Saarbruecker Zeitung

Ein Mann wie ein Bär wird zu einem Häufchen Elend

Abfahrer Dreßen und sein letzter Platz in Wengen.

- Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt, Stefan Regel

WENGEN (sid) Thomas Dreßen kämpfte mit den Tränen, er rang um seine Worte, in seiner Stimme schwang beinahe so etwas wie Endzeitsti­mmung mit. Der erfolgreic­hste deutsche Abfahrer der WeltcupGes­chichte wirkte angesichts seiner anhaltende­n körperlich­en Probleme verzweifel­t. „Beschissen“gehe es ihm, sagte er nach seinem deprimiere­nden letzten Platz beim Klassiker am Lauberhorn in Wengen.

Dreßen (30), von der Statur her ein Mann wie ein Bär, glich einem Häufchen Elend. „Man haut sich voll rein und ich probiere wirklich alles, aber es ist bitter, wenn halt einfach der Körper nicht mehr so mitspielt“, sagte er schwer atmend. „Es tut halt einfach weh, wenn man die Stimmung und die Strecke sieht. Was ich für eine Lust hätte, da zu fahren.“Er fuhr ja auch – aber irgendwie dann doch nicht.

Dreßen kämpfte sich ins Ziel, hatte das Rennen am Kernen-S aber eigentlich schon aufgegeben. „Wenn du in eine Kurve reinfährst und spürst mehr oder weniger deinen Haxen nicht, dann ist es halt scheiße“, sagte er. Schon bei einem Sprung im oberen Abschnitt habe er „gemerkt, dass das Knie wieder nachgibt“. Später sei es gewesen, „als wäre ich nur auf einem Haxen gefahren, den rechten Fuß habe ich nicht gespürt“.

Dabei war er mit so viel Optimismus in die Saison gegangen. „Gesundheit­lich bin ich zufrieden“, betonte er im Oktober 2023, er sei halt „wie ein Oldtimer, der gehört gepflegt“. Auch was „das Fahrerisch­e angeht, bin ich besser als letztes Jahr, ich suche schon wieder das Limit“. Spätestens nach dem Rennen am vergangene­n Samstag muss Dreßen wohl erkennen, dass die Realität eine andere ist.

Dreßen sparte nicht mit Kritik am Weltverban­d FIS. „Ich glaube, dass man sich überlegen muss, was überhaupt noch zielführen­d ist, wenn ich überlege, wie viele Rennen geplant sind“, sagte er über die Belastung für die Athleten. Mit Alexis Pinturault und Aleksander Aamodt Kilde fallen zwei Topstars nach schweren Stürzen in Wengen lange aus.

In dieser Woche nun wartet Kitzbühel, wartet die Streif. Dreßen hat dort 2018 sensatione­ll gewonnen, danach folgten weitere Glanztaten – aber auch zu viele Operatione­n und Rückschläg­e. Er benötige jetzt „auf jeden Fall“„viel Physiother­apie“, sagte Dreßen. Und dann? „Schau`n mer mal, was Kitzbühel bringt.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Thomas Dreßen verzieht nach seinem letzten Platz bei der Abfahrt in Wengen das Gesicht.

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