Zwischen Trauer und Musiala-Zauber
Bayern München gewinnt erstes Spiel nach dem Tod von Franz Beckenbauer gegen die TSG Hoffenheim mit 3:0.
MÜNCHEN (sid) Seine Widmung an Franz Beckenbauer kam Jamal Musiala bei aller Trauer um die verstorbene Ikone mit einem Lächeln über die Lippen. „Wir wollten die drei Punkte besonders für ihn“, sagte der Zauberfuß nach seiner Gala-Vorstellung an einem weitgehend in Moll gestimmten Abend. Er habe den Kaiser nicht mehr spielen sehen, aber all die Würdigungen sprächen für sich. „Er ist hier eine Legende und hat viel für den Verein getan.“
Und so war der wenige Stunden zuvor im engsten Familienkreis bestattete Beckenbauer am Freitagabend beim 3:0 (1:0) des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim allgegenwärtig. Bis der Schriftzug „Danke Franz“auf der Allianz Arena um 0.30 Uhr erlosch, wurden zahllose Hymnen auf den größten deutschen Fußballer gesungen – und immer wieder sein Evergreen „Gute Freunde“. Auch Musiala und Co. stimmten ein, als sie den gelungenen Jahresauftakt hüpfend vor der Südkurve feierten.
„Er wird uns allen fehlen“, sagte Kapitän Manuel Neuer, Thomas Müller berichtete, die Mannschaft wolle „sein Erbe weitertragen“. Dieses eine Spiel mit Schweigeminute und Trauerflor, gab Thomas Tuchel zu bedenken, werde „nicht reichen“, um Beckenbauers Lebenswerk zu ehren. Auch deshalb gibt es die Trauerfeier am kommenden Freitag erneut in der Arena und halten die Diskussionen über ein Denkmal oder andere Formen des dauerhaften Gedenkens an.
Für die Spieler war es nicht einfach, in diesem „Zwiespalt zwischen Trauer und Huldigung“(Müller) im Gefrierschrank Allianz Arena ins neue Jahr zu starten. Doch allen voran Musiala riss sie, die Fans und den ganzen Klub aus der gedämpften Stimmung. Per Doppelpack (18./70.) und mit seinem unnachahmlich leichtfüßigen Spiel verdrängte er die dunklen Gedanken für einige wunderbare Momente.
„Ich habe richtig viel Spaß gehabt“, schwärmte der Nationalspieler, den Tuchel mit Lob überschüttete. „Der Weg geht steil nach oben, weil Jamal alles hat, was man braucht, um eine Topkarriere zu machen“, sagte der Trainer. „Er war unser bester Spieler. Er hatte den nötigen Frieden in seinem Spiel, das Selbstvertrauen und die Freiheit.“Fast fühlte man sich ein wenig an den jungen Beckenbauer erinnert.
Musiala aber war nicht der einzige Münchner mit bemerkenswertem Auftritt. Torwart Neuer bewahrte seine Elf in seinem 500. Pflichtspiel für den Rekordmeister mit einer „Handball-Torwart-Aktion“(Müller) gegen Maximilian Beier vor dem Ausgleich. Superstar Harry Kane stellte mit seinem 22. Tor (90.) den Hinrunden-Rekord von Robert Lewandowski ein. Auch der vielfach kritisierte Joshua Kimmich zeigte seinen großen Wert – im Mittelfeld wie in der Schlussphase als Rechtsverteidiger. Danach bekannte der 28-Jährige, er habe kein Problem mit der Aushilfsrolle hinten – auch nicht in der Nationalmannschaft. Außerdem wies er die jüngsten Wechselspekulationen zurück. Ein Abschied eineinhalb Jahre vor Vertragsende sei „gar kein Thema“.
Genauso wenig wie eine Kader
Ergänzung im Mittelfeld. „Im Moment ist da nicht der allergrößte Bedarf“, sagte Tuchel, der seinen Wunsch nach einer „holding six“bis Sommer zurückgestellt hat. Eine weitere Abwehrkraft nach Eric Dier, der am Sonntag mit ins fünftägige Trainingslager nach Portugal reist, soll aber kommen. „Wir halten die Augen offen“, sagte Tuchel. An der Algarve will er daran arbeiten, „unser Spiel besser zu machen“. Denn, so analysierte Müller, „die Leichtigkeit, das Einfache, das freudige Drauflosspielen“habe über weite Strecken gefehlt. Wenn nicht gerade Wunderknabe Musiala die Trauer und Lethargie durchbrach.