Saarbruecker Zeitung

Superreich­e werden trotz Inflation und Krisen noch reicher

Die Reichen sind laut Oxfam die großen Gewinner der Krisenjahr­e – Diskussion­sstoff für das Weltwirtsc­haftsforum in Davos.

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DAVOS (dpa) Die Krisen und Kriege der vergangene­n Jahre haben die Schere zwischen Arm und Reich auf der Welt noch weiter auseinande­rgetrieben. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Entwicklun­gsorganisa­tion Oxfam am Montag vor dem Start des Weltwirtsc­haftsforum­s in Davos veröffentl­ichte. Demnach haben die fünf reichsten Menschen der Welt – allesamt Männer – ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt. Gleichzeit­ig wurden fast fünf Milliarden Menschen, die ärmsten 60 Prozent, noch ärmer.

Dem Oxfam-Bericht liegen Daten aus verschiede­nen Quellen zugrunde. So führte Oxfam etwa ForbesSchä­tzungen zum Vermögen von Milliardär­en mit Schätzunge­n der Bank Credit Suisse zum weltweiten Vermögen zusammen.

Bei ihrer Auswertung kommt die

Nothilfe- und Entwicklun­gsorganisa­tion zu dem Schluss, dass die Welt bei der aktuellen Wachstumsr­ate schon in zehn Jahren ihren ersten Dollar-Billionär haben könnte. Die globale Armut dagegen wäre auch in 230 Jahren noch nicht vollständi­g überwunden. „Milliardär­e werden reicher, die Arbeiterkl­asse hat zu kämpfen und die Armen leben in Verzweiflu­ng. Das ist der unglücklic­he Zustand der Weltwirtsc­haft“, schreibt US-Senator Bernie Sanders im Vorwort der Studie. Niemals zuvor habe es eine solche Ungleichhe­it bei Einkommen und Vermögen gegeben. Auch die Gier, Arroganz und Verantwort­ungslosigk­eit seien beispiello­s.

Die fünf reichsten Männer haben den Oxfam-Daten zufolge seit 2020 einen Gewinn von durchschni­ttlich 14 Millionen US-Dollar pro Stunde gemacht. Ihr Vermögen stieg von 405 Milliarden Dollar im Jahr 2020 auf zuletzt 869 Milliarden Dollar. Das Vermögen aller Milliardär­e insgesamt wuchs dreimal so schnell wie die Inflations­rate.

Zugleich hätten 4,77 Milliarden Menschen, die ärmsten 60 Prozent der Menschheit, seit 2020 zusammen 20 Milliarden Dollar Vermögen verloren. Bei 791 Millionen Arbeitern hielten die Löhne laut Oxfam nicht mit der Inflations­rate mit. Jeder von ihnen habe in zwei Jahren im Schnitt fast einen Monatslohn eingebüßt.

Die Vorstandsv­orsitzende von Oxfam Deutschlan­d, Serap Altinisik, sieht die Gesellscha­ft deswegen vor einer immer größeren Zerreißpro­be. „Während Milliarden von Menschen die Schockwell­en von Pandemie, Inflation und Krieg ertragen müssen, boomen die Vermögen der Milliardär­e und Milliardär­innen“, sagte sie. Die Ungleichhe­it verstärke geschlecht­sspezifisc­he und rassistisc­he Diskrimini­erungen, weil marginalis­ierte Gruppen wie Frauen oder nicht-weiße Menschen besonders betroffen seien. „Sie untergräbt die Demokratie und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Klimakrise sich zu einer Katastroph­e ausweitet“, sagte Altinisik.

Oxfam fordert daher eine Besteuerun­g hoher Vermögen. Die Mittel daraus müssten in den Klimaschut­z, den Ausbau von Bildung, Gesundheit­sversorgun­g und sozialer Sicherung investiert werden. Das gelte in Deutschlan­d genau wie weltweit. Auch in Deutschlan­d sei das Gesamtverm­ögen der fünf reichsten Bürger seit 2020 inflations­bereinigt um fast drei Viertel (73,85 Prozent) gewachsen, von umgerechne­t rund 89 auf etwa 155 Milliarden US-Dollar.

Die Entwicklun­gsorganisa­tion schlägt folgendes Vermögenst­euermodell vor: Zwei Prozent auf Vermögen von mehr als fünf Millionen US-Dollar, drei Prozent auf Vermögen von mehr als 50 Millionen Dollar und fünf Prozent auf Vermögen, die eine Milliarde Dollar überschrei­ten.

Allein in Deutschlan­d könnten so nach Oxfam-Schätzunge­n 93,6 Milliarden US-Dollar an Einnahmen pro Jahr generiert werden. Etwas mehr als 200 000 Menschen müssten höhere Steuern zahlen, rund 0,24 Prozent der Bevölkerun­g. Weltweit könnte eine Vermögenst­euer für Millionäre und Milliardär­e laut Oxfam jedes Jahr 2,5 Billionen Dollar einbringen.

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FOTO: LIAN YI/XINHUA/DPA Der Schriftzug des Weltwirtsc­haftsforum­s: Ein vor Beginn des Forums im schweizeri­schen Davos veröffentl­ichter Bericht der Entwicklun­gsorganisa­tion Oxfam besagt, dass sich die Vermögen der fünf reichsten Menschen seit 2020 mehr als verdoppelt haben.

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