Neun Blumentöpfe mitten im Atlantik
Jeder kennt die Azoren von der Wetterkarte, kaum aber einer weiß viel mehr über das Insel-Archipel, den „neun Blumentöpfen“im Atlantik. Lukas und Thomas Reinhardt spüren in ihrer neuen Audio-Vision-Show diesem äußert westlichen Stück Europas nach. Und einem ziemlich lautstarken Vogel.
SAARLOUISWas haben Saarbrücken und die Azoren gemein? Käme diese Frage bei Jauch, müsste die eine oder der andere wohl den Telefonjoker ziehen. Für den Fall der Fälle aber hier schon mal die Antwort: Die meisten (außerhalb des Saarlandes natürlich) kennen beides bloß von der Wetterkarte.
Apropos Wetterkarte: Der Archipel mitten im Atlantik liefert ziemlich verlässlich Hochs, die Mitteleuropa Sonne bescheren. Auf den neun Inseln selbst, deren Gesamtfläche von 2350 Quadratkilometern knapp an der des Saarlandes kratzt, bleibt das Klima zwar meist konstant mild. Regen und Nebel gibt's aber auch. „Vier Jahreszeiten an einem Tag“sei so etwas wie ein geflügeltes Wort auf den Azoren, berichtet Thomas Reinhardt.
Er und sein Sohn Lukas Reinhardt spüren in ihrer neuen Audio-VisionShow „Die Azoren“, die am Sonntag im ausverkauften großen Saal der Thalia Lichtspiele Bous Premiere hatte, der touristisch noch verschlafenen Region nach. Zum Glück, so tickt nämlich der Lebensrhythmus der rund 240 000 Azorianer – die autonome Inselgruppe gehört zu
Portugal – deutlich relaxter als der der Festland-Europäer. Und Flora und Fauna werden mehrheitlich noch in Ruhe gelassen.
Für Fluggäste, die sich nach viereinhalb Stunden Flug von Frankfurt aus nähern, sind die Azoren zuerst mal grüne Inseln. Auf der unzählige Vulkane bizarr-schöne Kraterlandschaften erschaffen haben; ein etwas kantiges Auenland halt. Doch auch rostrote Miniatur-Sandwüsten, wie von der Marsoberfläche runtergebeamt, warten auf Erkundung, sowie Basaltfelsrippen, die sich akkurat wie Orgelpfeifen reihen.
Und selbst ambitionierte Bergwanderer kommen auf ihre Kosten, wenn sie auf Pico, die Insel heißt passenderweise schon Gipfel (portugiesisch „Pico“) den 2351 Meter Vulkan Ponta do Pico raufkraxeln. „Große Schritte“, raten die Reinhardts, sollte man aber schon machen können. Denn es geht über unwegsames Terrain. Und den Weg nach oben müsse man sich mehr oder weniger selbst suchen.
Sechsmal war Lukas Reinhardt, viermal Thomas Reinhardt auf den Inseln, um schließlich nach einem aufwendigen Ausleseprozess eben die rund 600 Aufnahmen im Kasten zu haben, die es jetzt in ihr AzorenMosaik geschafft haben. Es sind zumeist Bilder, die in Schönheit schwelgen, wie jene von den kilometerlangen Hortensienhecken. Mehr als mannshohe blau-gelb-violette Blütenpracht, die man, so unterschiedlich die Inseln auch sind, auf jeder von ihnen findet. Für Fotografen mit Sinn fürs Florale sind die Azoren ohnehin ein Paradies. Vögel haben Pflanzensamen aus unterschiedlichsten Weltecken auf die Inseln geschleppt: So konnte eine einzigartig vielfältige Vegetation entstehen, die die Reinhardts mit sicherem Gespür in Szene setzen.
Von Insel zu Insel hoppten Senior und Junior – meist per Propellermaschine, manchmal auch mit der Fähre – und ließen sich selbst dann nicht aufhalten, wenn es bloß noch zu Fuß weiterging. Oder man in tiefe Grotten hinabklettern musste. Der Lohn sind Aufnahmen, die jenseits von Postkartenvordergründigkeit, charakteristisches wie auch das ganz
Besondere fokussieren. Etwa Menschen ins Rampenlicht holen, die beim Fischfang oder in einer alten Mühle ihrer Arbeit nachgehen. Oder im legendären Peter Café Sport unter Seglern aus der ganzen Welt mit dabei sind, die den sicheren Hafen Hortas schätzen, den Hauptort der Insel Faial. So mischen Sie auch immer wieder beeindruckende Charakterbilder in ihre gut zweistündige Show. Und sie fangen die bescheidene, aber markante Architektur der kleinen Städte und Dörfer ein, jener kleinen weißen Häuser, die je nach Insel anders farbig gerahmt sind.
Auch Walen und Tümmlern (sanftes Whale Watching, das auf die Tiere Rücksicht zu nehmen versucht, zählt zu den touristischen Attraktionen) folgten sie mit den Kameras. Sie waren aber auch bei einer Corrida à cordas dabei, mehr Volksfest als Stierkampf, bei dem der Stier danach zurück auf die Weide darf. Und doch ließen Sie sich auch Zeit, sonnenhungrige Echsen abzulichten und begegneten vorwitzigen Kühen per Handyschnappschuss. Ein Tier ließ sie allerdings sehr lange warten: Ein Vogel nämlich, wie man im ThaliaKino hören konnte, der richtig Rabatz macht, darum auch Aua-Vogel getauft. Erst auf der letzten Insel glückte es den beiden, den Gelbschnabel-Sturmtaucher nicht nur zu hören, sondern auch zu fotografieren.
Die Fotoauswahl ist immer fein komponiert und Thomas Reinhardt haushaltet mit seinen Erklärungen dazu, sodass man im Bilde ist, aber die Bilder nie zugetextet werden. Mit einer sensiblen Musikauswahl zwischen veritabler Klassik und Rockklassikern lassen sie die Fotos denn auch klingen.
Die Reinhardts aus dem Neunkircher Stadtteil Hangard sind längst versierte AV-Show-Macher. Madeira, Norwegen, Irland sind etwa Ziele, die der frühere SZ-Redakteur Thomas Reinhardt zunächst alleine bereist hat. Allmählich hat er seine Fotografenleidenschaft – als Mitglied im Teleclub Freisen auch oft schon ausgezeichnet – ausgebaut zu großen AV-Shows. Mittlerweile ist daraus ein echtes Vater-undSohn-Ding geworden. Und weitere gemeinsame Entdeckungen werden ganz sicher folgen.
Weitere Termine: 28. Januar, 17 Uhr, Rathaus Wemmetsweiler/Kuppelsaal. 2. Februar, 19.30 Uhr, Kino Camera Zwo in Saarbrücken.