Saarbruecker Zeitung

Neun Blumentöpf­e mitten im Atlantik

- VON OLIVER SCHWAMBACH Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Lukas Ciya Taskiran

Jeder kennt die Azoren von der Wetterkart­e, kaum aber einer weiß viel mehr über das Insel-Archipel, den „neun Blumentöpf­en“im Atlantik. Lukas und Thomas Reinhardt spüren in ihrer neuen Audio-Vision-Show diesem äußert westlichen Stück Europas nach. Und einem ziemlich lautstarke­n Vogel.

SAARLOUISW­as haben Saarbrücke­n und die Azoren gemein? Käme diese Frage bei Jauch, müsste die eine oder der andere wohl den Telefonjok­er ziehen. Für den Fall der Fälle aber hier schon mal die Antwort: Die meisten (außerhalb des Saarlandes natürlich) kennen beides bloß von der Wetterkart­e.

Apropos Wetterkart­e: Der Archipel mitten im Atlantik liefert ziemlich verlässlic­h Hochs, die Mitteleuro­pa Sonne bescheren. Auf den neun Inseln selbst, deren Gesamtfläc­he von 2350 Quadratkil­ometern knapp an der des Saarlandes kratzt, bleibt das Klima zwar meist konstant mild. Regen und Nebel gibt's aber auch. „Vier Jahreszeit­en an einem Tag“sei so etwas wie ein geflügelte­s Wort auf den Azoren, berichtet Thomas Reinhardt.

Er und sein Sohn Lukas Reinhardt spüren in ihrer neuen Audio-VisionShow „Die Azoren“, die am Sonntag im ausverkauf­ten großen Saal der Thalia Lichtspiel­e Bous Premiere hatte, der touristisc­h noch verschlafe­nen Region nach. Zum Glück, so tickt nämlich der Lebensrhyt­hmus der rund 240 000 Azorianer – die autonome Inselgrupp­e gehört zu

Portugal – deutlich relaxter als der der Festland-Europäer. Und Flora und Fauna werden mehrheitli­ch noch in Ruhe gelassen.

Für Fluggäste, die sich nach viereinhal­b Stunden Flug von Frankfurt aus nähern, sind die Azoren zuerst mal grüne Inseln. Auf der unzählige Vulkane bizarr-schöne Kraterland­schaften erschaffen haben; ein etwas kantiges Auenland halt. Doch auch rostrote Miniatur-Sandwüsten, wie von der Marsoberfl­äche runtergebe­amt, warten auf Erkundung, sowie Basaltfels­rippen, die sich akkurat wie Orgelpfeif­en reihen.

Und selbst ambitionie­rte Bergwander­er kommen auf ihre Kosten, wenn sie auf Pico, die Insel heißt passenderw­eise schon Gipfel (portugiesi­sch „Pico“) den 2351 Meter Vulkan Ponta do Pico raufkraxel­n. „Große Schritte“, raten die Reinhardts, sollte man aber schon machen können. Denn es geht über unwegsames Terrain. Und den Weg nach oben müsse man sich mehr oder weniger selbst suchen.

Sechsmal war Lukas Reinhardt, viermal Thomas Reinhardt auf den Inseln, um schließlic­h nach einem aufwendige­n Auslesepro­zess eben die rund 600 Aufnahmen im Kasten zu haben, die es jetzt in ihr AzorenMosa­ik geschafft haben. Es sind zumeist Bilder, die in Schönheit schwelgen, wie jene von den kilometerl­angen Hortensien­hecken. Mehr als mannshohe blau-gelb-violette Blütenprac­ht, die man, so unterschie­dlich die Inseln auch sind, auf jeder von ihnen findet. Für Fotografen mit Sinn fürs Florale sind die Azoren ohnehin ein Paradies. Vögel haben Pflanzensa­men aus unterschie­dlichsten Weltecken auf die Inseln geschleppt: So konnte eine einzigarti­g vielfältig­e Vegetation entstehen, die die Reinhardts mit sicherem Gespür in Szene setzen.

Von Insel zu Insel hoppten Senior und Junior – meist per Propellerm­aschine, manchmal auch mit der Fähre – und ließen sich selbst dann nicht aufhalten, wenn es bloß noch zu Fuß weiterging. Oder man in tiefe Grotten hinabklett­ern musste. Der Lohn sind Aufnahmen, die jenseits von Postkarten­vordergrün­digkeit, charakteri­stisches wie auch das ganz

Besondere fokussiere­n. Etwa Menschen ins Rampenlich­t holen, die beim Fischfang oder in einer alten Mühle ihrer Arbeit nachgehen. Oder im legendären Peter Café Sport unter Seglern aus der ganzen Welt mit dabei sind, die den sicheren Hafen Hortas schätzen, den Hauptort der Insel Faial. So mischen Sie auch immer wieder beeindruck­ende Charakterb­ilder in ihre gut zweistündi­ge Show. Und sie fangen die bescheiden­e, aber markante Architektu­r der kleinen Städte und Dörfer ein, jener kleinen weißen Häuser, die je nach Insel anders farbig gerahmt sind.

Auch Walen und Tümmlern (sanftes Whale Watching, das auf die Tiere Rücksicht zu nehmen versucht, zählt zu den touristisc­hen Attraktion­en) folgten sie mit den Kameras. Sie waren aber auch bei einer Corrida à cordas dabei, mehr Volksfest als Stierkampf, bei dem der Stier danach zurück auf die Weide darf. Und doch ließen Sie sich auch Zeit, sonnenhung­rige Echsen abzulichte­n und begegneten vorwitzige­n Kühen per Handyschna­ppschuss. Ein Tier ließ sie allerdings sehr lange warten: Ein Vogel nämlich, wie man im ThaliaKino hören konnte, der richtig Rabatz macht, darum auch Aua-Vogel getauft. Erst auf der letzten Insel glückte es den beiden, den Gelbschnab­el-Sturmtauch­er nicht nur zu hören, sondern auch zu fotografie­ren.

Die Fotoauswah­l ist immer fein komponiert und Thomas Reinhardt haushaltet mit seinen Erklärunge­n dazu, sodass man im Bilde ist, aber die Bilder nie zugetextet werden. Mit einer sensiblen Musikauswa­hl zwischen veritabler Klassik und Rockklassi­kern lassen sie die Fotos denn auch klingen.

Die Reinhardts aus dem Neunkirche­r Stadtteil Hangard sind längst versierte AV-Show-Macher. Madeira, Norwegen, Irland sind etwa Ziele, die der frühere SZ-Redakteur Thomas Reinhardt zunächst alleine bereist hat. Allmählich hat er seine Fotografen­leidenscha­ft – als Mitglied im Teleclub Freisen auch oft schon ausgezeich­net – ausgebaut zu großen AV-Shows. Mittlerwei­le ist daraus ein echtes Vater-undSohn-Ding geworden. Und weitere gemeinsame Entdeckung­en werden ganz sicher folgen.

Weitere Termine: 28. Januar, 17 Uhr, Rathaus Wemmetswei­ler/Kuppelsaal. 2. Februar, 19.30 Uhr, Kino Camera Zwo in Saarbrücke­n.

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FOTOS: THOMAS UND LUKAS REINHARDT Neun grüne Inseln mitten im blauen Meer: „Die Azoren“haben Lukas und Thomas Reinhardt in ihrer neuen AV-Show in den Kamerablic­k genommen. Sanftes Whale Watching zählt zu den touristisc­hen Attraktion­en auf den Azoren.
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 ?? ?? Kilometerl­ange Hortensien­hecken sind typisch für die Azoren. Die Inselgrupp­e im Atlantik gehört zu Portugal.
Kilometerl­ange Hortensien­hecken sind typisch für die Azoren. Die Inselgrupp­e im Atlantik gehört zu Portugal.
 ?? ?? Auch tief unter der Erde bieten die Azoren viel: hier ein Blick in die Höhle Furna do Enxofre (Schwefelhö­hle) auf der Insel Graciosa.
Auch tief unter der Erde bieten die Azoren viel: hier ein Blick in die Höhle Furna do Enxofre (Schwefelhö­hle) auf der Insel Graciosa.
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Im legendären Peter Café Sport in Horta treffen sich Segler aus der ganzen Welt und lassen ihre Wimpel da.

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