Was bei einer Galeria-Schließung droht
Die neue Pleite bei Galeria Karstadt Kaufhof trifft auch Mitarbeiter mit voller Wucht. Insbesondere finanziell scheinen die Auswirkungen erheblich.
SAARBRÜCKEN Bei einer Insolvenz wird zusammengekratzt, was an Finanzen und Sachwerten übrig ist. Dann bedienen sich jene, deren Forderungen offenstehen. In der Regel erhalten sie nur einen Bruchteil davon.
Der Verein „Aktion gegen Arbeitsunrecht“berichtet exemplarisch über einen Fall aus Mönchengladbach. Rein rechtlich könnte dies auch auf die Beschäftigten im Saarbrücker Karstadt-Gebäude zukommen – sollte der Konzern mit Sitz in Essen abgewickelt werden, wie Analysten befürchten. Dann bliebe von Zusagen nicht viel übrig, was unter anderem Abfindungen betrifft.
Eine Kaufhof-Mitarbeiterin (55) in Mönchengladbach schildert, wie sie am Tag der Bekanntgabe der dritten Insolvenz eine weitere Schocknachricht erhielt. „Uns verbliebenen Mitarbeitern wurde nun gesagt, dass uns weder die Abfindung von anderthalb Monatsgehältern noch rückwirkend Geld für die Tariferhöhung ausgezahlt werden.“Und das soll nicht alles sein, worauf sie und ihre Kollegen plötzlich verzichten müssen. Denn ein versprochener Bonus über 500
Euro falle ebenfalls weg. Diesen sollten jene bekommen, die bis zur Geschäftsaufgabe im Laden ausharren. Die Betroffene: „Ich hatte fest mit den mehreren Tausend Euro als Polster gerechnet. Nach all den Jahren im Unternehmen lässt man uns kurz vor der Schließung noch einmal im Stich.“Nun wird ihr Haus geschlossen wie bereits so viele davor. Und sie muss erneut finanzielle Einbußen hinnehmen.
Die Rheinische Post (RP) aus Düsseldorf hatte zuerst über diesen Fall berichtet. Dabei scheint dieses Verfahren rechtlich abgesichert. Das zumindest sagt ein Vertreter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft der
RP. Die Insolvenzordnung sehe vor, dass Abfindungen nicht direkt ausgezahlt werden. Vielmehr würden sie in eine Insolvenztabelle eingetragen. Das sei ein Muss, wird Heino Georg Kassler von Verdi in Nordrhein-Westfalen zitiert. Und wie alle anderen Gläubiger auch, die auf die Begleichung ausstehender Rechnungen hoffen, müssten Beschäftigte warten, was übrig bleibt. Kassler: „Das ist für
„Nach all den Jahren im Unternehmen lässt man uns kurz vor der Schließung noch einmal im Stich.“Eine Galeria-Mitarbeiterin über den drohenden Verlust ihrer Abfindung
die Mitarbeiter natürlich sehr ärgerlich, aber so vorgeschrieben.“
Scharfe Kritik an diesem gesetzlich verbrieften Vorgehen übt der Kölner Verein „Aktion gegen Arbeitsunrecht“. Er macht mit zahlreichen Aktionen auf Lohnraub und Lohndumping aufmerksam. Und verlangt mit Blick auf das Geschehnisse bei Galeria Karstadt Kaufhof geänderte Regeln beim Insolvenzrecht zum Schutz der Angestellten.
Die Zerschlagung von Karstadt und Kaufhof nach der Übernahme der einst separaten Warenhausketten durch den Geschäftsmann René Benko aus Österreich habe zu dieser Situation beigetragen. So trennte er das Warenhaus-Geschäft von den Immobilien, in denen zahlreiche
Galeria-Filialen bis heute untergebracht sind. Diese Gebäude übernahm Benko in sein Immobilien-Imperium Signa, das mittlerweile selbst in etlichen Bereichen in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Gleichzeitig muss Galeria an heute noch 18 Standorten horrende Mieten an Signa zahlen, wie Branchenkenner berichten.
Gesetze, die dies in Deutschland erlauben, müssten geändert werden, verlangt der Kölner Verein. Die Aufteilung von Galeria in zahlreiche Einzel-Gesellschaften habe nur dazu gedient, Steuern zu vermeiden.
Nie sei dieses Modell darauf ausgerichtet gewesen, das Geschäft der Warenhäuser zukunftsorientiert zu entwickeln. „Natürlich muss man gegen solche Machenschaften vorgehen.“
Galeria Karstadt Kaufhof beantragte am Dienstag, 9. Januar, zum dritten Mal seit 2020 ein Insolvenzverfahren. Bereits in den vorherigen Verfahren mussten bundesweit zahlreiche Häuser schließen, verloren Tausende Mitarbeiter ihren Job. Zuletzt traf es im Sommer 2023 auch das KaufhofHaus in Saarbrücken. Noch gibt es 92 Standorte in Deutschland mit etwas mehr als 12 000 Beschäftigten.
Ob es für das Unternehmen einen Investor gibt, der den Gesamtkonzern weiterführt, bezweifeln Analysten. Sie befürchten eine Zerschlagung.