Saarbruecker Zeitung

100 Tage Tod und Zerstörung in Israel und Gaza

Seit dem 7. Oktober, dem bestialisc­hen Terror der Hamas in Israel, hält der Gaza-Krieg die Welt in Atem. Ein Ende ist nicht in Sicht, eine weitere Eskalation droht.

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TEL AVIV/GAZA( dpa) Nach 100 Tagen Gaza-Krieg hat Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu seine Landsleute auf eine Fortsetzun­g des Kampfes gegen die Hamas und andere Terrororga­nisationen im Gazastreif­en eingeschwo­ren. „Wir werden den Krieg bis zum Ende fortsetzen – bis zum vollständi­gen Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben: Die Beseitigun­g der Hamas, die Rückgabe aller unserer Geiseln und die Gewährleis­tung, dass der Gazastreif­en nie wieder eine Bedrohung für Israel darstellen wird“, sagte Netanjahu.

Hilfsorgan­isationen sprachen von einer humanitäre­n Katastroph­e für die 2,2 Millionen Palästinen­ser. Aus ihrer Sicht ist der Gazastreif­en wegen der großen Zerstörung unbewohnba­r geworden.

Am Sonntag dauerte der Krieg 100 Tage an. Auslöser war der Terrorangr­iff der islamistis­chen Hamas und anderer extremisti­scher Gruppen auf

Israel am 7. Oktober. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreif­en verschlepp­t. Israel reagierte darauf mit massiven Luftangrif­fen und einer Bodenoffen­sive. Angesichts der Spannungen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon sowie im Roten Meer wachsen die Sorgen vor einem regionalen Krieg.

Israel geht davon aus, dass dort noch 136 Menschen festgehalt­en beziehungs­weise deren Leichen nicht herausgege­ben werden. Regierungs­angaben zufolge sind vermutlich 25 Menschen nicht mehr am Leben. Im Rahmen eines Deals zwischen der Regierung in Jerusalem und der Hamas wurden während einer einwöchige­n Feuerpause Ende November insgesamt 105 Geiseln freigelass­en. Im Austausch entließ Israel 240 palästinen­sische Häftlinge aus israelisch­en Gefängniss­en.

Bei einer Massenkund­gebung in Tel Aviv machten nach Angaben von Organisato­ren etwa 120 000 Menschen auf das Schicksal der Geiseln aufmerksam. Familienan­gehörige äußerten sich frustriert, wie die Zeitung Times of Israel berichtete. Sie warfen der Regierung von Ministerpr­äsident Netanjahu vor, nicht genug zu tun, um die im Gazastreif­en weiter festgehalt­enen Geiseln nach

Hause zu holen. Hunderte israelisch­e Unternehme­n traten am Sonntag als Zeichen der Solidaritä­t mit den Geiseln in einen 100 Minuten langen Streik.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollie­rten Gesundheit­sbehörde wurden im Gazastreif­en inzwischen fast 24 000 Menschen getötet und weitere rund 60 600 verletzt. Die humanitäre Lage bleibt dramatisch.

Nur rund ein Drittel der Krankenhäu­ser ist teilweise noch im Betrieb. Laut Vereinten Nationen droht zudem eine Hungersnot. Rund 360 000 Wohneinhei­ten wurden zudem beschädigt oder zerstört. Dies bedeute, dass mehr als eine halbe Million der 2,2 Millionen Einwohner kein Zuhause mehr hätten, in das sie nach dem Krieg zurückkehr­en könnten. Nach UN-Angaben wurden bislang 85 Prozent der Bevölkerun­g vertrieben.

In Israel mussten laut Regierungs­angaben mehr als 200 000 Menschen ihr Zuhause verlassen, um sich im Süden des Landes vor Angriffen der Hamas und im Norden vor Attacken der libanesisc­hen Hisbollah in Sicherheit zu bringen. In Israel leben rund zehn Millionen Menschen. Im Libanon mussten nach Angaben der Organisati­on für Migration (IOM) wegen der Spannungen mehr als 76 000 Menschen ihr Zuhause verlassen.

Mehr als drei Monate nach Kriegsbegi­nn wächst die Sorge, dass der Konflikt in einen regionalen Flächenbra­nd mündet. Mit besonders großer Sorge blicken Beobachter auf die Lage am Roten Meer. Die schiitisch­en und vom Iran unterstütz­ten Huthi griffen in den vergangene­n Wochen immer wieder Schiffe auf dem Weg nach Israel an. Die USA und Verbündete bombardier­ten daraufhin Stellungen der militantis­lamistisch­en Gruppe im Jemen.

Auch die Lage im Grenzgebie­t zwischen den Nachbarlän­dern Israel und Libanon bleibt weiter angespannt. Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es an der Grenze immer wieder zu Konfrontat­ionen zwischen Israels Armee und der vom Iran unterstütz­ten Hisbollah-Miliz. Sie ist mit der Hamas verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräf­tiger. Auch am Sonntag gab es wieder Feuergefec­hte.

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FOTO: FRANK AUGSTEIN/AP Vor 100 Tagen haben Kämpfer der radikalisl­amischen Hamas Israel angegriffe­n. Trotz weltweiter Proteste tobt der Krieg im Gazastreif­en unverminde­rt weiter.

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