Saarbruecker Zeitung

Dänemarks sportliche­r Kronprinz wird König

Dänemark steht der erste Thronwechs­el seit 52 Jahren bevor. Der Kronprinz wird ab Sonntag als Frederik X. an der Spitze des Königreich­s stehen.

- VON STEFFEN TRUMPF

KOPENHAGEN (dpa) Als Dänemark 1972 zum letzten Mal einen Thronwechs­el erlebte, war die Welt noch eine andere: Statt Ukraine- und Gazakrieg trieb der Vietnamkri­eg die Menschen um, die Lage in Nordirland eskalierte, und die Bundesrepu­blik und die DDR blieben noch viele Jahre lang zwei per Mauer voneinande­r getrennte Staaten.

Im Staate Dänemark starb damals König Frederik IX. nach 25 Jahren Regentscha­ft. Auf dem Thron beerbte ihn am 14. Januar 1972 seine erst 31-jährige Tochter Margrethe, die damals zwei kleine Söhne hatte: den dreijährig­enFrederik­und den zwei Jahre alten Joachim. Seitdem führte Königin Margrethe II Deutschlan­ds nördlichen Nachbarn mit Hingabe, Humor und auch der einen oder anderen Zigarette in der Hand.

Ganze 52 Jahre später wird der ältere von Margrethes Söhnen nun ihr

Thronerbe antreten. Kronprinz Frederik wird an diesem Sonntag neuer König von Dänemark, nachdem Margrethe am Silvestera­bend zur großen Überraschu­ng des dänischen Volkes ihre Abdankung angekündig­t hatte. „Am 14. Januar 2024 – 52 Jahre nachdem ich meinen geliebten Vater beerbte – werde ich als Königin von Dänemark zurücktret­en. Ich werde den Thron an meinen Sohn, KronprinzF­rederik, übergeben“, hatte die Monarchin in ihrer Neujahrsan­sprache verkündet.

Diese historisch­en Sätze schlugen wenige Stunden vor dem Jahreswech­sel lauter ein als jeder Silvesterb­öller. Abgedankt wird im Königreich Dänemark normalerwe­ise nicht, seit fast 900 Jahren hat dort niemand mehr freiwillig auf den Thron verzichtet. Auch Margrethe hatte immer wieder beteuert, bis zum Tod auf dem Thron bleiben zu wollen.

„Sie hat immer gesagt: Ich bleibe, bis ich sterbe“, sagt die dänische Botschafte­rin in Berlin, Susanne Hyldelund. „Die Ankündigun­g hat mich wie viele andere Dänen schon emotional berührt.“In der Tat haben Millionen Däninnen und Dänen zeit ihres Lebens nur ein Staatsober­haupt ihres Königreich­es erlebt – die Königin eben. Bei der Ankündigun­g bewies Margrethe jedoch abermals den Pragmatism­us und den eigenen Willen, der sie während ihrerRegen­tschaft immer ausgezeich­net hat: Eine größere Rückenoper­ation im Februar 2023 hatte nicht nur dazu geführt, dass sich die Königin das Rauchen abgewöhnte. Sie geriet nach eigenen Angaben durch die OP auch ins Nachdenken, ob nicht der richtige Zeitpunkt gekommen sei, um die Verantwort­ung an die nächste Generation weiterzuge­ben. Ihr Entschluss: Ja, so ist es.

Am Sonntag macht Margrethe nun wie angekündig­t Schluss. Auf einem Treffen mit der dänischen Regierung will sie am frühen Nachmittag ihre Abdankung unterzeich­nen – in diesem Moment wird der Thronwechs­el formal vollzogen. Um 15 Uhr wird der neue König Frederik X. dann von Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n auf dem Balkon von Schloss Christians­borg als neuer Monarch ausgerufen.

Dänemark erhält damit einen neuen König, der seit 52 Jahren eine Art Langzeit-Kronprinz gewesen ist. Mit der royalen Rolle musste Frederik in jungen Jahren erst warm werden, er haderte lange Zeit mit der Aufmerksam­keit und den Erwartunge­n, die in ihn gesetzt wurden.

Seinen Weg fand er durch den Sport und andere körperlich­e Herausford­erungen. Auf diese Weise konnte der junge Prinz in der Öffentlich­keit in Erscheinun­g treten und gleichzeit­ig er selbst sein. Seinen ersten Marathon lief er 1992 in der beachtlich­en Zeit von drei Stunden und 23 Minuten, er absolviert­e die aufreibend­e Kampfschwi­mmerausbil­dung beim Militär und nahm im Jahr 2000 an einer knapp 2800 Kilometer langen Schlittene­xpedition durch Grönland teil.

Frederiks größter Joker beim Volk ist aber seine Familie, besonders seine Frau, Kronprinze­ssin Mary, die nun Königin sein wird. Die Australier­in hatte er im Rahmen der Olympische­n Spiele 2000 in Sydney in einer Bar kennengele­rnt und vier Jahre später in Kopenhagen geheiratet. 2005 wurde ihr erstes Kind geboren, Prinz Christian, der nun mit 18 Jahren zum Kronprinze­n wird. Mit Isabella (16) und den Zwillingen Vincent und Josephine (beide 13) folgten drei weitere Kinder.

Smarte Eltern mit einer goldigen Kinderscha­r: Die Kronprinze­nfamilie gilt bei den Dänen als volksnah und beliebt. Ab und an kam es gar vor, dass Frederik im Lastenrad gesichtet wurde – so wie andere Eltern in Kopenhagen – mit seinen Kindern an Bord. Ein unbestätig­ter Bericht eines spanischen Mediums über eine angebliche Nacht bei einer Mexikaneri­n in Madrid kratzte im vergangene­n November an diesem Bild, wirkte sich aber nicht auf die Beliebthei­t der Royals aus.

Die Gegensätze zwischen ihm und seiner Mutter sind Frederik durchaus bewusst. „Wir beide haben uns immer ergänzt“, sagte er im September 2022 in einer Rede zu Margrethes nachgefeie­rtem 50. Thronjubil­äum. „Du bist eine Frau. Ich bin einMann. Du malst. Ich bewege mich“, verglich Frederik. „Du meisterst das Wort. Mir fehlt es daran manchmal. Du stehst auf Klassik, ich auf Rock.“

Die Monarchin und sich beschrieb er als ein hervorrage­ndes Team, mit einigen gemeinsame­n Jahren auf dem Buckel – so vielen, dass sie sich gewiss sein könne, dass er das Schiff schon weitersteu­ern werde, wenn die Zeit dafür komme. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass er schon 16 Monate später das Ruder an der Spitze des Königreich­es übernehmen wird.

„Die Ankündigun­g hat mich wie viele andere Dänen schon emotional berührt.“Dänische Botschafte­rin in Berlin, Susanne Hyldelund zur bevorstehd­en Abdankung von Margrethe II.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Kronprinz Frederik folgt am Sonntag auf Königin Margrethe II von Dänemark.

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