Besuch im Garelly-Haus: Hier ist Kultur drin
Mitte letzten Jahres gab es Alarm in der Saarbrücker Kulturszene: Das GarellyHaus sollte abgerissen werden. Jetzt folgt die erlösende Nachricht: Das alternative Kulturhaus kann bleiben. Es ist Heimat für etliche Kreative. Nicht nur das renommierte Korso- op. Kollektiv ist hier zu Hause. Wir haben uns umgesehen.
Gebäudemanagement einer saarländischen Kommune tätig ist.
Den großen Veranstaltungsraum im quasi Hochparterre hat vermutlich jeder Saarbrücker und jede Saarbrückerin, die sich für Kunst und Kultur interessieren, schon mal kennen gelernt. Über 250 Veranstaltungen, Konzerte, Theater, Festivals, Ausstellungen oder Diskussionsrunden haben hier in den vergangen Jahren stattgefunden. Der Verein hatte ihn renoviert, neu gestrichen und dank 100 000 Euro Förderung des Bundesprogramms Neustart Kultur mit Veranstaltungstechnik professionell „aufrüsten“können.
Aber nicht nur für Profi-Events steht dieser Raum zur Verfügung. „Jeder kann bei uns eine Veranstaltung oder ein Vereinstreffen machen, zum Beispiel auch Musikunterricht anbieten oder Chorproben abhalten“. Nicht nur den Kreativen des Hauses, auch Bürgern aus dem Stadtteil steht das Kulturzentrum offen.
Weiter geht es nun zu den Ateliers und Werkstätten. Im ersten Stock haben sich Kim Peifer und Torben Freytag mit ihrer Siebdruckwerkstatt eingerichtet. Peifer ist schon seit 2016 im Garelly-Haus aktiv. Erst habe er im Erdgeschoss mit zwei weiteren Leuten ein Künstleratelier betrieben und dann Torben Freytag kennen gelernt, der im Jugendkulturprojekt Label M, das damals noch im Haus ansässig war, SiebdruckWorkshops gab.
Heute betreiben die beiden Kreativen mit „Durchdruck“hier ihr eigenes Label. Sie drucken im Auftrag von Bands und Künstlern sowie privaten und öffentlichen Auftraggebern nach eigenen und fremden Entwürfen im Siebdruckverfahren auf Papier, Textilien und auch Flaschen. „Alles von Hand“, wie Peifer betont.
Ihre drei großen Siebdruckkarusselle, mit denen sie etwa vierfarbig T-Shirts bedrucken, und die Siebdruckmaschine für Papier, etwa Plakate, benötigen viel Platz, rund 140 Quadratmeter umfassen die drei Räume, die sie nebst Flur nutzen.
Auch deshalb sind die beiden froh, dass sie im Garelly-Haus unterkommen konnten. Räume, die zu mieten seien, die zudem bezahlbar seien und dazu noch in zentraler Lage, seien in Saarbrücken sehr rar, sagt Kim Peifer. Außerdem sei das Garelly-Haus gut zum Netzwerken.
Wie das aussieht, erfahren wir zwei Treppen höher. Hier teilen sich derzeit fünf Frauen mit unterschiedlichen beruflichen Ausrichtungen auf 200 Quadratmetern Fläche ein Kreativ-Atelier. Luisa Aatz etwa ist Illustratorin, Sarah Noack Kommunikationsdesignerin, und Adana Landwehr bildende Künstlerin, die sich auf Kostümbild spezialisiert hat. Die Drei kannten sich vom Studium an der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar. Da sie sich gut verstanden, wollten sie nach dem Studium zusammen arbeiten.
Auch sie sind angesichts des knappen Atelier-Angebots froh, im Garelly-Haus etwas gefunden zu haben. Zu den Dreien gesellte sich dann noch die studierte Modedesignerin Esther Arend, die unter anderem als freiberufliche Stylistin für den SR arbeitet, und vor ein paar Wochen erst kam die Fotografin und Stylistin Alina Maier dazu.
„Netzwerken im Haus“, das bedeutet für die Frauen etwa, dass Adana Landwehr für Theaterproduktionen von Korso-op Perücken und Masken angefertigt hat. Aber sie habe auch schon für das Musikvideo eines österreichischen Musikers ein „weißes, felliges Monster“kreiert, erzählt sie.
Man profitiere bei der täglichen Arbeit auch oft von der Erfahrung der anderen, „Wenn ich eine Frage zu einem Plakat habe, kann ich Sarah und Luisa fragen“, sagt Landwehr. „Es ist als Künstlerin auch sehr leicht, zu vereinsamen, wenn man nicht aufpasst“, meldet sich Luisa Aatz zu Wort. Auch davor schütze ein Gemeinschaftsatelier. Sie hier seien inzwischen mehr als Kolleginnen, richtige Freundinnen.
Nun geht es wieder eine Treppe abwärts zu Nina Schopka. Für sie und das Korso-op.Kollektiv ist das Garelly-Haus, zu dessen ErstNutzern sie gehören, existenziell. „Ohne das könnten wir als Theater gar nicht überleben“, sagt Schopka. Denn das Haus bietet ihnen alles, was sie brauchen: Den besonderen Aufführungsraum, auf den sie ihre aufwendigen Bühnenbilder zuschneiden, einen Raum für den Kostüm-Fundus, eine Garderobe, ein Büro, ein Lager für die Bühnenbilder und einen großen Probenraum, den auch andere im Haus nutzen können.
Mit dem, was die von „Theater heute“vielfach gelobte Truppe an Förderung erhält, das ahnt man, könnte Korso-op den Raumbedarf auf dem kommerziellen Immobilienmarkt gar nicht bezahlen. Im Garelly-Haus zahlen alle Künstlerinnen, Künstler, Kreativen und Vereine zwar ein Nutzungsentgelt für ihre Räume an den Verein Usus. Aber das ist, soviel kann man sagen, wirklich sehr bescheiden.
„Ohne das Garelly-Haus könnten wir als Theater gar nicht überleben“. Nina Schopka