Personalmangel schränkt Saar-Kitas ein
Seit geraumer Zeit können immer mehr Kitas ihre Öffnungszeiten nicht mehr garantieren aufgrund von Personalmangel. Eltern bringt das in Not.
SAARBRÜCKEN „Leider muss unsere Einrichtung heute wegen vieler Krankheitsfälle bereits um 15 Uhr schließen.“Mails wie diese erreichen Eltern kleiner Kinder immer häufiger, vor allem in der kalten Jahreszeit mit ihrem höheren Risiko für Erkältungen und Covid-Infektionen. Keine Seltenheit: Kita-Leitungen bitten darum, Kinder möglichst früh abzuholen – oder wenn möglich gar nicht erst in den Kindergarten zu bringen. Eltern bieten aus Verzweiflung sogar selbst ihre Hilfe an, um die sich häufenden Personalausfälle zu kompensieren. Das ist nur sehr beschränkt möglich und rechtlich heikel.
Noch dazu haben einige Kitas ihre langen Öffnungszeiten wieder eingeschränkt. In einigen städtischen Kitas in Saarbrücken zum Beispiel wird nicht mehr wie bisher bis 18 Uhr, sondern nur noch bis 17 Uhr betreut. Auch das bringt einige Familien in Bredouille. „Das System ist absolut auf Kante genäht. Es gibt keine personellen Spielräume“, beklagt die Vorsitzende des Verbandes der Kita-Fachkräfte Saar, Susanne Kunz. „Träger und Bildungsministerium schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu“, sagt Kunz. Das Saarland habe unter den westlichen Bundesländern den schlechtesten Personalschlüssel (zwei Fachkräfte pro Kindergartengruppe).
Rund 500 Kitas gibt es im Saarland, ein großer Teil wird getragen von den Kirchen. Mit der größte Player ist die katholische Kita gGmbH. Zu ihr gehören 154 katholische Einrichtungen des Bistums Trier (rund 31 Prozent aller Saar-Kitas). Im Saarland gibt es weitere katholische Einrichtungen im Saar-Pfalz-Kreis und bei anderen katholischen Trägern (Caritas, Jugendhilfe St. Marien). Der Verband evangelischer Kindertageseinrichtungen im Saarland verwaltet 31 Kitas (rund sechs Prozent). Der Rest ist in kommunaler und freier Trägerschaft. „Von unseren 154 Einrichtungen waren in den letzten zwei Monaten rund 50 Prozent von vorübergehenden Kürzungen der Öffnungszeiten betroffen“, schreibt die katholische Kita gGmbH. Oftmals gehe es nur um wenige Tage, „in denen aufgrund von kurzfristigen Personalausfällen, häufig wegen Krankheit, Öffnungszeiten um 0,5 bis 1,5 Stunden reduziert werden mussten“, heißt es weiter. Der strukturelle Personalmangel habe nun aber dazu geführt, dass in acht Prozent der katholischen Kitas Öffnungszeiten dauerhaft reduziert wurden. Nachpersonalisierungen seien in vielen Fällen kaum möglich. Allein in den katholischen Kitas fehlen saarlandweit rund 300 Fachkräfte. „In den vergangenen Wochen hatten wir durchschnittlich zwischen 40 und 60 pädagogische Stellen auf unserer Homepage ausgeschrieben, um Personalengpässen entgegenzuwirken“, teilt der Träger rechtfertigend mit.
„Ich kann die Not der Eltern sehr gut verstehen“, sagt Lutz Albersdörfer, Geschäftsführer des evangelischen Kita-Verbandes. Wie andere Träger auch versucht man es in einigen evangelischen Kitas mit Quereinsteigern. „Das ist eine Option, aber wir müssen dabei ganz genau hingucken“, schränkt Albersdörfer ein. Denn schließlich habe die Kita einen Bildungsauftrag und sei keine Verwahranstalt. Die Qualität der vorschulischen Bildung dürfe nicht weiter leiden, qualifiziertes Fachpersonal könne man daher nicht wahllos ersetzen. Wohl aber unterstützen durch „ortsgebundene, temporäre Fachkräfte“, deren Eignung und Beschäftigung das Bildungsministerium auf Antrag genehmige. Diese Quereinsteiger würden dann geschult und nach dem Tarif für Kinderpflege entlohnt.
Nicht anders sieht es bei den kommunalen Trägern aus. Beispiel Saarbrücken: „Die Betreuungssituation an den Kitas ist bundesweit ein großes Problem. Die Landeshauptstadt ist einer von mehr als 20 Kita-Trägern in Saarbrücken“, schreibt deren Pressesprecher Thomas Blug auf Anfrage. „Auch wir bleiben als ein Träger von vielen von den Auswirkungen einer mangelhaften Bildungspolitik von Bund und Land nicht verschont. Wir leisten im Rahmen enger rechtlicher Vorgaben und einer unzureichenden Personal- und Finanzausstattung als Träger einen überdurchschnittlichen hohen Beitrag, um die Betreuungsengpässe etwas zu lindern.“Die Stadt sucht für ihre 24 Einrichtungen derzeit 30 Erzieherinnen und Erzieher und investiert mehr als gesetzlich vorgeschrieben in weitere Standorte. Zudem zahle man hohe Investitionszuschüsse für Neubauten von freien Trägern. Wiederum 40 Prozent schießt das Land zu Neubauten zu. Den Rest ihrer Investitionen bekommen freie Träger oftmals von den Kommunen bezahlt, damit überhaupt neue Einrichtungen entstehen. Die nämlich braucht es dringend, schließlich besteht schon lange ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab drei. Die Kita-Planung, darauf weist der Pressesprecher der Landeshauptstadt hin, obliegt dem Regionalverband oder den Landkreisen als Trägern der Jugendhilfe.
Landesweit fehlen derzeit noch rund 6700 Kita-Plätze (vor allem Krippenplätze) laut BertelsmannStiftung. Statt die Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz (rund 100 Millionen Euro) komplett für KitaBau und Personal einzusetzen, entschied sich die SPD-Landesregierung für die komplette Abschaffung der Kita-Beiträge bis 2027. Zurzeit zahlen Familien noch zehn Prozent der Personalkosten.
6700 Kita-Plätze fehlen derzeit im gesamten Saarland. Insbesondere Krippen fehlen demnach landesweit. Quelle: Bertelsmann Stiftung