in der Klasse bis 66 Kilogramm zählte damals zur absoluten Weltklasse. „Ivo Angelov hat gefühlt zehn Jahre in Adelhausen gerungen und eine Handvoll Kämpfe verloren“, erzählt das Köllerbacher Eigengewächs, „es war ein schöner Sieg, auch wichtig für mein Selbstvertrauen.“Für viele Experten war es ein Fingerzeig, dass der ehemalige Kadetten-Weltmeister Kinsinger auch bei Männern international mithalten kann. „Ich denke gerne daran zurück, weil den Ivo nicht jeder besiegt hat.“
An diesem Samstag steht dem KSV nun eine ähnliche Mammutaufgabe bevor. Nach dem 12:20 beim SC Siegfried Kleinostheim am vergangenen Samstag bedarf es einem „Wunder 2.0“, damit der KSV erneut ins Finale einziehen kann. „Das hat es in der Vergangenheit öfter gegeben, dass sich Geschichte wiederholt“, sagt Kinsinger, „das ist das Schöne am Sport, dass man Ergebnisse nicht genau vorhersagen kann. Wir müssen uns nichts vormachen: Kleinostheim hat die bessere Ausgangslage, aber es hat schon öfter solche Überraschungen gegeben.“
Die ersten Überraschungen könnte es bereits auf der Waage geben. Beide Teams machen aus ihrer Aufstellung ein Geheimnis, zumal in dieser Woche in Zagreb ein internationales Turnier stattfindet. Es ist offen, welche Mannschaft welche Sportler letztlich für dieses Turnier abstellen muss und wer dennoch kurzfristig zur Verfügung steht.
Von den Helden des Wunders von 2018 sind voraussichtlich noch Oleksandr Khotsianivsky (130 Kilo Freistil), Andrij Shykka (75 Kilo Freistil), Mihail Sava (71 Kilo Freistil) und eben Kinsinger (66 Kilo griechisch-römisch) mit dabei. „Kleinostheim kann flexibel aufstellen, deswegen bereite ich mich nicht auf einen speziellen Gegner vor“, sagt Kinsinger, der gerne ins Finale einziehen will. Außerdem möchte er sich nach einem von Verletzungen und Krankheiten überschatteten Jahr 2023 seinen Traum von den Olympischen Spielen in Paris erfüllen. „Ich bereite mich auf das Thor-Masters-Turnier Anfang März vor. Da will ich eine gute Leistung abrufen und die Chance auf zumindest eines der ausstehenden Qualifikationsturniere wahren“, sagt der Saarländer, der 2021 in Tokio dabei war, „damals aber ohne Zuschauer. Jetzt, mit Paris so nah an der Heimat, würde ich mir das gerne erfüllen.“
Das Publikum dürfte auch am Samstag eine Rolle spielen. Noch ist der Trimm Treff nicht ausverkauft, die Kassen öffnen um 17 Uhr. „Wir brauchen die Fans“, sagt Kinsinger, „das Wunder kann sich gerne wiederholen – aber es wird diesmal nicht leichter.“
„Das Wunder kann sich gerne wiederholen – aber es wird diesmal nicht leichter.“Etienne Kinsinger Ringer des KSV Köllerbach