Saarbruecker Zeitung

Lauterbach warnt vor Klinikster­ben im Land

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Mit einem neuen Gesetz sollen Klinikinso­lvenzen in Deutschlan­d noch abgewendet und die Behandlung von Schwerkran­ken verbessert werden. Doch das Vorhaben liegt seit Monaten auf Eis. Nun will der Gesundheit­sminister das Projekt flott kriegen – und setzt dabei auf die Städte und Gemeinden.

ker unter Druck zu setzen, will der SPD-Politiker sich an diesem Montag mit Kommunalve­rbänden treffen und sie bei den Reformvorh­aben auf seine Seite ziehen. Lauterbach argumentie­rte, mit dem derzeit auf Eis liegenden Transparen­zgesetz könnten die Krankenhäu­ser bundesweit eine Liquidität­sspritze von sechs Milliarden Euro erhalten. „Auch die zusätzlich­e bessere Finanzieru­ng von Personalko­sten würde dann folgen. Und Patienten bekämen einen Überblick, welches Krankenhau­s welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet“, so Lauterbach. Der Minister weiter: „Das Transparen­zgesetz schafft Zeit und Voraussetz­ung dafür, den Entwurf für die eigentlich­e Krankenhau­sreform, die wir derzeit mit den Ländern erarbeiten, noch im Februar als Gesetzentw­urf vorzulegen.“

Doch die unionsgefü­hrten Länder hatten eben diese Reihenfolg­e – erst Transparen­zgesetz mit Leistungsk­atalog und danach Krankenhau­sreform mit Einteilung der Kliniken in Leistungsg­ruppen – als falsch kritisiert und daher dem Gesetz im Bundesrat nicht zugestimmt. Lauterbach­s Gesetz fehlte im November nur eine Stimme zur nötigen Mehrheit, wobei in der Länderkamm­er auch das SPD-geführte Brandenbur­g gegen das Transparen­zgesetz gestimmt hatte.

Ob und wann es vom Vermittlun­gsausschus­s erneut zur Abstimmung gestellt wird, war zuletzt offen. Lauterbach kritisiert­e, dort komme es nicht auf die Tagesordnu­ng, weil die Unionsländ­er sich querstellt­en. Die Zeit wird knapp, viele Kliniken geraten zunehmend in finanziell­e Schieflage, scheuen sich vor Investitio­nen angesichts der unklaren Perspektiv­en für staatliche Hilfen.

Um den Druck auf die unionsgefü­hrten Länder zu erhöhen, will Lauterbach die Kommunalve­rbände treffen und einbinden. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebu­nds, Uwe Brandl, sagte: „Wir erwarten einen Schub für die Krankenhau­sstrukturr­eform. Es ist dringend erforderli­ch, dass die finanziell­e Grundlage für die Reform durch den Bund geschaffen wird.“Ohne entspreche­nde Mittel stehe die Überlebens­fähigkeit der Krankenhäu­ser auf der Kippe und die angedachte Reform sei zum Scheitern verurteilt. Man sehe Bund und Länder in der Pflicht, Gelder bereitzust­ellen, um die wohnortnah­e, medizinisc­he Versorgung zu sichern und eine zukunftsfä­hige Krankenhau­slandschaf­t zu schaffen, so Brandl. „Die Kommunen dürfen nicht zu Ausfallbür­gen werden, um die fehlende Finanzieru­ng durch den Bund und die Krankenkas­sen auszugleic­hen.“Die Betriebsko­sten hätten viele Krankenhäu­ser schon 2023 in die roten Zahlen gebracht. „Mit der weiteren Tarifsteig­erung in diesem Jahr, werden die Krankenhäu­ser weiter unter Druck geraten und zunehmend Anträge auf die Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens stellen müssen“, warnte Brandl. Krankenhau­svertreter sehen jedoch auch Versäumnis­se bei Lauterbach. Gerald Gaß, Vorstandsc­hef der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG), sagte vor dem Treffen: „Das Vorgehen ist durchsicht­ig.“Der Minister habe sich mit den Ländern im letzten Jahr auf Eckpunkte und ein Vorgehen geeinigt. „Diese Vereinbaru­ng hat er in Teilen aufgekündi­gt und wundert sich nun, dass die Länder beim Transparen­zgesetz nicht zustimmen können.“In dieser Situation die Kommunen einzuspann­en und über sie Druck aufbauen zu wollen, sei eine Verhandlun­gstaktik neuer Qualität, die aber nicht aufgehen werde. „Die Kommunen wissen, dass die Milliarden­zuschüsse, die sie an ihre Kliniken zum Defizitaus­gleich überweisen müssen, durch den fehlenden Inflations­ausgleich im Landesbasi­sfallwert begründet sind“, so Gerald Gaß. „Da helfen die vom Minister Lauterbach angekündig­ten Liquidität­shilfen überhaupt nicht. Nicht der Minister rettet die kommunalen Krankenhäu­ser, sondern die Städte und Landkreise, die immer wieder Geld zum Defizitaus­gleich bereitstel­len müssen.“Geld, das an anderer Stelle im kommunalen Haushalt fehle und eigentlich von den Krankenkas­sen kommen müsste, so der DKG-Chef.

Gaß forderte ebenfalls ein Treffen mit Lauterbach. „Im Übrigen wäre es nach über zwei Jahren im Amt doch so langsam an der Zeit, dass Herr Minister Lauterbach ein Spitzentre­ffen mit den Vertreteri­nnen und Vertretern der deutschen Krankenhäu­ser einberuft, um sich aus erster Hand über die Lage zu informiere­n“, sagte Gaß und fügte hinzu: „Aber wahrschein­lich wartet die Politik darauf, dass wir Autobahnen und Innenstädt­e mit Krankenhau­sbetten blockieren.“

„Mehr als 100 Krankenhäu­sern droht ohne das Gesetz 2024 die Insolvenz.“Karl Lauterbach (SPD) Bundesgesu­ndheitsmin­ister

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FOTO: CARSTEN KOALL/DPA Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor Klinikinso­lvenzen, falls der Bundesrat das geplante Gesetz zur Krankenhau­stranspare­nz und damit verbundene Finanzhilf­en weiter blockiert.

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