Mit Fehlern offen umgehen
Missgeschicke oder auch ein grober Schnitzer können im Job jedem passieren. Vertuschen ist dann der schlechteste Weg.
HAMBURG/HERRENBERG (dpa) „Jeder macht mal Fehler“– und überhaupt: „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“. Dennoch gilt im Job oft: Besser bloß keine Fehler machen. Konfrontiert die Führungskraft einen mit genau diesen, beschleicht viele ein unangenehmes Gefühl, vielleicht sogar Angst. Was also tun, wenn man beruflich etwas verpatzt hat?
In jedem Fall nicht abstreiten oder die Schuld auf andere schieben. „Am besten, man räumt den Fehler sofort ein und bedauert ihn“, sagt der Karrierecoach Christoph Burger. Sein Rat außerdem: Sich nicht sofort groß rechtfertigen, sondern erst einmal die Vorgesetzten sprechen lassen. Vielleicht ist es ihnen wichtig sicherzustellen, dass ihre Botschaft wirklich angekommen ist. Oder sie möchten ihre Frustration teilen, Erwartungen formulieren.
Danach kann – und sollte – darüber gesprochen werden, was aus dem Fehler folgt, zum Beispiel mehr Unterstützung aus den Reihen des Teams, Schulungen oder die Arbeitsabläufe unter die Lupe zu nehmen. Manchmal liegt es aber auch an einem falschen Führungsstil. „Das bedeutet, Fehler von Beschäftigten können für die Führungskräfte selbst unangenehm werden, weil sie nicht selten das Führungsverhalten betreffen“, sagt der Coach.
Doch was, wenn man selbst bisher die einzige Person ist, die gemerkt hat, dass etwas schiefgegangen ist? Einen formalen Fehlerbericht erstellen? „Das kommt auf die Größe und die Art des Malheurs an“, sagt Burger. Ist der Fehler vergleichsweise klein, sind keine größeren Auswirkungen zu erwarten, kann es womöglich besser sein, ihn selbst zu korrigieren. Und den Chef mit einem Bericht nicht zusätzlich zu belasten. „Die Herausforderung liegt also darin, diese Fragen selbst abzuwägen und dann zu entscheiden, was der beste Weg im konkreten Fall ist.“
So schlimm wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, sind Missgeschicke im Berufsleben überhaupt nicht. „Wir alle lernen aus Fehlern und nicht aus dem, was funktioniert“, sagt Monika V. Kronbügel, Gesamtvorstandsmitglied beim Bundesverband der Personalmanager (BPM). Ein echtes Problem sind aus ihrer Sicht Fehler nur dann, wenn einem das gleiche Missgeschick permanent unterläuft. Doch auch dann sollte es um Ursachenanalyse statt um Schuldzuweisungen gehen.
Das heißt auch: Nur in absoluten Ausnahmen sollten Fehler mit Sanktionen verbunden sein. Denn geht das Eingeständnis eines Fehlers mit einem Gesichtsverlust oder einer Strafe einher, ist vor allem eines wahrscheinlich: Es wird so viel vertuscht wie möglich.
Mit Fehlern sollte also offen umgegangen werden. Doch: „Das erreicht man nie allein dadurch, dass es irgendwo steht“, sagt Burger, „sondern nur dadurch, dass es im Alltag gelebt wird.“Und hier kommt
„Wir alle lernen aus Fehlern und nicht aus dem, was funktioniert.“Monika V. Kronbügel BPM-Gesamtvorstandsmitglied
Führungskräften eine Vorbildrolle zu. Ihre Aufgabe sei es, sagt Kronbügel, das Lernen aus Fehlern zu fördern. „Das können sie beispielsweise tun, indem sie dem Team von eigenen Fehlern berichten.“Dabei sollte auch eines zur Sprache kommen: Was hat der Führungskraft persönlich beim Umgang mit Fehlern geholfen?
Eine offene Fehlerkultur sei extrem herausfordernd für alle Beteiligten, räumt Burger ein. Denn jeder Fehler stellt im Kern grundsätzliche Fragen – an einen selbst, Kollegen, Führungskräfte und die gesamte Organisation. „Aber es lohnt sich“, so Burger. Denn Fehler sind ein Impuls, die Menschen und die Organisation besser zu machen.
Auch Monika V. Kronbügel sagt: „Es hat viele Vorteile, wenn ein Unternehmen eine offene und konstruktive Fehlerkultur pflegt.“Etwa, weil damit die Innovationslust von Mitarbeitern gefördert wird. Beschäftigte, die wissen, dass sie einen Fehler machen dürfen, ohne gleich mit Sanktionen rechnen zu müssen, seien experimentierfreudiger, so die Personalexpertin. Und: „Ein Unternehmen, das mit Innovationen punktet, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil auf dem Markt.“
Außerdem geht es darum, dass Beschäftigte sich im Unternehmen wohlfühlen. Wissen sie, dass sie die Karriereleiter nicht heruntersausen oder ewig auf derselben Sprosse stehen bleiben, wenn mal etwas daneben gegangen ist, hat das eine Bindungswirkung. Schließlich geht es um die Chance, aus Fehlern etwas für die Zukunft zu lernen und mitzunehmen. „So halten Unternehmen in Zeiten von Fachkräftemangel ihre Beschäftigten“, sagt Kronbügel.